Seewölfe - Piraten der Weltmeere 314. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 314 - Fred McMason


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fragte Ed mißbilligend. „Dauernd gibt es Krach deswegen. Willst du unser gutes Schiff vielleicht zu einem Hühnerhof umfunktionieren, he?“

      „Aber Ed“, sagte der schmalbrüstige Mann lachend, doch Carberry konnte jetzt schon gar kein Gelächter vertragen, gerade jetzt nicht.

      „Verdammt noch mal, du grinsender Klüsenfloh!“ rief er. „Ich weiß beileibe nicht, was es da dämlich zu grinsen gibt. Was sollen wir mit dem gackernden Viehzeug?“

      Jetzt schwoll auch dem Kutscher der Kamm. Seine gute Absicht war wieder einmal restlos verkannt worden.

      „Was wir damit sollen?“ fragte er ungläubig. „Ja, du erstaunst mich bis zur Fassungslosigkeit, mein lieber Ed.“

      „Ich bin nicht dein lieber Ed!“ brüllte der Profos. „Merk dir das gefälligst, du vermurkste Galionsfigur!“

      Noch blieb der Kutscher ruhig und gelassen, wenn auch seine Augen bedrohlich funkelten. Wenn Carberry ihn mit saftigen Beleidigungen erschlug, dann gab der Kutscher ihm meist mit geistigen Waffen eins aufs Haupt. Er konnte aber auch anders.

      „Deine Wortzusammensetzungen zeugen wieder einmal von der totalen Ignoranz eines quergedockten Rübenlümmels“, erklärte er. „Hühner bieten bekanntlich den unschätzbaren Vorteil, nach der Schlachtung frisch zu sein. Man pflegt sie nach dem Rupfen und Zubereiten meist zu essen, falls das deine Frage beantwortet, was wir mit dem Federvieh wohl sollen. Außerdem pflegen diese Binnenvögel ihre Nachkommen in der Form ovaler Gebilde zu legen, sozusagen verhinderter Hühner, die ein gewisser narbiger Stint an Bord immer gleich dutzendweise auszubaggern geruht.“

      Dem Profos klappte das Kinn weg, dadurch wirkte es noch gewaltiger und mächtiger, als es schon war. Er rang sichtlich nach Fassung und musterte verärgert die Kerle, die sich langsam und unauffällig anschlichen, um dem Disput zu lauschen. Auch auf dem Achterdeck war eine gewisse Hellhörigkeit zu bemerken.

      „Weißt du jetzt, zu was das gakkernde Viehzeug gut ist?“ fragte der Kutscher süffisant grinsend. „Wenn nicht, erbiete ich mich gern, deinen Denkprozeß mittels einer Spillspake anzuregen, um dir ein paar Fremdwörter unter die Schädeldecke zu hämmern.“

      „Du – du – kielgeholter Pflaumenpudding willst mir …“ ächzte der Profos fassungslos. „So was wie dich häng ich doch dreimal kalfatert, frisch geteert und kalt geplättet ins Gei.“

      „Ein Beweis mehr, daß der Bizeps über den Geist wieder Triumphe feiert“, sagte der Kutscher anzüglich.

      „Über wen?“ fragte Ed drohend.

      „Muskeln, statt Hirn als Lastenausgleich“, erklärte der Kutscher ungerührt. „Du bist muskel-, statt kopflastig. Falls du mehr über die Vorzüge lebender Hühner wissen willst, dann sei dir noch gesagt, daß der Absud dieser Vögel eine vorzügliche Brühe gibt, im Speiseplan als „hot memory of chicken“ deklariert, heiße Erinnerungen an ein Huhn, mein lieber Ed.“

      Der „liebe Ed“ ging fast die Wanten hoch und wollte schon zu einem urigen Schrei ansetzen, als Ben Brightons Stimme erklang. Auf dem Achterdeck schien man sich köstlich zu amüsieren.

      „Du hast verloren, Ed, gib auf“, sagte Ben lachend, „und laß den Kutscher in Ruhe.“

      „Das ist noch nicht vergeben und vergessen“, brüllte der Profos. „Fragt man den quergeriggten Entenarsch höflich, dann kriegt man dämliche Antworten und muß sich aus seinen schlauen Büchern unvorhersehbaren Quatsch anhören, den er selbst nicht begreift.“

      Der Kutscher blieb mit vorgereckter Brust als Drohgebärde immer noch unerschütterlich fest auf den Planken stehen und wich nicht.

      Er ertrug auch den drohenden Blick gelassen, mit dem Carberry ihn bedachte, und er sah auch die riesige Hand, die sich zu einer noch riesigeren Faust ballte.

      Kein Zweifel, aber der Kutscher hatte ihn wieder einmal abgeschmettert, und das ging Ed eine ganze Weile nach. Mit Worten war gegen diesen Kerl absolut nichts auszurichten, der kapierte nur, wenn man ihn ein bißchen knuffte.

      „Ein großes Maul ist jedenfalls auch keine Gottesgabe“, sagte Ed grollend. „Trotzdem will ich jetzt wissen, was mit diesen Mistviechern geschieht. Ewig kann das Gegacker und Gekreische hier nicht weitergehen.“

      „Ganz recht“, sagte Mac Pellew mit saurem Gesicht, der ebenfalls auf der Kuhl erschienen war. „Deshalb haben wir auch vor, die Pieper zu schlachten und zu rupfen. Aber du hast den Kutscher ja nicht ausreden lassen.“

      „Fang du bloß auch noch Stunk an, du faltiger Essigfloh, dann tanzen hier aber die Puppen, Mister Pellew. Dann fangt endlich an, damit es wieder Ruhe gibt.“

      Mac Pellew sah total verbiestert und beleidigt aus. Aber das war nicht der Fall. Sein grämlich verzogenes Gesicht war ihm angeboren, er sah immer so aus, was Carberry zum Anlaß nahm, zu behaupten, Macs Amme sei die Milch verhagelt und sauer geworden, und deshalb schwimme der gute Mac ständig auf einer Woge von Buttermilch und saurer Sahne.

      Der Decksälteste Smoky amüsierte sich ebenfalls köstlich über die drei, während Paddy Rogers angestrengt versuchte, das eben Gehörte geistig erst einmal zu verdauen. Aber in Paddys Schädel war immer nur für einen Gedanken auf einmal Platz, und den mußte er erst zu Ende denken, um den zweiten in Angriff zu nehmen. Augenblicklich kaute er noch geistig an der „Ignoranz eines quergedockten Rübenlümmels“ herum, weiter war er noch nicht.

      Der Kutscher und Mac Pellew näherten sich jetzt erst einmal den Hühnerkäfigen, um sie zu begutachten. Den Profos ließen sie stehen und ignorierten ihn.

      Scheinbar war der Friede jetzt wieder hergestellt. Die „Isabella“ segelte immer noch bei raumen Wind über Backbordbug, und fern am Himmel zogen immer noch die beiden großen Vögel ihre Kreise, als wollten sie den Arwenacks folgen.

      Der raume Wind blies allerdings ein bißchen unstet, als müsse er hin und wieder mal kräftig Luft holen. Der Backstagsbrise kam an den weiteren Ereignissen daher auch eine gewisse Schuld zu.

      Mac Pellew kroch unter den Niedergang und linste in einen der Käfige. Die Hühner begannen prompt zu flattern.

      Auch der Kutscher bückte sich, starrte hinein und grinste erfreut.

      „Unsere Ladies haben Eier gelegt“, verkündete er der Mannschaft.

      Die meisten nickten anerkennend, nur der Profos nicht, der abfällig die Lippen verzog und dem Kutscher noch mal eins überbraten wollte.

      „Was sollen sie wohl sonst legen?“ fragte er höhnisch. „Vielleicht eiserne Zwanzig-Pfünder oder kleine Kettenkugeln, was, wie? Oder gar grobgehacktes Schrot für die Drehbassen?“

      „Eigentlich sind für die Eier ja die Osterhasen zuständig“, sagte der Kutscher grinsend.

      Er hatte noch nicht ganz ausgesprochen, als Sir John heimtückisch zum nächsten Sturzflug ansetzte, und die Hühner ein noch wilderes Gegacker als zuvor anstimmten.

      Auf dem Achterdeck verzog Hasard ärgerlich das Gesicht. Mac Pellew versuchte zu grinsen, aber der Kutscher packte Sir John am Hals und gab ihm mit beiden Händen Auftrieb. Es war, als wollte Sir John sich dafür rächen, denn jetzt hockte er wieder in den Webeleinen und begann den längsten Satz zu kreischen, den er kannte. Und er kreischte ihn so nervtötend, daß alle zusammenzuckten.

      „Der Koch, das miese Rabenaas, der kocht an Bord nur Schweinefraß!“ keifte und zeterte es gellend aus den Webeleinen.

      Der Kutscher zuckte verstört zusammen und warf Ed einen schrägen Blick zu. Kein Zweifel, daß das auf ihn gemünzt war, und erst recht kein Zweifel, daß der Profos es Sir John beigebracht hatte, der gar nicht kapierte, was er da losließ.

      Der Profos aber sonnte sich in dem himmlischen Vergnügen, es dem Kutscher ordentlich gesteckt zu haben, ohne daß er ihn persönlich beleidigte, denn was konnte er dafür, wenn der Papagei schimpfte!

      Gelächter erklang, das nur mühsam zu bändigen war. Und ein erneuter Disput setzte ein.

      „Ich


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