Seewölfe - Piraten der Weltmeere 257. Davis J.Harbord

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 257 - Davis J.Harbord


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-593-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      16. April 1592, einige Meilen vor der großen Nilschleife.

      Die Kerls auf der „Isabella VIII.“ praktizierten eine neue Art der Seefahrt, vielmehr Flußfahrt. Sie verzichteten nämlich auf die Segel und ließen sich vom Strom schieben – genauso wie es die Nilfahrzeuge taten.

      Das große Kreuz bei der Bergfahrt waren die windstillen Tage gewesen. Jetzt, bei der Talfahrt, kratzte sie das nicht mehr. Den Transport der „Isabella“ stromabwärts hatte der Nil übernommen.

      Nilaufwärts hatten sie mit dem Nordwind segeln können – wenn er wehte. Selten hatte sich diese Windrichtung geändert, die es den Segelschiffen ermöglichte, platt vorm Laken stromauf zu segeln.

      Stromab jetzt aber gegen den Nordwind zu kreuzen, das wäre eine elende Schinderei geworden, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit, die Kreuzschläge über die ganze Nilbreite auszusegeln. Denn was an Backbord und an Steuerbord jenseits der Fahrwassermitte an Sandbänken und sonstigen Untiefen lauerte, das wußten sie nicht – und hatten auch keine Lust, es auszuprobieren.

      „Alte Tante auf Schleichfahrt“, hatte der Profos diese Art von Fortbewegung getauft.

      Das war mal wieder typisch Carberry, und Hasard hatte ihn höflich gefragt, ob er es lieber hätte, alle fünf Minuten eine Wende zu fahren, oder wie?

      Da war das narbige Gesicht mit dem Hauklotz von Kinn ziemlich lang geworden, und der Profos hatte sich den Nacken gekratzt. Die Vorstellung, tatsächlich hintereinanderweg die Rahen herumholen und Brassen sowie Schoten loswerfen und wieder dichtholen zu müssen, verursachte bei dem Narbenmann nun doch ein gelindes Gruseln. Nilabwärts zu kreuzen, das hätte wirklich bedeutet, pausenlos in Trab zu sein.

      Der wunde Punkt bei der Schleichfahrt war nur der, daß sich die Arwenacks bis auf den Rudergänger, die beiden Ausgucks im Vormars und Großmars und den Koch der totalen Faulenzerei hingeben konnten – ein Zustand, bei dem Carberry die Haare zu Berge standen.

      Mann, wie ihn das wurmte! Wo er hinschaute, lümmelten die Kerle am Schanzkleid und grinsten dämlich. Dabei war ihnen vor zwei Tagen weiß Gott das Grinsen vergangen, als Al Conroys Flaschenbomben mit dem Teufelszeug hintereinander explodiert waren und nicht viel gefehlt hatte, daß auch die Pulverkammer hochgegangen wäre. Wenn das passiert wäre, hätte jeder von ihnen stückchenweise die letzte Reise angetreten, in den Himmel oder in die Hölle.

      Und die Erlebnisse im Tal der Könige sowie der Überfall der Dorfbewohner auf die ankernde „Isabella“ waren ebenfalls nicht dazu angetan gewesen, bei der Crew Heiterkeit zu erzeugen.

      In letzter Zeit häuften sich die Merkwürdigkeiten. Aber die Kerle grinsten.

      Hasard kannte seinen Profos sehr genau, und darum hatte er gesagt: „Laß nur, Ed, sie freuen sich, daß es endlich dem Meer entgegengeht, wobei wir uns natürlich vorher noch den Kanal der Pharaonen anschauen werden.“

      So blieb es also bei der Schleichfahrt, was aber ungerecht klingt, denn die „Isabella“ mit ihrer gewaltigen Rumpfmasse wurde prächtig vom Vater Nil vorangeschoben, ganz besonders dort, wo sich das Strombett verengte. Die Segel waren sauber aufgetucht, die Galeone fuhr also vor Topp und Takel, was sie sonst nur bei schwerem Sturm tat. Nur konnte von Sturm hier keine Rede sein.

      Es war eben ungewohnt, so durch die Landschaft zu kutschieren. Keine Rahen knarrten, kein Wind pfiff durch Wanten und Pardunen, kein Tauwerk ächzte unter Preß, und eine Lage schob die alte Tante schon gar nicht.

      Für den Kutscher war das sehr angenehm, denn er brauchte in der Kombüse keine Balancierakte und Töpfeakrobatik aufzuführen, sondern konnte „auf ebenem Kiel“ hantieren und werken, nichts geriet ins Rutschen oder knallte überschwappend gegen die Schlingerleisten.

      Überhaupt der Kutscher!

      Für ihn war diese Nilreise ein Genuß höchster Qualität. Er bildete sich. Das hätte eine Quelle ständiger Frotzeleien seitens der Crew sein können, war’s aber nur bedingt, weil der Kutscher andererseits keine Möglichkeit ausließ, den Mägen der Arwenacks recht beachtliche Dinge anzubieten. Was das betraf, litten sie wahrhaftig keinen Mangel. In jedem Kaff auf beiden Seiten des Nils konnte der Kutscher in Hülle und Fülle einkaufen. Und was der Kutscher dann daraus zauberte, daran war nun wirklich nichts mehr zu meckern. Und, wie gesagt, sein Kombüsenherd blieb auf ebenem Kiel. Das war mal eine feine Flußfahrt.

      Es ging auf den Mittag zu, jene Zeit, in der die Luft zu kochen schien. Darum auch stand das Schott zur Kombüse sperrangelweit offen und entließ Bratendüfte. Die wehte der Fahrtwind über die Kuhl und nach achtern.

      Old O’Flynn schnupperte und kriegte verklärte Augen.

      Gänsebraten!

      Nach Hammel und Lamm und Brathähnchen war nun jenes Federvieh dran, das man auch in Cornwall zu schätzen wußte. Der Kutscher hatte im letzten Fellachendorf gleich eine Flottille von Gänsen gekauft, sie am Vortag geschlachtet und gerupft. Die Flottille hatte aus sechs Gänsen bestanden, was bedeutete, daß je vier Mann so eine gebratene Schnattertante verputzen konnten.

      Old O’Flynn erinnerte sich – etwas wehmütig –, an die paar Male, an denen Bernice O’Flynn, seine Frau, Gänsebraten auf den Tisch gebracht hatte – eine Gans für zehn hungrige Mäuler, für sieben Söhne, eine Tochter, für Bernice selbst und für ihn.

      Bernice – kurz nach der Geburt des Jüngsten, Donegal Daniel O’Flynn, genannt Dan, war sie im Kindbettfieber gestorben, und alles war anders geworden. Jetzt ruhte sie auf dem kleinen Friedhof von Falmouth unterhalb der Feste Arwenack, wo die verdammten Killigrews hausten.

      Fast zärtlich schaute der Alte zu Dan hinüber, der mit einer Karte in der Hand beim Ruderhaus lehnte und mit seinen scharfen Augen die Flußufer an Backbord und Steuerbord abtastete und mit der Karte immer wieder verglich.

      Dan war ihm geblieben – schlank, gerade gewachsen, helläugig, hellhaarig, zäh, hart und durchaus in der Lage, ein Schiff als Kapitän zu führen. Unheimlich viel hatte das „Bürschchen“ dazugelernt seit der Zeit, als er fünfzehnjährig aus Falmouth ausgekniffen war, um nicht Sargtischler werden zu müssen.

      Nie würde Old Donegal nach außen hin zugeben, wie stolz er auf Dan war. Dieser Junge war unbeirrbar seinen Weg gegangen – zusammen mit Philip Hasard Killigrew, seinem späteren Schwager.

      Ja, auch Gwendolyn Bernice O’Flynn, spätere Killigrew, lebte


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