Seewölfe - Piraten der Weltmeere 136. Davis J.Harbord

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 136 - Davis J.Harbord


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      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-460-9

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

      1.

      Der Wind war etwas launisch, aber noch keineswegs ruppig. Er wehte heiß vom afrikanischen Festland herüber und pendelte zwischen Ost und Südost.

      Nein, der Wind war durchaus nicht besorgniserregend. Da hatten sich die Seewölfe schon ganz andere Dinger um die Ohren pfeifen lassen – Stürme, Orkane, in denen, wie der eiserne Edwin Carberry, Profos auf der „Isabella VIII.“, behauptete, „sogar die Möwen ein paar Reffs in die Flügel gedreht hätten.“

      Also, dieser müde afrikanische Wind regte sie schon gar nicht auf, kein Stück, Sir!

      Dennoch gingen sie wie auf Eiern, die Männer der Dreimast-Galeone „Isabella“ – wenn sie überhaupt gingen!

      Eigentlich standen sie mehr und wagten kaum, sich zu bewegen. Wie Marionetten wirkten sie, steif, etwas hölzern. Und sie schwitzten.

      Am Schanzkleid der Backbord- oder Steuerbordseite befand sich keiner. Ferris Tucker, der Schiffszimmermann der „Isabella“, hatte gesagt, es sei besser, wenn sie sich mittschiffs aufhielten.

      Wegen der Stabilität!

      Die sei nämlich so ziemlich im Eimer, hatte Ferris Tucker erklärt und auf Carberrys brummige Frage, was denn, zum Teufel, diese verdammte Stabilität bedeute, erwidert, Stabilität sei das Vermögen eines Schiffes, sich aus einer Krängungslage wieder aufzurichten. Und restlos gestört sei die Stabilität der „Isabella“, weil sie am Rumpf unter Wasser einen ganzen Panzer an Muscheln, Seepocken, Algen und Tang mit sich herumschleppe. Aber er könne sich ja das Maul fusselig reden, niemand halte es für nötig, ihm zuzuhören.

      Das hatte er mit einem schrägen Blick zum Achterdeck hin gesagt. Aber Philip Hasard Killigrew hatte ihm doch zugehört. Und außerdem wußte er auch selbst, daß die „Isabella“ in ihrem jetzigen Zustand nicht sonderlich manövrierfähig war. Na, das war noch geschmeichelt. Die sonst so ranke „Isabella“ walzte wie eine kranke, alte Kuh nordostwärts, und genau wie seine Männer hielt Hasard den Atem an, wenn ein stärkeres Windchen diese kranke, alte Kuh zwang, sich nach Lee zu verbeugen. Dann standen sie alle auf Stützen, bis die Kuh nach dieser endlos erscheinenden Verbeugung geruhte, wieder ihre Normalschwimmlage einzunehmen.

      Und Hasard hatte Ferris Tucker zugerufen, daß er bereits Kurs auf Tanger abgesetzt habe, um dort ins Dock zu gehen. Denn sie mußte aufgedockt werden, die „Isabella“, da biß keine Maus den Faden ab. „Mit Bordmitteln“, wie der Schiffszimmermann zu sagen pflegte, war der Panzer rund um den Rumpf der „Isabella“ nicht mehr zu knacken. Natürlich, sie hätten die Galeone auf einem einsamen, sandigen Strand aufsetzen können, sie gekrängt und erst die eine Unterwasserseite und dann die andere abgekratzt.

      Aber das hätte Wochen gedauert! Und dann die Schinderei!

      Denn das hätte bedeutet, daß sie die Galeone hätten leichtern müssen, um sie auf den Strand zu ziehen. Und ihr Bauch war bis unter die Luken voll. Er barg die Beute, die sie im Laufe von über einem halben Jahrzehnt auf ihrer Fahrt rund um die Welt in unzähligen Kämpfen und Gefechten als Seewölfe gerissen hatten. Aber auch Schenkungen waren dabei, Dankesgaben, denn sie hatten sich Freunde erworben – mehr Freunde als Feinde. Nein, sie gehörten nicht zu der Kategorie mordlüsterner Piraten. Aber wenn sie auf Dons stießen, wichen sie keinem Kampf aus, erst recht nicht, wenn sie dabei Menschen helfen konnten, die unter der spanischen Knute zu leiden hatten.

      Hasard hatte geschwankt, ob es nicht besser wäre, sofort die „Isabella“ landwärts zu segeln und an einer günstigen Stelle aufzusetzen. Ein Blick auf die Seekarte hatte ihn umgestimmt. Sie waren noch etwa eine knappe Tagesreise von Tanger entfernt, wenn der Wind so blieb.

      Tanger bedeutete: mehr Arbeitskräfte zur Überholung der muschelumpanzerten „Isabella“ und damit eine gewaltige Zeitersparnis. Und das hatte den Ausschlag gegeben. Denn sie wollten zurück nach England – so schnell wie möglich.

      Nachrichten, Gerüchte, Berichte deuteten auf eine wachsende Spannung zwischen England und Spanien. Es hieß, das mächtige und gewaltige Spanien rüste zu einem entscheidenden Schlag gegen den Inselzwerg England, der zur See immer lästiger wurde und die Frechheit aufbrachte, immer wieder über die Silberflotten herzufallen, die aus der Neuen Welt herübersegelten. Denn Spanien war verschuldet, schwer verschuldet. Und wenn das, was für die Staatstruhen gedacht war, in die Säckchen der königlichen Lissy floß, dann war das schon ein Aderlaß, der nicht mehr so leicht verkraftet werden konnte.

      Ja, die Lage war ernst geworden. Und Philip Hasard Killigrew wollte dabeisein, wenn der Große über den Kleinen herfiel. Der Kleine, das war England. Und Hasard hatte sich stets auf die Seite des Schwächeren gestellt.

      Außerdem galt es, in England einige Dinge zu regeln und klarzustellen – zum Beispiel die Behauptung zu widerlegen, daß er, Philip Hasard Killigrew, die Königin um ihren gerechten Anteil an gewissen Beuteschätzen geprellt habe. Intriganten hatten dieses Gerücht ausgestreut und damit die Seewölfe zur Flucht aus England getrieben.

      Und jetzt kehrten sie zurück – mit neuen Schätzen beladen, Schätzen auch wiederum für die Königin. Das würde den Schandschnauzen die Mäuler stopfen.

      Das war das Fernziel.

      Noch rund zwölf Stunden bis Tanger, zwölf Stunden, die sich endlos dehnten, zwölf Stunden auf einem Schiff, das sich nicht einmal wehren konnte, wenn es angegriffen wurde.

      Ferris Tucker sprach es aus: „Mit dieser lahmen Kuh brauchen wir ’ne Stunde, wenn wir auf den anderen Bug gehen wollen.“

      Das hieß im Klartext, bei Gefahr im Verzug kein schnelles Manöver mehr ausführen zu können. Sie hatten keine Zähne und Krallen mehr, die Seewölfe. Und darum schwitzten sie. Sie litten mit ihrer „Isabella“, die schwankend durch die Dünung torkelte.

      „O Gott“, murmelte der alte O’Flynn, „o Gott, wenn das nur gutgeht! Damals, auf der ‚Empress of Sea‘ …“

      Ein Aufstöhnen Carberrys ließ ihn verstummen. Aber das hing nicht mit dem Aufstöhnen zusammen, sondern in diesem Moment hatte der Wind wieder einmal zugelangt – mit einer Katzenpfote, deren Krallen sogar noch eingezogen waren. Ein liebes, sanftes Katzenpfötchen war das, aber von verheerender Wirkung.

      Unendlich langsam verneigte sich die „Isabella“ nach Backbord. Sie hörte gar nicht auf mit dem Verneigen, immer weiter – und noch weiter.

      Und den Männern standen die Haare zu Berge.

      Denn die „Isabella“ verharrte in der Schräglage. Sie hatte nicht mehr die Kraft, sich wiederaufzurichten. Wenn jetzt noch eine Katzenpfote folgte, dann war es um die „Isabella“ geschehen. Sie hatte jenen Punkt erreicht, der Kenterung bedeutete.

      Hasards scharfe Stimme durchschnitt die lähmende Stille: „Alle Mann nach Steuerbord!“

      Alle einundzwanzig


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