Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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in dessen Händen das Kommando lag. „Wir bringen die Riemen aus, damit wir auf jeden Fall manövrierfähig sind, wenn die Burschen auftauchen. Außerdem wärmt das Pullen den Körper auf, nicht wahr, Mac?“ Er brachte trotz der verfahrenen Situation ein Grinsen zustande.

      Mac Pellews griesgrämiges Gesicht wurde noch sauertöpfischer.

      „Nun ja“, sagte er kleinlaut, „mitunter friert es sich auch ganz angenehm.“

      Shane verschluckte im letzten Moment ein dröhnendes Lachen, um den Standort der Jolle nicht zu verraten.

      Mitunter drangen Geräusche zu ihnen durch, die aber infolge der dichten Nebelwatte verzerrt wirkten. Dennoch waren sie der Beweis dafür, daß sich die Verfolger noch in der Nähe befanden. Auch sie mußten inzwischen die Orientierung verloren haben.

      Die sechs Riemen der Jolle wurden rasch ausgebracht – drei auf jeder Seite. Doch die kleine Crew brauchte gar nicht erst richtig mit dem Pullen zu beginnen, weil sich die Situation schlagartig veränderte.

      An Backbord tauchte urplötzlich, wie herbeigezaubert, ein dunkler Schatten auf und hielt direkt auf die Jolle zu. Es konnte sich nur um eins der Piratenboote handeln.

      Stenmark, der blonde Schwede, versuchte die Situation zu retten, indem er die Besatzung des Bootes geistesgegenwärtig auf Schwedisch anbrüllte.

      „Verdammt, pullt uns nicht über den Haufen!“ rief er. „Haltet euch nach Backbord, dort gurken die Kerle mit der Jolle herum. Sie sind ganz in der Nähe!“

      Einen Augenblick hielten die Seewölfe den Atem an. Doch Stenmarks Bluff gelang.

      „In Ordnung, dann werden wir sie gleich zum Baden schicken!“ brüllte eine rauhe Stimme – ebenfalls auf Schwedisch – zurück.

      Gleich darauf drehte das Boot ab und wurde weiter nach Backbord gepullt. In kurzer Zeit war es wieder im Nebel verschwunden.

      Big Old Shane stieß die Luft aus.

      „Das ist ja noch mal gutgegangen“, sagte er mit gedämpfter Stimme. „Jedenfalls wissen wir jetzt, daß wir es nicht mit Dänen, sondern mit Schweden zu tun haben.“

      „Glückssache“, sagte Stenmark ungerührt. „Und da Schwedisch meine Muttersprache ist, wird der Trick auch noch öfter klappen.“

      „Da bin ich mir nicht so sicher“, meinte Shane.

      „Aber ich“, sagte Stenmark und wischte sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. „Oder glaubst du etwa, die Kerle in den anderen Booten sind schlauer als die, die wir eben geleimt haben?“

      Shane blieb weiterhin skeptisch. „Kann schon sein, daß die Galgenstricke alle Stroh hinter der Kimm haben. Trotzdem möchte ich mich da nicht unbedingt festlegen.“

      Vorsichtig tauchten die Seewölfe die Riemen in das nachtschwarze Wasser. Die Dunkelheit begann sich jetzt, in den frühen Morgenstunden langsam zurückzuziehen, wodurch die dichte Nebelwand in ein helleres Grau überging.

      „Hoffentlich hören die nicht meinen Magen knurren“, ließ sich nun Paddy Rogers vernehmen. „Wenn ich daran denke, daß uns der Kutscher für heute auch ein dänisches Frühstück versprochen hat, dann möchte ich am liebsten zur ‚Isabella‘ zurückschwimmen.“

      „Das ist eine fabelhafte Idee“, meinte Jack Finnegan. „Wenn du die ersten Kombüsendüfte riechst, schwimmst du los und zeigst uns die Richtung. Wenn du mit deinem Knollen im Gesicht hoch genug an den Wind gehst, müßtest du das Frühstück nach menschlichem Ermessen wittern können.“

      „Psst!“ unterbrach Dan das leise geführte Gespräch. „Da ist wieder ein Boot!“

      Jetzt nahmen es auch die anderen wahr, wenn auch nur in Umrissen.

      „Na, dann los“, wandte sich Big Old Shane an Stenmark. „Vielleicht kannst du sie noch einmal leimen.“

      Stenmark war von der Wirksamkeit seiner Methode überzeugt. Er ließ das Boot gar nicht erst näher heran, sondern legte sofort die Hände trichterförmig an den Mund und brüllte die Piraten an.

      „He, ihr da!“ tönte es in astreinem Schwedisch über die Wasserfläche. „Haltet euch mehr nach Steuerbord. Dort wurden die Kerle vor wenigen Minuten gesichtet. Schlagt ihnen die Schädel ein!“

      „Und ob wir das tun!“ dröhnte eine Stimme zurück. Dann verschwand auch dieses Boot hinter der grauen Nebelwand.

      Stenmarks Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Seine hellen Augen blitzten.

      „Na, hab ich vielleicht zuviel versprochen?“ fragte er. „Wenn der Reigen so weitergeht, spielen die Kerle mit sich selber Haschmich.“

      „Richtig Spaß macht das erst, wenn sie sich gegenseitig über Bord werfen“, sagte Dan.

      Schweigsam pullten sie weiter in die Richtung, in der sie die ankernde „Isabella“ vermuteten.

      Außer den Geräuschen, die die Riemen verursachten, drangen zeitweise schwache Wortfetzen an ihre Ohren. Die Verfolger waren also immer noch in der Nähe. Deshalb ließen die Seewölfe, die ihre Jolle mit zügigen Riemenschlägen vorantrieben, die immer heller werdende graue Mauer keine Sekunde aus den Augen. Besonders Dan, der den scharfen Blick eines Adlers hatte, suchte konzentriert die Umgebung ab und versuchte gleichzeitig, die Richtung zu bestimmen, aus der der schwache Wind wehte. Dieser reichte noch nicht aus, um das Segel wieder setzen zu können.

      Einige Minuten lang ereignete sich nichts, aber dann wahrschaute Dan O’Flynn die kleine Crew erneut.

      „Verdammt!“ zischte er. „Da tauchen schon wieder welche auf.“

      Big Old Shane horchte und starrte mit düsterem Gesicht in die dunstige Masse.

      „Mehr als drei Boote habe ich diesen Geiern nicht übriggelassen“, sagte er. „Wenn das jetzt das dritte ist, haben wir sie alle durch.“

      „Das laß mich mal regeln“, erklärte Stenmark siegessicher. „Ich werde ihren Kurs schon etwas korrigieren.“

      Sobald die Konturen des Bootes deutlicher zu sehen waren, griff der blonde Schwede abermals in seine Trickkiste.

      „He, Leute!“ brüllte er. „Ihr müßt euch mehr nach Backbord halten. Dort muß die mickrige Jolle sein.“

      „Nichts da!“ lautete die Antwort. „Da hat uns vorhin schon so ein Blödmann hingeschickt. Warst du das vielleicht?“

      Die Besatzung des Piratenbootes änderte ihren Kurs nicht, sondern pullte direkt auf die Jolle zu.

      „So ein Pech!“ zischte Shane. „Das sind die mit dem ersten Boot. Und die lassen sich von uns nicht ein zweites Mal an der Nase rumführen.“

      Stenmark stieß ein äußerst unfeines Wort hervor, dann versuchte er, das drohende Unheil noch abzuwenden.

      „Ich weiß nicht, was du meinst!“ rief er zurück. „Ich war das jedenfalls nicht. Ihr solltet euch wirklich nach Backbord halten, sonst entwischen uns die Bastarde!“

      „Von wegen!“ tönte es zurück. „Wir haben keine Lust, ständig im Kreis zu pullen.“

      Das Piratenboot hielt nach wie vor direkt auf die Jolle der Seewölfe zu. Die Schweden schienen mißtrauisch geworden zu sein. Wie es aussah, hatten sie die Absicht, sich die vermeintlichen Kumpane etwas näher anzusehen.

      Die Seewölfe waren sich darüber im klaren, daß es jetzt Ärger geben würde. Ein eiliges Davonpullen schied aus, dazu waren die Kerle schon zu nahe heran. Außerdem würden sie dadurch erst recht verdächtig sein. Die Kerle würden dann vermutlich durch Lärm versuchen, ihre Kumpane herbeizurufen. Die sieben Seewölfe aber hatten nicht die geringste Lust, sich mit drei Bootsbesatzungen gleichzeitig herumzuschlagen.

      Dan konnte bereits erkennen, daß sich acht Männer in dem Boot befanden.

      „Greift euch was Handfestes, Leute“, sagte Shane leise. „Aber bitte keine Schußwaffen, sonst


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