Seewölfe - Piraten der Weltmeere 73. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 73 - Fred McMason


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auf der Schmuckbalustrade herum. Seine Blicke hingen gebannt an Ribaults Lippen.

      „Sie hat eine Botschaft in Tortuga erhalten. Danach ist sie ziemlich schnell aufgebrochen. Ich habe es von anderen erfahren.“

      „Eine Botschaft?“ fragte der Seewolf. „Eine Botschaft, die sie nach Little Cayman ruft? Kennst du den Inhalt dieser Botschaft, oder weißt du, von wem sie stammt?“

      „Nein, das weiß ich nicht. Ich habe auch keine Erklärung dafür.“

      „Da ist der See mit den unvorstellbaren Schätzen“, sagte Hasard mehr zu sich selbst. „Da sind die Wächter am Auge der Götter. Was, bei allen Geistern, kann sie nur dort wollen?“

      „Nicht die Spur einer Ahnung“, versicherte Ribault. Sein sonnenverbranntes Gesicht legte sich in Falten, dann schüttelte er den Kopf.

      „Tut mir leid, ich kann es mir nicht einmal denken. Wäre es möglich, daß sie sich Schätze aus dem See holt?“

      „Nein, ausgeschlossen, das würde sie nie tun. Ich bin mir nicht sicher, ob sie das Geheimnis der Insel kennt.“

      Ribault nahm einen tiefen Zug aus der Flasche. Mit dem Handrücken wischte er sich den Malaga von den Lippen.

      „Wer kennt schon die Frauen“, sagte er lächelnd. „Und gerade diese Rote Korsarin scheint mir so undurchsichtig wie Nebel zu sein.“

      „Darin hast du allerdings recht. Ich glaubte auch immer, sie zu kennen, doch das war ein Irrtum. Ich möchte wissen, welches Geheimnis diese Frau umgibt.“

      „Vielleicht erfährst du es, wenn du nach Little Cayman segelst. Du bist ja auf dem Kurs. Ein Vorschlag, Hasard: Du segelst weiter, wir werden inzwischen den Spanier verfolgen und ihn ordentlich rupfen, sobald wir ihn haben. Danach folge ich euch nach Little Cayman.“

      „Das ist ein Vorschlag. Einverstanden. Den Spanier wirst du sicher noch erwischen. Wir sollten also keine Zeit mehr verlieren.“

      Karl von Hutten, Miteigner der „Le Vengeur“, nickte beifällig.

      „So halten wir es, Hasard“, sagte der Sohn einer indianischen Häuptlingstochter. Von Hutten war ein Spanienhasser, und wie Hasard ihn kannte, würde er nicht eher ruhen, bis sie den Don erwischt hatten.

      Seine Hilfe zur Kaperung des Dons brauchte Hasard ihm nicht anzubieten. Die „Le Vengeur“ war gut armiert, schnell und beweglich, und die Kerle verstanden sich aufs Entern. Ribault wäre beleidigt gewesen, hätte der Seewolf seine Hilfe angeboten.

      Die Segel wurden wieder gesetzt. Beide Schiffe hoben und senkten sich im gleichen Rhythmus auf den Wellen.

      „Wir sehen uns in Little Cayman“, versprach Ribault mit einem Händedruck und sah zur Kuhl hinunter, wo ein endloses Palaver zwischen den alten Freunden begonnen hatte.

      Die Flaschen kreisten, die Begrüßung wurde nach allen Regeln der Kunst gefeiert, bis der Profos die Arme in die Hüften stemmte und grimmige Blikke auf die Seewölfe schickte.

      „Habt ihr nicht gehört, was Jean und der Seewolf ausgehandelt haben, ihr Rübenschweine? Wir sehen uns später auf Little Cayman wieder, und wer jetzt noch einmal zur Flasche greift, dem ziehe ich persönlich die Haut in Streifen von seinem …“

      „… Affenarsch“, fiel die Crew lachend ein.

      Jan Ranse und Piet Straaten brüllten begeistert los.

      „Mann, er hat immer noch die alten Sprüche im Seesack. Wie lange haben wir das schon nicht mehr gehört.“

      „Ja, so ein Profos fehlt bei uns noch, was, wie?“ schrie Nils Larsen und boxte Canberry in die Rippen. „Junge, war das eine Zeit damals“, erinnerte er sich.

      Einer nach dem anderen ging wieder auf die „Le Vengeur“ zurück, nachdem sie sich verabschiedet hatten.

      Die Leinen wurden gelöst, und sofort trieben beide Schiffe auseinander.

      Hasard zeigte Ribault die geballte Rechte mit dem Daumen nach unten.

      „Besorgt es dem Don!“ rief er hinüber. „Denen juckt das Fell.“

      „Wir werden ihnen die Flöhe schon aus dem Pelz klopfen“, versprach Ribault lachend.

      Damit fiel die „Le Vengeur“ etwas zurück und segelte am Heck der „Isabella“ vorbei, ehe sie auf neuen Kurs ging.

      Eine ganze Weile winkten sich die Männer noch zu.

      Hasard hatte seine Wanderung auf dem Achterkastell wieder aufgenommen. In seinen Gedanken spukte der Jonas herum. Immer wieder dachte er an den Alten, den die Riesenwelle wie einen Geist auf ihrem Rücken davongetragen hatte, ohne daß er untergegangen war.

      „Dieser Alte wird mir immer unheimlicher“, sagte er zu Ben Brighton, „jetzt befindet sich Siri-Tong auf dem Weg nach Little Cayman oder ist schon dort. Ich möchte wissen, welche Botschaft man ihr zugespielt hat, und vor allem: Woher kann diese Botschaft nur stammen?“

      „Darüber grüble ich die ganze Zeit nach. Es muß entweder mit dem kreisrunden See zusammenhängen oder …“

      Ben Brighton stockte. Er sprach nicht weiter, sondern sah den Seewolf nur von der Seite her mit einem scheuen Blick an.

      „Ich weiß auch so, was du sagen willst, Alter, du scheust dich nur, es auszusprechen. Du meinst den schwarzen Segler!“

      Ben Brighton zuckte unmerklich zusammen.

      Der Schwarze Segler! Das geheimnisvolle Schiff des toten Kapitäns El Diabolo. Es schien schon seit Ewigkeiten in jener Bucht auf Little Cayman zu liegen, mit seinen zerfetzten schwarzen Segeln und den Gerippen an Bord.

      „Ja, den meine ich, den Schwarzen Segler, das Totenschiff! Ich habe nur keine richtige Vorstellung, was die Korsarin auf der Insel sucht. Vielleicht haben Piraten den See beraubt oder …“

      Wieder sprach er nicht weiter. Dafür überlegte er angestrengt, gelangte aber zu keinem Ergebnis, das ihn befriedigte.

      Hasard wußte, daß Siri-Tong in irgendeiner Beziehung zu dem Auge der Götter stand, aber wie immer hatte sie sich beharrlich darüber ausgeschwiegen und weiterhin Rätsel gespielt.

      „Wir werden es bald erfahren“, sagte er und hieb die Faust in die offene Handfläche.

      Was Hasard auf Little Cayman vorfinden sollte, hätte er in seinen kühnsten Träumen nicht erwartet.

      2.

      Am Ruder stand der Boston-Mann, jener englische Pirat mit dem großen goldenen Ring im Ohr, der Siri-Tong absolut ergeben war. Er war schweigsam wie immer und sprach nur, wenn die Rote Korsarin ihn etwas fragte. Dann erst ging er aus sich heraus.

      Er betrachtete sie ausgiebig. Sie stand auf dem Achterkastell der zweimastigen Karavelle mit den blutroten Lateinersegeln und blickte auf die Insel, der sie jetzt entgegensegelten.

      Der Boston-Mann lächelte leicht. In den Augen seines kühn geschnittenen Gesichts blitzte es ab und zu auf, wenn er das runde Hinterteil in den engen blauen Schifferhosen sah, die rote, am Hals immer zwei Knöpfe geöffnete Bluse der Korsarin, die zwei feste Brüste umschloß, und ihr Gesicht, sobald sie sich umdrehte.

      Das war jetzt der Fall. Sekundenlang fing er den Blick aus ihren schräggestellten Mandelaugen auf, sah die herzerfrischenden roten Lippen und das gerade Näschen sowie die schräg gewölbten Augenbrauen.

      Klar, auch den Boston-Mann bewegten bei diesem Anblick immer sehr einseitige Gedanken, nur ließ er sich nichts anmerken wie die anderen Kerle, die Siri-Tong Tag für Tag mit den Augen verschlangen, sobald sie sich nur an Deck zeigte.

      Sie deutete mit der rechten schmalen Hand in die Bucht, die sich vor ihren Augen auftat.

      „Der schwarze Segler liegt nicht mehr am selben Platz, Boston-Mann.“

      „Das stimmt, Madame.“

      „Er


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