Seewölfe - Piraten der Weltmeere 535. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 535 - Roy Palmer


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weil sie wußten, daß sie ihrer Beute sicher waren. Was immer sie beeinflussen mochte – der Zeitpunkt der grausigen Mahlzeit schien noch nicht gekommen zu sein.

      Die „Santa Barbara“ glitt auf das Boot zu. Jetzt mußten auch die Eingeborenenmädchen das Schiff gesichtet haben. Doch sie gaben keine Zeichen, winkten den Männern nicht um Hilfe flehend zu. Sie hockten nur da, hielten sich die Hände und schrien.

      „Fast könnte man meinen, sie hätten den Tod selbst gesucht“, sagte Don Juan.

      „Und sie schreien, wie?“ entgegnete der alte O’Flynn. „Das erscheint mir ziemlich widersinnig.“

      „Jedenfalls sind sie keine Schiffbrüchigen“, sagte Don Juan. „Das glaube ich absolut nicht.“

      Nach wie vor zogen die Haie ihre Runden um das Boot. Allmählich sackte der Kahn immer tiefer ab, aber es war kaum wahrzunehmen. Bill und Dan hatten jetzt von ihren luftigen Posten aus die Mädchen wie zum Greifen nah vor sich. Sie konnten erkennen, daß das Boot weder ein Segel noch Riemen oder Paddel hatte. Nichts also, mit dem die Mädchen sich gegen die Haie zur Wehr setzen konnten. Sie waren ganz einfach ihrem Schicksal ausgeliefert.

      Hasard wartete, bis nur noch eine halbe Kabellänge Abstand zwischen der „Santa Barbara“ und dem Boot lag. Er ließ beidrehen und die Segel ins Gei hängen. In Windeseile fierten die Männer die Jolle ab und enterten an der ausgebrachten Jakobsleiter ab. Big Old Shane war der Bootsführer. Seine Begleiter waren Ferris Tucker, Blacky, Batuti, Higgy, Jack Finnegan und Paddy Rogers. Die Männer legten von der Bordwand ab und begannen, wie die Besessenen zu pullen.

      Schweigen herrschte an Bord der „Santa Barbara“. Die Männer verfolgten, was geschah. Da – einer der Haie griff an. Sein rundes, abgeflachtes Maul schob sich dicht neben dem Boot aus dem Wasser, klaffte auf und gab die dolchspitzen Zähne frei. Die Mädchen stießen schrille, kreischende Laute aus.

      Ein Schuß krachte – Ferris hatte ihn aus seiner Muskete abgegeben. Über dem Maul des Hais klaffte plötzlich ein häßliches Loch. Der Graue sackte zurück und verschwand unter der Wasseroberfläche.

      Die sechs anderen Männer der Jolle pullten immer noch, als säße ihnen der Teufel im Nacken. Nur noch wenige Yards betrug die Entfernung bis zu den Mädchen. Noch einmal feuerte Ferris, diesmal mit Blackys Muskete. Die Kugel bohrte sich in den Ansatz der Rückenflosse eines Hais, der gerade mit großer Geschwindigkeit auf das Boot der Mädchen zuhielt. Auch dieses Tier ging auf Tiefe.

      „Weiter links!“ schrie Dan O’Flynn der Bootscrew zu.

      Die Männer schauten in die angegebene Richtung. Ferris, der hoch aufgerichtet zwischen den achteren Duchten stand, sah, was Dan meinte: dort drüben, nur etwa zehn Yards entfernt, hatte sich eine ganze Meute von Haien versammelt, wie an den grauen Schatten unter der Oberfläche deutlich zu sehen war.

      Der rothaarige Schiffszimmermann zögerte nicht. Er nahm eine seiner Flaschenbomben zur Hand. Higgy half ihm, die Lunte zu entfachen. Inzwischen hatte die Jolle das sinkende Boot fast ganz erreicht. Ferris wartete eiskalt ab, bis die Lunte bis zum Korken hinuntergebrannt war. Dann schleuderte er seine Wurfgranate zu den Haien. Sie klatschte ins Wasser, versank. Aber die Zündschnur brannte weiter – durch den Korken ins Innere der Flasche. Sie konnte jetzt nicht mehr erlöschen.

      Die Ladung explodierte. Ein dumpfer Schlag war zu vernehmen. Das Wasser sprudelte und gischtete, Wellen entstanden. Zwei weiße Leiber tauchten auf – tote Haie, die mit dem Bauch nach oben in den Fluten trieben.

      „Sehr gut, Ferris“, sagte Big Old Shane.

      Er richtete sich nun ebenfalls auf und beugte sich zu dem Boot der Eingeborenenmädchen hinüber. Die Jolle glitt längsseits. Die Mädchen schrien nicht mehr, aber sie weinten und zitterten am ganzen Leib. Tief im Herzen des graubärtigen Riesen regte sich etwas. Er empfand Mitleid mit den armen Dingern – und genauso ging es den übrigen Mannen der „Santa Barbara“.

      Kriara und Failasa begriffen noch nicht recht, was um sie herum vorging. Aber sie spürten, daß es diese fremden weißen Männer gut mit ihnen meinten. Der Riese mit dem grauen Bartgestrüpp und der Rothaarige, der genauso groß war, hoben sie in die Jolle. Ein anderer – er war pechschwarz und lächelte ihnen gutmütig zu – warf ihnen Decken über. Dann wendete die Jolle. Sie glitt zu dem großen Schiff mit den drei Masten zurück, dessen Ankunft die Mädchen zwar registriert, aber in ihrer panischen Angst doch nicht bewußt wahrgenommen hatten.

      Big Old Shane nahm wieder auf der Heckducht Platz und bediente die Ruderpinne. Ferris Tucker ließ sich neben den Kameraden nieder und griff einen der Riemen. Die Männer blickten zurück zu dem Boot der Mädchen. In diesem Moment verschwand es unter der Wasseroberfläche. Huschende Bewegungen waren zu registrieren – die Haie, die die Explosion der Flaschenbombe überstanden hatten, stürzten sich auf ihre blutenden Artgenossen.

      Kriara und Failasa kauerten bebend nebeneinander. Ihre angstgeweiteten Augen waren auf den Schauplatz des Geschehens gerichtet. Failasa wimmerte vor sich hin. Kriara biß sich auf die Unterlippe.

      Shane sah die beiden an. Sie hockten ihm gegenüber auf dem Boden der Jolle.

      „So was habe ich noch nicht erlebt“, sagte er. „Wer seid ihr eigentlich? Versteht ihr mich überhaupt?“

      „Was sagt der Mann?“ erkundigte sich Kriara bei ihrer Freundin.

      „Ich weiß es nicht“, erwiderte Failasa mit kaum hörbarer Stimme.

      „Ist es der Fisch-Gott, der uns die weißen Männer geschickt hat?“ fragte Kriara.

      „Ich weiß es nicht.“

      Kriara blickte zu Big Old Shane auf. „Sprichst du meine Sprache?“

      „Kapiert jemand, was das Mädchen sagt?“ fragte Shane seine Kameraden.

      „Nicht die Bohne“, erwiderte Blacky.

      „Ist wohl die Sprache von Madagaskar“, brummte Ferris.

      „Ich finde, es hört sich malaiisch oder so ähnlich an“, meinte Paddy Rogers. „Die malaiischen Piraten in der Timor-See, die haben so ähnlich gesprochen.“

      „Quatsch“, sagte Higgy. „Wir sind hier doch in Afrika. Wie sollen hier wohl Malaien herkommen? Nun, das paßt überhaupt nicht zusammen.“

      „Daß ihr mich immer alle für blöd haltet, finde ich nicht gerecht“, sagte Paddy störrisch.

      „Versteht ihr Spanisch?“ fragte Shane die Mädchen.

      „Wer bist du?“ wollte Kriara von ihm wissen.

      Shane schüttelte den Kopf. „So kommen wir nicht weiter. Der eine versteht den anderen nicht. Was wir brauchen, ist ein Dolmetscher.“

      „Fein“, sagte Jack Finnegan. „Dann zaubere mal einen her.“

      Die Jolle hatte unterdessen die „Santa Barbara“ erreicht. Shane steuerte sie an die Jakobsleiter. Die Männer stellten das Pullen ein und bargen die Riemen. Shane gelang es, sich mit den Mädchen durch Zeichen zu verständigen. Sie sollten als erste aufentern.

      Kriara kletterte als erste an der Jakobsleiter hoch. Mit einer Hand hielt sie sich fest, mit der anderen raffte sie die Decke um ihre Schultern zusammen. Failasa folgte ihr. Plötzlich verlor sie die Decke, die ins Boot zurückfiel, Blacky fing sie auf. Higgy schaute hoch und stieß unwillkürlich einen leisen Pfiff der Anerkennung aus.

      „Willst du wohl still sein?“ sagte Shane grollend.

      „Ich habe doch gar nichts gesagt.“

      „Hast du nicht“, versetzte der graubärtige Riese grollend. „Aber eins will ich klarstellen. Wenn einer die armen Dinger auch nur mit dem kleinen Finger anrührt, kriegt er von mir was auf die Pfoten.“

      Die Männer an Bord kriegten lange Hälse und runde Augen, als zuerst Kriara und dann Failasa auf die Kuhl kletterten. Dann aber war der Kutscher mit einer neuen Decke zur Stelle und verdeckte Failasas Blößen.

      „Heiliger Nepomuk“, sagte


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