Seewölfe - Piraten der Weltmeere 575. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 575 - Burt Frederick


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funkelten die Wolfshündin bösartig an.

      Plymmie hatte der Riesenratte offensichtlich den Rückweg zum Wasser versperrt. Die Wolfshündin stand mit gesenktem Kopf, gespreizten Vorderläufen und gesträubtem Nackenhaar. Ihre Muskeln waren angespannt. Hin und wieder gab sie dieses verhaltene Knurren von sich, das das Rattenmonstrum jedoch nicht im mindesten zu beeindrucken schien.

      Hasard war eben im Begriff, zu sagen, daß die Szene womöglich noch stundenlang andauern könne, als es geschah.

      Eine Muskelbewegung der Wolfshündin löste den Angriffsreflex der Ratte aus.

      Mit einem Zischlaut schnellte sie auf Plymmie zu.

      Den Jungen stockte der Atem. Sie konnten sich vorstellen, welche gräßliche Wunde die Nagezähne der Riesenratte an Plymmies Kehle verursachen würden. Und wenn die Reflexe der Wolfshündin nur um den Bruchteil einer Sekunde zu spät funktionierten …

      Sie brachten den Gedanken nicht zu Ende.

      Es schien, als zucke Plymmie zusammen. Doch es täuschte. Blitzartig war sie dem auf sie zuschnellenden Nager ausgewichen. Ihre Reißzähne blitzten, und im nächsten Moment gab das pelzig-graue Tier ein schrilles Pfeifen von sich.

      Plymmie schüttelte es hin und her und grub ihre Zähne immer tiefer in den Rattenkörper. Dann, als das Pfeifen verstummt und die Ratte zu einem leblosen Bündel erschlafft war, trabte Plymmie herbei und legte den Zwillingen ihre Beute vor die Füße. Philip und Hasard kraulten ihren Nacken.

      Sie setzten ihren Weg fort. Krähen und andere Aasfresser würden die ihnen zugedachte Arbeit erledigen.

      Sie durchstreiften eine Reihe jener baumbestandenen Bodenerhebungen und näherten sich in einem weiten Bogen dem nördlichen Bereich der Bucht. Am Ufer entlang, so hatten sie sich vorgenommen, würden sie zum Boot zurückkehren.

      Sie hatten sich dem Uferbewuchs noch nicht einmal auf fünfzig Yards genähert, als Plymmie plötzlich stehenblieb. Wieder sträubten sich ihre Nackenhaare, und ein heiseres Knurren drang tief aus ihrer Kehle.

      Daß es sich diesmal um keine Ratte handelte, erfuhren die Zwillinge im nächsten Moment.

      Das Schnauben von Pferden drang aus dem Buschwerk, das die Bäume als dichtes Unterholz umgab.

      Den Söhnen des Seewolfs blieb keine Zeit zum Überlegen.

      Das Gebüsch bewegte sich jäh. Zwei Gestalten schnellten heraus – zwei, drei Yards weit auf das freie Grasland. Dann verharrten sie geduckt und lauernd.

      Plymmies Knurren verstärkte sich, und ihre Flanken begannen zu zittern. Nur noch mühsam konnte sie ihre wütende Erregung unter Kontrolle halten. Denn obwohl die Fremden noch keine Waffen gezogen hatten, ging von ihnen doch eine tödliche Bedrohung aus. Aber hier verhielt es sich anders als bei einem Tier. Plymmie würde einen Menschen nicht angreifen, bevor sie den Befehl dazu erhielt.

      „Sieh mal einer an“, sagte der größere der beiden Kerle, hager und blond. „Was haben wir denn da für wackere Bürschchen? Nun sagt bloß, ihr gehört zu dem feinen Schiff dort in der Bucht!“ Er grinste und deutete mit dem Daumen nach rechts. Seine Sprache war ein recht klares Italienisch, das die schmalen Lippen unter der Hakennase etwas singend aussprachen.

      Daß er blond war, erstaunte die Zwillinge nicht weiter. Immerhin befanden sie sich im Norden Italiens. Da sie das Spanische beherrschten und auch genügend italienische Brocken kannten, würde es keine Verständigungsprobleme geben – was die Absicht der Kerle betraf, ohnehin nicht.

      Sie konnten keine Zeugen gebrauchen. Was immer sie beabsichtigten, sie konnten es sich zweifellos nicht leisten, entdeckt zu werden.

      „Vom Himmel sind wir nicht gefallen“, sagte Philip trocken, und gemeinsam mit Hasard erwiderte er herausfordernd das Grinsen des hageren blonden Kerls.

      Dieser wechselte einen Blick mit seinem drahtigen, einen halben Kopf kleineren Kumpan. „Scheint Mutterwitz zu haben, der Bursche.“

      „Und unsere Sprache kapiert er auch“, entgegnete der Drahtige mit dem Lackhaar. „Was stellen wir nun an mit den beiden? Nehmen wir sie mit oder …“ Er fuhr sich mit dem Zeigefinger quer vor der Kehle entlang.

      Aus Plymmies Knurren wurde ein erstes, heiser grollendes Bellen.

      Die beiden Kerle spielten die Erschrockenen. Dann grinsten sie wieder. Der Lackhaarige zog seine Pistole und wollte auf die Wolfshündin anlegen.

      „Bist du verrückt?“ zischte der andere. „So was geht auch lautlos. Klar?“

      Der Lackhaarige verzog beleidigt das Gesicht, gehorchte aber und schob die Waffe wieder unter den Gurt.

      „Wir brauchen nur zu schreien“, sagte Hasard, obwohl sie das am allerwenigsten vorhatten, denn es widersprach ihrem Ehrgefühl. „Dann seid ihr schon erledigt, ihr Bastarde.“

      „Oho!“ antwortete der Hagere mit hochgezogenen Brauen. „Frech ist er auch, der junge Signore! Dann wollen wir uns nicht länger die Beine in den Bauch stehen.“ Noch während er die letzten Silben aussprach, schnellte er los.

      Der Drahtige tat es ihm nach.

      Beide zogen ihre Messer mit derart flüssigen Bewegungen, daß sie nicht mit Blicken zu verfolgen waren. Keine Säbel. Nur schmalklingige, geradezu elegant aussehende Messer trugen sie außer den Pistolen.

      Die Zwillinge spannten die Muskeln, zogen ihre Cutlasses und wichen auseinander.

      „Faß, Plymmie!“ befahl Hasard junior leise.

      Die Wolfshündin war nicht mehr als ein graues Huschen, dem das Blitzen der Reißzähne vorauseilte. Im Angriff verstummte ihr Knurren. Ihre Anspannung löste sich.

      Philip verstellte mit federndem Sprung dem Drahtigen den Weg, dessen Lackhaar im frühen Tageslicht ölig schimmerte.

      Hasard verharrte noch.

      Der Hagere versuchte, dem Ansturm der Wolfshündin auszuweichen. Er stieß einen gepreßten Fluch aus, als Plymmie seiner neuen Angriffsrichtung mühelos folgte. Noch einmal wollte er ausweichen, hakenschlagend wie ein Hase. Aus seinem Angriff wurde eine Flucht.

      Plymmie erwischte ihn am rechten Oberschenkel und brachte ihn zu Fall. Der Mann schrie vor Schmerzen. Das Messer blitzte in seinen Armen, die er reflexartig hochriß.

      Eine halbe Schrecksekunde lang war der Drahtige fassungslos. Sein Vorstoß verlor an Konzentration und an Entschlossenheit. Aus den Augenwinkeln heraus spähte er zu seinem Kumpan, der sich schreiend wälzte, immer wieder neu von den scharfen Zähnen der Wolfshündin gepackt. Sein rechtes Hosenbein war bereits blutgetränkt.

      Philip wich dem ersten Vorstoß des Drahtigen mühelos aus. Die schmale Klinge zischte ins Leere, und der Mann folgte stolpernd, vom eigenen Schwung getrieben.

      Der Hagere raffte seinen letzten Widerstandswillen zusammen, wälzte sich mit aller Kraft herum, und es gelang ihm tatsächlich, sich für einen Moment von den mörderischen Reißzähnen zu lösen. Er hatte nicht bemerkt, daß Hasard längst auf dem Sprung stand, jeden Sekundenbruchteil bereit, einzugreifen.

      Mit dem Mut der Verzweiflung, noch am Boden, brachte der Italiener sein Messer hoch. Die Klinge flirrte.

      „Zurück, Plymmie!“ rief Hasard scharf.

      Die Wolfshündin gehorchte.

      Noch im selben Moment, während der Hagere stutzte, trat Hasard zu. Die harte Spitze seines Seestiefels traf das Handgelenk des Mannes, und dessen Messer flog in hohem Bogen davon. Er schrie auf, diesmal gleichermaßen vor Wut und vor Schmerzen. Hasard hielt ihm die Klingenspitze des Entermessers unter das Kinn, und der Mann rührte sich nicht mehr.

      „Den Hund weg!“ ächzte er. „Nimm das verdammte Vieh weg!“

      „Merkst du was, daß er noch da ist?“ entgegnete Hasard grinsend.

      Der Italiener wurde bleich wie eine Kalkwand, denn er begriff, daß er und sein Kumpan unterlegen waren. Er begriff es und konnte es dennoch


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