Seewölfe - Piraten der Weltmeere 569. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 569 - Burt Frederick


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war jener Mann, der für die Schwammfischer im Saronischen Golf alle Gefahren dieser Welt verkörperte. Er war der Inbegriff der Unterdrückung und Grausamkeit.

      Er war der Stier von Piräus, Markos Güzmir, den einst ein weinseliger Osmane im Hinterzimmer einer Hafenschenke mit einem liederlichen griechischen Frauenzimmer gezeugt hatte.

      In Piräus erzählte man sich, daß die Hure ihre gerechte Strafe dafür erhalten habe, sich mit einem Türken einzulassen. Kurze Zeit nach der Geburt ihres Sohnes war sie in volltrunkenem Zustand in ein Hafenbecken gestürzt und ersoffen.

      Der Vater des Hurensohns hatte sich in Piräus nie wieder blicken lassen. Ganz Schlaue wollten erfahren haben, daß Poseidon den Türkenstrolch dafür gestraft hatte, auf griechischem Boden seiner schändlichen Sinneslust freien Lauf gelassen zu haben.

      In einem Sturm, so hieß es, sei das Schiff mit jenem Güzmir an Bord mit Mann und Maus untergegangen.

      Der Wahrheitsgehalt all dieser Erzählungen konnte indessen niemand nachprüfen. Fest stand lediglich, daß Markos Güzmir von einer anderen Dirne, einer Freundin seiner Mutter, aufgezogen worden war. Auch diese Frau lebte inzwischen nicht mehr.

      Markos, so wurde erzählt, hatte sie getötet, als er gerade vierzehn Jahre alt gewesen war. Er hatte sie dabei ertappt, wie sie seinen besten Freund, einen zwölfjährigen Jungen, auf primitivste Art und Weise vergewaltigte.

      Damals hatten die beiden bereits begonnen, die Schreckensherrschaft des Stiers von Piräus aufzubauen. Als unzertrennliches Gespann hatten sie Güzmirs Macht immer mehr gefestigt.

      Panos Zakas hieß der Mann, der damals als Zwölfjähriger von einer Hure mißbraucht worden war. Heute war er der Erste Offizier auf der Galeere „Stier von Piräus“.

      All das ging den Schwammfischern durch den. Kopf, während sie das Boot auf sich zugleiten sahen. Sie wußten alles über diesen Mann, der äußerlich auch wie ein Stier wirkte. Und sie konnten doch nichts davon gegen ihn verwenden, denn er war unangreifbar.

      Er hatte eine kleine Armee von Tagedieben und Galgenstricken, aber auch von gefährlichen Kämpfern um sich geschart, so daß selbst Personen von Amt und Würden es vorzogen, sich nicht mit ihm anzulegen.

      Der Stier von Piräus war ein Klotz von einem Kerl. Er trug eine braune Lederweste auf der hackten Haut seines Oberkörpers – wohl wegen der besonderen Wirkung seiner mächtigen Muskeln. Auf geradezu furchterregende Weise wölbten sich diese Muskeln unter seiner sonnengebräunten Haut.

      Sein Haar war kurz und dunkelblond. Schon jetzt, auf die Entfernung von noch etlichen Yards, konnte Simonos Simeon die durchbohrend blickenden grauen Augen erkennen.

      In der rechten Hand hielt er etwas, das wie ein zusammengerolltes Tau aussah.

      Der Schwammfischer und seine Söhne erschauerten.

      Es war diese Peitsche aus Leder und geflochtenem Hanf. An Bord der Galeere hieb Güzmir damit auf die Ruderer ein, wenn die Peitsche des Zuchtmeisters nicht ausreichte.

      Simonos Simeon, der knorrige, kräftig gebaute Mann, sah seine Söhne an, und deren Blicke schmerzten ihn. Es lag grenzenloses Vertrauen darin. Und sie warteten auf ein Zeichen, auf ein Wort von ihm. Er kannte ihre Absichten. Sie würden gegen Güzmir, den Stier, kämpfen.

      Sie waren immerhin zu viert, gegen sechs Ruderer und den Sohn der Hure. Feuern konnten sie von Bord der Galeere nicht, da sie ihren Anführer selbst gefährden würden.

      Simeon wußte es genau: So kalkulierten seine Söhne. Am liebsten hätte er ihnen zugestimmt – Philarios, der ihm mit dem schwarzen Haar und dem schmalen Gesicht am ähnlichsten sah. Philarios war bereits so muskulös wie seine Brüder, der siebzehnjährige Achillios und der achtzehnjährige Konstantinos. Lediglich Konstantinos trug einen sorgfältig gestutzten Vollbart.

      Aber es hätte jeglicher Vernunft widersprochen, jetzt gegen den Stier von Piräus aufzubegehren. Güzmir hatte den längeren Arm. In seinem Machtgefüge war er nicht allein. Seine Unterführer waren gefürchtet.

      Niemand in Piräus – jedenfalls niemand, der zu den einfachen Leuten gehörte – hatte die Mittel, um sich dem Terror des Stiers zu widersetzen. Und jene, die die Mittel gehabt hätten, paktierten mit ihm. Güzmir hatte ein hervorragendes Gespür für den richtigen Moment, in dem man jemanden mit Gold oder Silber schmieren mußte.

      Eine Krähe hackte der anderen kein Auge aus. Die Mächtigen von Piräus hatten ihre Einflußbereiche untereinander aufgeteilt. Markos Güzmir verstand es, seine Interessen zu wahren.

      Die Rudergasten im Beiboot der Galeere stellten das Pullen ein und begannen zu streichen. Alle sechs waren mit Pistolen und Säbeln bewaffnet. Güzmir ebenfalls.

      „Nein, es wäre Wahnsinn“, sagte Simonos Simeon leise. „Wir hätten keine Chance.“

      Er las Enttäuschung und Erbitterung in den Mienen seiner Söhne. Sein Schmerz wurde spürbarer. Doch er bezwang sich und nahm die Filzkappe ab, mit der er seinen kahlen Kopf vor der Sonne schützte. Schimmernde Silberfäden zogen sich durch seinen schwarzen Haarkranz.

      Doch sonst sah man ihm die vierzig Jahre nicht an. Die mörderisch harte Arbeit des Schwammtauchens hatte er bislang ohne Gesundheitsschäden überstanden – womit er zu den wenigen Ausnahmen gehörte.

      Drei Yards entfernt gelangte das Boot des Stiers von Piräus zum Stillstand. Güzmir rollte die Peitsche auseinander und ließ das faserige Lederende mit einer jähen Ruckbewegung durch die Luft zischen und knallen.

      Die Schwammfischer zeigten keine Reaktion.

      Eben das war es, was Güzmirs ohnehin schwelenden Zorn noch mehr anstachelte.

      „Ich nehme an, ihr wollt mich herausfordern“, sagte er mit einer tiefen Stimme, die hart und metallisch klang. Er verschränkte die Arme vor der Brust, wobei das Peitschenende ins Boot hing. Dabei reckte er das Kinn zu einer schroffen Herrscherpose vor. „Ihr seht nicht so aus, als ob ihr Stroh im Schädel habt. Also wollt ihr mich herausfordern.“

      Simonos Simeon und seine Söhne schwiegen. In ihren Fäusten hielten sie noch immer die Reste des zerfetzten Netzes.

      „Wie heißt ihr?“ fragte der Stier von Piräus barsch. Gut sichtbar zog er das Hanfgeflecht der Peitsche durch die linke Hand.

      Simeon gehorchte und nannte seinen sowie die Namen seiner Söhne.

      Güzmir nickte, und er wirkte dabei beinahe besänftigt. „Drei prächtige Söhne hast du, Simeon. Nun, da ihr zu viert seid, wird es euch nicht schwerfallen, die Schwämme, die ihr widerrechtlich mit dem Netz heraufholen wolltet, auf die vorgeschriebene Art und Weise ins Boot zu laden. Ich will dabei gern zusehen, denn ich möchte mich vergewissern, daß ihr eure Arbeit gründlich und vor allem vollständig erledigt.“

      Bevor Simonos antworten konnte, verlor sein ältester Sohn die Nerven.

      „Du hast unser Netz zerstört!“ schrie Konstantinos. „Dafür verlangen wir Schadensersatz!“

      Güzmir holte so blitzschnell aus, daß seine Bewegung nicht mit den Augen zu verfolgen war.

      Konstantinos duckte sich noch, als er das Zischen der Peitsche hörte. Aber er konnte in dem engen Boot nicht mehr ausweichen. Mit einem hellen Knall traf das Leder seine linke Schulter.

      Stechender Schmerz durchzuckte ihn, doch er preßte die Lippen aufeinander, und er schrie nicht. Die Freude, sich an seinem Schmerz weiden zu können, gönnte er dem Sohn einer Hafenhure nicht.

      „Taucht!“ brüllte Güzmir. „Taucht, oder ich schlage euch die Haut in Fetzen vom Leib!“

      „Seid vernünftig!“ zischte Simeon so leise, daß nur seine Söhne es hören konnten. „Niemandem ist damit geholfen, wenn wir die Märtyrer spielen. Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir am Leben bleiben. Denn er wird uns nicht nur auspeitschen, er wird uns töten, wenn wir nicht gehorchen.“

      Simonos Simeon wartete eine Antwort seiner Söhne nicht ab. Er richtete sich kurzerhand auf, verbeugte sich in Richtung


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