Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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Piratenboot schob sich von achtern her längsseits der Jolle. In diesem Augenblick schienen die Kerle auch schon zu begreifen, wen sie vor sich hatten.

      Ein ellenlanger schwedischer Fluch drang zu den Seewölfen hinüber, dann wurde es auf dem Boot plötzlich lebendig. Die verluderten Kerle schnatterten überrascht durcheinander und griffen in Windeseile nach ihren Waffen. Einige sprangen bereits von den Duchten hoch, als hätte ihnen jemand mit einer Nadel in den Hintern gepiekst.

      Doch Big Old Shane und seine kleine Truppe waren darauf vorbereitet.

      „Los, Männer!“ rief Shane mit Donnerstimme. „Spielen wir mit diesen Rübenschweinen Schinkenklopfen!“

      Was der graubärtige Riese damit meinte, sollten die Piraten sofort zu spüren kriegen.

      Vier Riemen der Jolle zischten durch die Luft – und gleich darauf wurden vier der düsteren Gestalten von den Duchten gefegt. Zwei davon gingen mit lautem Gebrüll über Bord und zwei sanken durch die Wucht der Hiebe wie schlaffe Mehlsäcke zwischen die Duchten und rührten sich nicht mehr.

      Einer der Schweden hatte sich auf die Heckducht geschwungen und fuchtelte – laute Kommandos brüllend – mit einem Enterbeil in der Luft herum.

      Doch bevor er irgendeinen Schaden mit dieser gefährlichen Waffe anrichten konnte, traf ihn Paddys Riemen wie ein Rammbock gegen die Brust. Er schrie auf, dann warf er die Arme hoch und kippte ebenfalls über Bord.

      Die drei anderen Schnapphähne hatten sich mit Sam Roskill, Stenmark und Dan angelegt. Sie drangen mit wütenden Flüchen auf die Seewölfe ein und versuchten, diesen mit Cutlassen und Degen zuzusetzen.

      Da aber waren sie an die Falschen geraten, denn die Seewölfe verstanden es meisterhaft, diese Attacken zurückzuschlagen.

      Big Old Shane aber kürzte diesen Kampf auf seine Art ab. Er hatte sich eine mächtige Langaxt gegriffen, und damit zertrümmerte er in bewährter Manier den Spiegel des Piratenbootes.

      „So, Freunde, jetzt gibt’s gleich nasse Füße!“ brüllte er.

      Und schon begann das Boot abzublubbern.

      Sam Roskill hatte gerade noch einen Ausfall, den einer der Kerle mit seinem Degen versucht hatte, abgewehrt, da merkten die Schweden, daß sie ihr Boot verlieren würden. Mit lautem Wutgeheul ließen sie von den Seewölfen ab und sprangen über Bord.

      „Und jetzt klar bei Riemen!“ befahl Shane. „Wir werden uns mal so richtig schön warmpullen, denn ich schätze, daß wir gleich noch mehr Besuch kriegen. Das Gebrüll hat den übrigen Galgenstricken bestimmt unseren derzeitigen Standort verraten.“

      „Aye, Sir“, sagte Jack Finnegan. „Dann nichts wie weg hier. Wenn sie erscheinen, können sie ihre Kumpane aus dem Wasser fischen. Hoffentlich kriegen sie einen ordentlichen Husten!“

      Die Riemen wurden mit geübtem Griff in die Dollen gelegt. Niemand bemerkte dabei, daß sich einer der Piraten, der während des Kampfes über Bord gegangen war, an das Heck der Jolle gehängt hatte. Die mächtige Gestalt Shanes, der sich gerade auf der achteren Ducht niederließ, verdeckte den Kerl, in dessen rechter Hand ein Messer aufblitzte.

      Er hatte es ohne Zweifel auf Big Old Shane abgesehen, und es war nur noch eine Frage von Augenblikken, daß er diesem die Klinge in den Rücken jagen würde.

      Die „Isabella IX.“ schwoite gemächlich an der Trosse des Steuerbord-Bugankers. Trotzdem hatten die sechs Ankerwachen, die der Seewolf bestimmt hatte, keine leichte Aufgabe. Erste helle Schatten kündigten zwar den beginnenden neuen Tag an, dennoch wurde auch die große Galeone völlig von den dichten Nebelmassen eingehüllt.

      Auf dem Achterdeck konnte man nicht mehr sehen, was auf der Back vor sich ging, und von einer funktionierenden Ankerpeilung konnte natürlich keine Rede sein. Das Schiff war völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Manchmal hatten die Männer der Ankerwache das Gefühl, die einzigen Menschen auf der Welt zu sein.

      Edwin Carberry zog ein besorgtes Gesicht. Nicht etwa, weil er Angst um die „Isabella“ gehabt hätte, o nein. Bei einer solchen „Milchsuppe“, wie er den Nebel zu nennen pflegte, würde sich ganz gewiß kein feindlich gesinntes Boot oder gar ein Schwimmer an das Schiff herantrauen. Selbst wenn jemand versuchen sollte, abermals die Ankertrosse zu kappen, würde er sich bei diesem Nebel unweigerlich verirren und die Galeone gar nicht erst finden.

      Die Falten auf der Stirn des bulligen Profos galten vielmehr Big Old Shane und seiner kleinen Crew, die mit der Jolle Kurs auf die Küste genommen hatten.

      „Die Burschen sind schon ziemlich lange weg“, sagte er zu Jeff Bowie, einem stämmigen Liverpooler, der links eine Hakenprothese trug, weil Piranhas ihm die Hand zerfleischt hatten. „Hoffentlich haben sie keine Schwierigkeiten.“

      „Die haben sie ganz bestimmt“, sagte Jeff. „Denn bei diesem Nebel werden sie kaum zu uns zurückfinden. Vielleicht haben sie sich noch rechtzeitig an Land verholt und warten dort den Tag ab. Dieses Sauwetter kann schließlich nicht ewig dauern.“

      „Das kann sein“, pflichtete ihm Ed Carberry bei. „Sie können, nachdem der Wind eingeschlafen ist, unmöglich mit der Jolle in dieser verdammten Milchsuppe herumpullen. Die Rübenschweine hocken bestimmt irgendwo an Land und erzählen sich zum Zeitvertreib Schwänke aus ihrer Jugendzeit.“

      Jeff Bowie grinste.

      „Wahrscheinlich hast du recht“, sagte er. „Schüsse sind bis jetzt auch keine gefallen, demnach wird man sie auch in Ruhe gelassen haben. Wenn sich tatsächlich Schnapphähne an der Küste aufhielten, dann haben die sich bei diesem Wetter todsicher aufs Ohr gehauen.“

      Der Profos rieb sich unternehmungslustig die Hände.

      „Vielleicht gelingt es Shane, sie rechtzeitig zum Frühstück hochzupurren und ihnen etwas Feuer unter die kalten Ärsche zu legen.“

      „Vergiß nicht, daß unsere Leute nur als Kundschafter unterwegs sind“, sagte Jeff Bowie. „Hasard will keinen Ärger!“

      „Haben wir denn jemals Ärger angefangen, was, wie?“ Ed Carberry schob sein gewaltiges Rammkinn vor. „Du weißt doch, daß manchmal die edelsten Absichten nichts nutzen. Kaum hat man ein paar fromme Worte mit irgendwelchen Kerlen gewechselt, da muß man sich schon seiner Haut erwehren. Friedliebende Pilger sind eben nicht mehr geschätzt auf dieser verwahrlosten Welt.“

      „Genauso ist es, Mister Carberry“, sagte Jeff Bowie und grinste dabei von einem Ohr bis zum anderen. „Man kann nicht immer in christlicher Demut sämtliche Backen hinhalten, wenn einem jemand an den Kragen will.“

      Der Profos quittierte diese Feststellung mit einem wohlwollenden Kopfnikken. Und gewiß hätten die beiden Männer, die sich auf dem Achterdeck aufhielten, noch eine Weile in diesbezüglichen Erinnerungen geschwelgt, wenn nicht ein lauter Fluch an ihre Ohren gedrungen wäre.

      „War das nicht Batuti?“ fragte Carberry.

      „Kann sein, es kam jedenfalls von der Back“, antwortete Jeff Bowie.

      Weitere einschlägige Geräusche bestätigten seine Aussage.

      Auf dem Vorschiff polterte es plötzlich, dann stieß Batuti erneut deftige Flüche aus.

      „Verdammt, da ist was los!“ stieß Carberry hervor, dann stürmten beide aufs Quarterdeck hinunter, enterten von da aus zur Kuhl ab und eilten nach vorn zur Back. Dort schlossen sich ihnen Al Conroy und Luke Morgan an.

      Alle trugen schußbereite Pistolen in den Händen.

      Als sie die Back betraten, war der kurze Kampf, der dort offensichtlich stattgefunden hatte, schon beendet.

      „Donner und Wolkenbruch!“ schnaubte Ed. „Was geht hier vor? Könnt ihr uns nicht rechtzeitig wahrschauen, wenn sich irgendein Rübenschwein auf unser Schiff schleicht, he?“

      Jetzt erst sah er, was passiert war.

      Batuti, der Gambia-Neger, rappelte sich gerade von den Planken hoch. Neben ihm stand Arwenack, der Bordschimpanse, und trommelte sich mit den


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