Seewölfe - Piraten der Weltmeere 539. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 539 - Fred McMason


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eine Stinkwut, die er sich nicht erklären konnte.

      Dann war da wieder der Gedanke an Haie, die sich unter ihm tummelten und vielleicht Appetit auf ihn verspürten. Doch auch den Gedanken verwarf er wieder. Die Freßmaschinen taten ihm jetzt nichts, die waren auf Tiefe gegangen. Hier oben wurden sie garantiert seekrank.

      Er schwamm nicht, sondern ließ sich von den Wogen hochheben und wieder in die bodenlose Tiefe schleudern. Er hielt nur im richtigen Augenblick immer den Atem an und ließ sich treiben, damit er so wenig Kraft wie nur möglich verbrauchte.

      Sein Zeitgefühl verschwand. Er wußte nicht, wie lange er schon in der brüllenden Hölle trieb. Er spie einen Strahl Seewasser nach dem anderen aus. Zwischendurch beschwor er alle Heiligen, die er kannte, rief die Patrone und Nothelfer an und hielt Ausschau, obwohl er nichts sah. Insgeheim hoffte er immer noch, eine Gräting oder etwas anderes würde vorbeitreiben.

      „Mit euch lahmen Säcken ist auch nichts mehr los!“ beschimpfte er dann die Nothelfer. „Braucht man euch einmal, dann habt ihr euch in die Kojen verholt und pennt. Aber bei mir könnt ihr lange warten, bis ihr euch an der nächsten Kerze erwärmt. Donegal wird nicht mal mehr einen lausigen Docht spenden, höchstens eine Lunte mit einem Pulverfaß dran, damit es euch Arschlöcher in die Hölle bläst!“

      Nach und nach fühlte er sich immer unbehaglicher. Das Wasser war zwar angenehm warm, aber dennoch kühlte es seinen Körper allmählich aus. Jetzt folgte die Phase der Gleichgültigkeit. Etwas Ähnliches hatte er schon einmal erlebt.

      Er war des ewigen Auf und Abs, des Hin und Hers müde geworden, zumal er einsah, daß es keine Hoffnung mehr gab. Es kostete ihn nur Kraft, und die nahm langsam ab.

      Das Land war irrsinnig fern. Er wußte nicht einmal, ob er auf eine Küste zutrieb oder immer weiter auf See geriet.

      Kein Anhaltspunkt, nichts, was er hätte greifen können, kein Mensch, kein lausiger Kahn weit und breit, nicht einmal der Mond oder die Sterne waren zu sehen.

      Stundenlang trieb er jetzt im Wasser und fühlte eine nie gekannte Mattigkeit in sich. Immerhin glaubte er noch zu wissen, daß ihn das Wasser des Jungbrunnens so lange hatte überleben lassen.

      Nach einer Ewigkeit überlegte er es sich doch mit seinem Holzbein. Wenn er das Ding abschnallte, hatte er etwas in der Hand, an das er sich klammern konnte. Immerhin einen Holzprügel, überlegte er. Das ist besser als gar nichts. Außerdem brachte es ihn dauernd in Schräglage, denn das Holz trieb mächtig auf.

      Er brauchte lange Zeit, bis er es endlich geschafft hatte. Dann grinste er grimmig und hielt sich mit beiden Händen an dem Ding fest.

      Es ging erstaunlich gut.

      Wieder trieb er Ewigkeiten dahin. Zu seinem Erstaunen stellte er fest, daß sich die See ein wenig beruhigt hatte. Sie ging zwar immer noch hoch, doch der Wind raste nicht mehr mit Orkanstärke.

      Dann spürte er einen widerwärtigen Schmerz in seinen Händen. Er ließ das Holzbein los und ballte die Hände zu Fäusten. Aber viel half es nicht.

      Jetzt, glaubte er, kam das Ende, als der Krampf immer stärker wurde.

      Es begann meist in den Fingern. Sie wurden taub und gefühllos, oder sie verkrampften sich. Auch im Bein spürte er diese Taubheit.

      Old O’Flynn erwog ernsthaft den Gedanken, sich einfach sinken zu lassen, damit alle Qualen ein Ende hatten. Man starb schnell, man würde versinken und bis auf den Meeresgrund schweben.

      Plötzlich fiel ihm ein, daß die See unter ihm womöglich sehr tief war, ein nimmer endender Abgrund, in den er stundenlang sinken würde. Unten würden bärtige und mit Seetang behangene Seegespenster auf ihn lauern, Meermänner, die ihm ebenfalls Tang auf den Schädel kleben und ihn in ihr nasses Reich entführen würden. Schon bei dem Gedanken wurde ihm angst und bange.

      Dann dachte er an seine Snugglemouse und an sein Söhnchen. Die dachten sicher nicht im Traum daran, daß er jetzt gerade irgendwo in dem lausigen Arabischen Meer still und heimlich ersoff, unter sich einen pechschwarzen Abgrund, der kein Ende hatte.

      Und was würden die anderen ihnen später sagen?

      „Tut uns leid, Mary, aber dein Alter ist irgendwann einmal über Stag gegangen und irgendwo ersoffen. Wo? Keine Ahnung, irgendwo im Meer. Tja, darauf sollten wir einen trinken, wenn es auch verdammt traurig ist. Aber schließlich war er nicht mehr der Jüngste, und eines Tages müssen wir ja alle mal …“

      „Von wegen, da sauf ich mit!“ knurrte er wild. Trotz des Krampfes in den Fingern griff er wieder nach seinem Holzbein.

      Wer ihn jetzt gesehen hätte, der wäre erschrocken zusammengefahren. Old O’Flynn hatte sein grimmigstes Gesicht drauf. Seine Augen funkelten mörderisch, seine Haut war vom Wasser noch faltiger geworden, und seine Bartstoppeln waren aufgeweicht. Ein wildentschlossener Ausdruck beherrschte sein Gesicht.

      Wie ein rachsüchtiger Dämon trieb er in der See. Wie ein nach oben gestiegener Meergott, der nach Opfern Ausschau hielt. An das Holzbein klammerte er sich wie der Meergott an seinen Dreizack, und genauso wild und grimmig blickte er über das Meer.

      „Ich ersauf nicht!“ brüllte er trotzig. „Schon gar nicht bei diesen Teppichhändlern und Kameltreibern, diesen Olivenkauern und Dattelfressern. Lieber schwimm ich bis ans Ende der Welt.“

      Und Old O’Flynn schwamm weiter wie ein Korken, auf und ab, rauf und runter, von einem Wellental zum anderen.

      Der Wellengang nahm ab. Auch der Sturm stellte sein wildes Fauchen ein, und nach einer weiteren Ewigkeit konnte O’Flynn bereits über das Wasser blicken. Wolkenformationen zogen über ihn weg. Sie wechselten ständig die Farbe, waren aber längst nicht mehr so schwarz. Da waren violette und rötliche Töne drin. Der Chamsin, der sich in einen Orkan verwandelt hatte, flaute immer mehr ab.

      Aber weit und breit war kein Schiff zu sehen. Die „Santa Barbara“ war auf und davon.

      Das war eine sehr schmerzliche Entdeckung, und sie betrübte ihn zutiefst. Dennoch ließ er den Mut nicht sinken und schwamm weiter.

      Als die Wolken noch mehr aufrissen und violette und schwarze Tupfer über der See standen, sah er keinen Horizont, sondern nur eine Formation von Wolken, die übergangslos im Meer verschwand.

      Dann erkannte er jedoch etwas, das ihn in helle Aufregung versetzte. Noch sehr weit voraus schaukelte etwas in der hochgehenden Dünung.

      Es war ein winziges Segel, und es gehörte zu einem Fischerboot, das Old O’Flynn an eine Tartane aus dem Mittelmeer erinnerte.

      Sein Herz hüpfte vor Freude. Mit neuen Kräften schwamm er auf die kleine einmastige Tartane zu.

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