Seewölfe - Piraten der Weltmeere 265. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 265 - Fred McMason


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-661-0

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

      1.

      Am Morgen des 9. Juni 1592 stand die englische Handelskaravelle „Arethusa“ nördlich der Großen Syrte.

      Ihr Kapitän, Archibald Cribbs, segelte Ostkurs bei halbem Wind. Die Karavelle befand sich auf der Reise nach Beirut, um dort Seide und Baumwolle einzukaufen.

      An diesem Morgen war an Bord alles wohlauf, wie Archibald Cribbs zu seiner Zufriedenheit feststellte. Eigentlich war die ganze Reise sehr gut verlaufen, fand er. Es hatte keine Schwierigkeiten gegeben, und es sah auch nicht so aus, als würde es welche geben. Weshalb auch!

      Cribbs war ein frommer, etwas naiver Mann. Er hatte für die Reise Gottes Segen erfleht, und der war ihm auch nicht versagt geblieben. Er hatte guten Wind, die See war ziemlich ruhig, der Himmel von fast seidiger Bläue, die Mannschaft vollgestopft mit Bibelsprüchen von gestern abend, und die hatten sie an diesem Morgen ganz bestimmt noch nicht vergessen, so dachte er jedenfalls.

      Die Mannschaft war es auch zufrieden, das ließ sich nicht abstreiten, aber Cribbs fromme Sprüche hingen ihnen allen seit London zum Hals heraus, und wäre Cribbs nicht so ein guter Seemann gewesen, hätten die Kerle längst alle ihre Plünnen genommen und wären über Stag gegangen.

      So aber sonnte sich Archibald Cribbs in dem Bewußtsein, daß seine frommen Sprüche und seine absolute Friedfertigkeit in allen Dingen immer auf absolut fruchtbaren Boden fielen und dort wie frische Saat aufgingen. Und diese fromme Saat trug Früchte, das hatte die Reise bewiesen. Kein lausiger Pirat war aufgetaucht und hatte sie angegriffen. Keine Culverine hatte sich ihnen drohend entgegengereckt, kein Mensch hatte sie behelligt.

      Piraten – Schnapphähne zur See? No, Sir, da lächelte Cribbs nur und predigte Friedfertigkeit, und kein Kerl hätte sich erfrecht, diese Friedfertigkeit und den Glauben an das Gute durch ein paar Böllerschüsse zu zerstören.

      Das Leben ist beschaulich, dachte Cribbs, als er auf dem Achterdeck der Karavelle stand und seine Schäfchen wohlwollend musterte. Hart, aber trotzdem beschaulich, und auf seine Männer, vierzehn an der Zahl, hatte diese Friedfertigkeit abgefärbt. Sie waren sozusagen eine friedfertige Schar frommer Pilger auf dem Weg nach Beirut.

      Dieser Illusion hatte Cribbs sich seit London hingegeben, und er glaubte auch jetzt noch ganz fest daran, daß keiner heimlich soff oder nur an Land ging, um dort der Hurerei und Völlerei zu huldigen.

      Sie saßen friedlich auf der Kuhlgräting oder hockten einfach auf den Planken, um ihr karges Frühstück zu verzehren, karg deshalb, damit keine Völlerei aufkam, und die Kerle sich dicke Wänste anfraßen.

      Zeit, hinunterzugehen, um sie einmal davon abzuhalten, auch bei einem kargen Mahl nicht soviel zu fressen – schließlich kostete ja auch harter Schiffszwieback Geld – und ihnen gleichzeitig ein wenig frommen Wind um die Ohren wehen zu lassen.

      Cribbs verließ fröhlich und guter Dinge das Achterdeck, enterte den Niedergang ab und begab sich durch die Kuhl zu seinen Männern. Die Bibel trug er dabei unter dem Arm, sein Blick war wohlwollend und friedfertig auf die Mannschaft gerichtet.

      Zum Glück hörte er nicht, was der blonde blauäugige Roger gerade noch schnell sagte. Aber zum Glück war Master Cribbs auch ein klein wenig schwerhörig, und das wußten die Kerle alle.

      „O Lord! Jetzt stopft der alte Geizhals uns wieder mit Sprüchen voll, statt die Rationen zu erhöhen.“

      Die Männer grinsten scheinbar erwartungsvoll, so jedenfalls interpretierte Cribbs das. Sie waren schon ganz begierig auf seine Worte, doch die Kerle hatten etwas ganz anderes im Sinn. Während Cribbs nämlich predigte, brauchte an Bord nicht gearbeitet zu werden, und sie verstanden es schlitzohrig, ihm geduldig zuzuhören. Sie stellten ihm mitunter so viele Fragen, daß es Cribbs richtig rührte, manchmal bis zum Mittagessen, und dann war der halbe Tag wieder einmal gelaufen.

      „Nach einem kräftigen Essen“, sagte er freundlich – er ging davon aus, daß knochenharter Schiffszwieback äußerst kräftig und bekömmlich sei –, „ist das Ohr viel aufnahmebereiter für Gottes Wort. Und nun hört mir gut zu, ich werde euch etwas vorlesen und dann Fragen stellen, und ihr werdet euren Grips zusammennehmen und sie beantworten. Aber gebt nicht immer so dumme und einfältige Antworten wie gestern. Denn so jemand unter euch Weisheit mangelt, der bitte Gott, der da gibt einfältig jedermann und rücket’s niemand auf, so wird sie ihm gegeben werden.“

      Er blickte auf und sah in ernste Gesichter. Nur in vereinzelten zuckte es, aber das waren die Kerle, die immer vorgaben, unter Zahnschmerzen zu leiden, eine Krankheit, die auf der „Arethusa“ verbreitet war, und gegen die auch der Feldscher nichts ausrichten konnte, weil er selbst daran litt.

      „Habt ihr das verstanden?“ fragte er ruhig. „Ich meine, wißt ihr, was damit ausgedrückt werden soll?“

      „Ja, Sir, aye, aye!“ brüllte ein ganzer Chor.

      „Nun dann, es scheint, der Herr gibt euch bereits die Weisheit, um alles zu verstehen. Seht, die Sonne geht auf mit der Hitze, und das Gras verwelkt, und seine Blume fällt ab, und seine schöne Gestalt verdirbt. Also wird der Reiche in seinen Wegen verwelken.“

      „Aber die Sonne ist doch schon aufgegangen, Sir, und es ist weit und breit kein Gras zu sehen“, sagte Roger verwundert.

      „Oh, du Dummkopf“, sagte Cribbs voller Inbrunst, „das ist doch nur ein Vergleich aus dem Brief des Jakobus. Du sollst doch nicht immer zweifeln, denn ein Zweifler ist unbeständig in allen seinen Wegen, so steht hier geschrieben. Ein Bruder aber, der niedrig ist, rühme sich seiner Höhe, und der da reich ist, rühme sich seiner Niedrigkeit, denn wie eine Blume des Grases wird er vergehen.“

      Cribbs schielte über die Bibel und sah die Männer an. Deutlich war zu erkennen, daß es in deren Köpfen rauchte und sie krampfhaft überlegten, so krampfhaft, daß es um die Mundwinkel heftig zuckte.

      „Wie ist das zu verstehen, Roger?“ fragte er den breitschultrigen blonden Roger mit den blauen Augen.

      „Ja, Sir, sagen wir mal, das mit der Größe bezieht sich auf die Zwerge, damit sie sich nicht immer schämen müssen. Wenn einer also nur ein Yard groß ist, dann kann er ruhig behaupten, zwei oder drei Yard groß zu sein, und kann sich deshalb noch rühmen. Und wenn einer ein Schiff hat und reich ist, so wie Sie, Sir, dann kann er ruhig sagen, er habe keinen lausigen Copper mehr auf der Naht, und deshalb könne er auch die Verpflegung nicht so hoch ansetzen. Oder ist das nicht richtig, Sir?“

      „Roger, Roger“, jammerte Cribbs, der gar nicht merkte, wie sie ihn wegen seines Geizes ständig verschaukelten. „Es ist ein Kreuz mit dir. Du legst grundsätzlich alles falsch aus, dabei bist du doch intelligent. Geht das denn nicht in deinen verdammten Schädel hinein?“


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