Seewölfe - Piraten der Weltmeere 109. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 109 - Roy Palmer


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mal milde „Schmutzfink“, mal „die drekkigste Ratte, die an Bord ’rumläuft“, mal „altes Dreckschwein“. Muddy schien alles Schmierige der Welt zu lieben und zu verehren, und fast hatte es den Anschein, als zöge er den Schmutz geradezu magisch an – oder umgekehrt.

      Aus diesen und anderen Gründen schlief er meistens allein auf Deck. Was noch zu seiner unglaublichen Schmuddelei hinzukam: er hatte fast immer schlechte Laune, klaute, soff ziemlich viel und hatte es auf der Lunge.

      „Du versaust mir noch den Ruf bei der Crew“, beklagte sich Cookie. „Aber wenn es Beschwerden gibt, bade ich das nicht allein aus, klar?“

      Muddy schaute auf und betrachtete ihn aus schmalen Augen. „Habe ich diese Sauarbeit vielleicht freiwillig übernommen?“

      „Nein. Aber alles, was du anpackst, geht sowieso schief.“

      „Dicker, ich …“

      „Nenn mich nicht immer Dicker!“ schrie Cookie im plötzlichen Aufwallen seines Gemüts.

      Muddy sog zischend die Luft ein, hielt sie an und lief im Gesicht dunkel an. Er stand bis zu den Fußknöcheln in glitschigen Abfällen. Als er sich jetzt in Bewegung setzte, rutschte er fast darauf aus.

      Er hatte mit den Fischen herumhantiert, die Hilo am Vortag aus der See gezogen hatte. Anderthalb Tage hatten die Instandsetzungsarbeiten an dem ramponierten schwarzen Segler in Anspruch genommen, und während dieser Zeit hatte der hellhäutige Neger auch die Gelegenheit gefunden, die Mannschaft mit etwas Frischproviant zu versorgen.

      Cookie kam das sehr gelegen. Die Crew meckerte ja sowieso dauernd mit ihm herum, weil er keine Abwechslung in den Küchenzettel brachte.

      Aber jetzt das!

      Ein paar flache, seezungenähnliche Fische hatte Muddy bereits total verunstaltet. Er hatte sie zerfetzt und mit Flüchen auf den Lippen zu dem Unrat geräumt, der den Kombüsenboden bedeckte.

      Weiter: Cookie hatte ein kleines, handliches Gerät gebastelt, ein Hilfsmittel zum Entschuppen von Fisch, auf das er sehr stolz war. Das Ding bestand praktisch aus einem Holzgriff mit dazugehörigem Brettchen. In das Brettchen hatte Cookie dicht an dicht kleine Nägel getrieben, die mit den Spitzen nach unten ragten.

      Fuhr man mit dieser Nagelreibe flach vom Schwanz zum Kopf über die Fischleiber, spritzten die Schuppen weg, daß es eine Freude war.

      Muddy hatte das Gerät aber auch kaputtgekriegt. Der Griff war halb abgebrochen, das Brettchen angeknackst, die Nägel waren verbogen. Seit Muddy in der Kombüse Dienst schob, hatte es nichts als Ärger gegeben.

      Muddy rückte langsam und drohend auf Rod Bennet zu. Er hob die lädierte Schuppenreibe und sagte: „Du kannst deinen Scheiß allein machen, ich hab’s satt.“

      „Nein! Du nimmst die Fische fertig aus, und dann klarst du hier auf, daß alles nur so blitzt und blinkt!“

      „Soll ich dich abschuppen?“ fragte Muddy.

      „Leg das Ding weg!“

      „Mich hat noch keiner ungestraft beleidigt, merk dir das.“

      „In der Kombüse befehle ich!“ schrie Cookie. „Ich habe hier das Sagen, und du parierst, sonst gibt es Ärger, und zwar knüppeldick!“

      Muddy grinste. „Nun hör sich einer an, wie der Dicke sich aufbläst. Paß auf, wie ich dir den Speck abhoble, Freundchen …“

      Der Koch hatte blitzschnell eins der scharfen Messer gepackt. Er richtete die Spitze auf Muddy. „Vorsicht. Keinen Schritt weiter, oder ich vergesse mich. Hier ist mein Reich, Muddy, hier laß ich mir von keinem ’reinpfuschen.“

      Muddy wollte sich auf Cookie stürzen, aber er bremste sich doch im letzten Augenblick und stand geduckt und lauernd da. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Noch suchte er nach einer Möglichkeit, den beleibten Mann zu überlisten. Noch gab er sich nicht geschlagen.

      Da aber flog das Kombüsenschott auf, und Thorfin Njal steckte seinen mächtigen Schädel herein.

      „Bei Odin und allen Göttern“, sagte er. „Ihr Narrenbande, was gibt’s hier zu brüllen?“

      Rasch hatte Cookie das scharfe Messer wieder weggelegt. Muddy hatte sich umgedreht und seinen Fischen zugewandt. Er latschte mit einem gesummten Lied auf den Lippen durch den Abfall und tat so, als hätte er nichts Dringenderes zu tun, als seine Arbeit zu Ende zu führen.

      „Nichts, wir unterhalten uns ganz normal“, sagte Cookie.

      „Erzähl das einem, der sich die Hosen mit der Kneifzange anzieht“, fuhr der Wikinger ihn grollend an.

      „Sir …“

      „Zum Teufel mit dem Sir! Es ist schon genug dicke Luft an Bord. Wollt ihr Stinte alles noch verschlimmern?“

      Muddy hatte sich während dieses kurzen Dialoges schnell wieder einen Fisch geangelt. Er hackte mit der Nagelreibe darauf ein, hustete und verlor den glitschigen Fisch aus den Händen. Der Fisch rutschte von der Arbeitsplatte und landete auf dem Boden. Muddy drehte sich um, bückte sich, suchte ihn aus den Abfällen hervor und knallte ihn wieder auf die Holzplatte. Er hustete blechern und voll Protest.

      Thorfin Njals Augen weiteten sich. „Sag mal, du bist wohl nicht ganz echt, Muddy, was?“ Er stieg die Stufen des Niederganges hinunter, groß, wuchtig, drohend. „So bereitet man doch keinen Fisch zu. Mann, muß man euch Auerochsen denn alles zeigen?“

      „Ich hab’s ihm erklärt, hundertmal“, verteidigte sich Cookie.

      „Du petzt wie ein altes Waschweib“, zischte Muddy. Dann hustete er wieder und traktierte den Fisch noch heftiger.

      „Hör auf“, befahl der Wikinger. „Und huste mir nicht dauernd ins Gesicht. Und nimm deine Schmierfinger von dem Fisch, den sollen wir schließlich noch essen …“

      Er brach abrupt ab. Ohne auf die Beschaffenheit des Kombüsenbodens zu achten, hatte er sich weiterbewegt. Jetzt glitt sein rechtes Bein plötzlich vor, als rutsche es über Schmierseife. Er kämpfte um sein Gleichgewicht, warf sich nach hinten und landete mit Wucht auf dem Achtersteven – und natürlich mitten in dem übelriechenden Unrat. Sein Kopf ruckte vor, und er verlor auch noch seinen Kupferhelm.

      Cookie stand wie erstarrt da. Muddy kratzte mit der Nagelreibe noch ein paarmal über den verdammten Fisch, dann ließ er die Reibe sinken. Ziemlich ratlos und entsetzt blickten sie auf den Wikinger.

      Thorfin Njal holte zweimal tief Luft. „Geri und Freki, Odins Wölfe, sollen euch verschlingen“, knurrte er. Er griff nach seinem Helm. Beim Abenteuer in dem Teufelsfelsen war das Ding ziemlich verbeult worden. Jetzt drohte es schon wieder Schaden zu nehmen.

      Njal standen die Haare wild vom Haupt ab, darunter waren noch die Beulen zu erkennen, die er beim Angriff der chinesischen Piraten verpaßt gekriegt hatte.

      Besorgt griff er nach dem Helm. Rein äußerlich schien mit dem guten Stück aber alles in Ordnung zu sein. Njal stülpte ihn sich auf den Kopf – und nahm ihn gleich wieder ab.

      Es war ein seltenes Schauspiel, denn von dem Wikinger hieß es, daß er den Helm nie abnähme, auch bei größter Hitze und unter Wasser nicht.

      Wütend griff er in den Helm und zog etwas Schwabbliges daraus hervor. Es waren gleich zwei flache Fische, die in den Helm gerutscht waren, als er in dem Abfallhaufen gelandet war. Thorfin Njal holte aus und schleuderte sie Muddy gegen die Schulter. Danach stand er auf und stellte sich dicht vor den Mann hin.

      „Säubere meinen Helm“, sagte er dumpf. „Aber gründlich. Und ohne zu husten.“

      „Aye, Sir.“ Muddy beeilte sich, die Aufforderung zu befolgen. Er bearbeitete den Helm mit Wasser, viel Wasser, einige Spritzer gingen auch auf die Planken der Kombüse nieder und reicherten den Unrat an.

      Cookie wieselte heran und versuchte, den Wikinger abzubürsten. Thorfin Njal scheuchte ihn mit einer einzigen Handbewegung fort.

      Muddy öffnete ein Schapp, fand ein sauberes Leinentuch


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