Is Justified True Belief Knowledge? / Ist gerechtfertigte, wahre Überzeugung Wissen?. Edmund L. Gettier
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[28]Sosa, Ernest: Knowledge in Perspective. Cambridge 1991.
– Postscript to ›Proper Functionalism and Virtue Epistemology‹. In: Jonathan L. Kvanvig (Hrsg.): Warrant in Contemporary Epistemology. Lanham (MD) 1996. S. 271–280.
– How to Defeat Opposition to Moore. In: Philosophical Perspectives 13 (1999) S. 141–153. [Sosa vergleicht hier Sensitivitäts- und Sicherheitsbedingung und führt aus, warum Letztere seiner Auffassung nach zu bevorzugen ist. Ein Hauptaugenmerk seiner Argumentation gilt dabei den unterschiedlichen Antworten, die wissensnachspürende und sicherheitsbasierte Analysen für skeptische Herausforderungen bereithalten.]
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Sutton, Jonathan: Without Justification. Cambridge (MA) 2007.
Tolksdorf, Stefan: Fallibilismus und wahrheitsgarantierende Gründe. Wie der erkenntnistheoretische Disjunktivismus auf die Gettier-Herausforderung reagiert. In: Ernst/Marani 2013. S. 199–221.
Turri, John: Manifest Failure: The Gettier Problem Solved. In: Philosophers’ Imprint 11 (2011) Nr. 8. S. 1–11.
– A Conspicuous Art: Putting Gettier to the Test. In: Philosophers’ Imprint 13 (2013) Nr. 10. S. 1–16.
Unger, Peter: An Analysis of Factual Knowledge. In: The Journal of Philosophy 65 (1968) Nr. 8. S. 157–170.
Weatherson, Brian: What Good Are Counterexamples? In: Philosophical Studies 115 (2003) Nr. 1. S. 1–31.
Weinberg, Jonathan / Nichols, Shaun / Stich, Stephen: Normativity and Epistemic Intuitions. In: Philosophical Topics 29 (2001) Nr. 1–2. S. 429–460.
[29]Williamson, Timothy: Knowledge and Its Limits. Oxford 2000. [Die wohl wichtigste erkenntnistheoretische Monographie der letzten Jahrzehnte. Williamson vertritt darin den Standpunkt, der Wissensbegriff sei zu fundamental, als dass er sich definieren ließe, und begründet dies, indem er neue Lösungen zu zentralen erkenntnistheoretischen Fragen vorschlägt, die sich nur mithilfe seiner Wissen-zuerst-Theorie gewinnen lassen.]
– The Philosophy of Philosophy. Oxford 2007.
Wittgenstein, Ludwig: Philosophische Untersuchungen. In: L. W.: Tractatus logico-philosophicus. Werkausg. Bd. 1. Frankfurt a. M. 1984.
Zagzebski, Linda: The Inescapability of Gettier Problems. In: The Philosophical Quarterly 44 (1994) Nr. 174. S. 65–73. [Hier stellt Zagzebski ihre Analyse des doppelten Zufalls als Charakteristikum von GettierfällenGettierfälle vor, die inzwischen in der Erkenntnistheorie recht prominent geworden ist. Sie argumentiert weiterhin dafür, dass jegliche Ausbuchstabierung einer XWÜ-Analyse, in der X die Wahrheit der Überzeugung nicht garantiert, an Gettierfällen scheitern muss.]
– Virtues of the Mind. Cambridge 1996.
[30]Nachwort
Die Geschichte ist beinahe zu schön: Edmund Gettier, geboren 1927 in Baltimore, führte zu Beginn der 1960er Jahre ein beschauliches Leben als Philosophiedozent an einer eher weniger bedeutenden amerikanischen Universität,7 als die Frage nach einer Entfristung seines Vertrages aufkam. Wohlmeinende Kollegen deuteten an, es würde seiner Sache förderlich sein, wenn er etwas veröffentlichte. Gettier, der bislang keine Publikationen vorzuweisen hatte, schrieb daraufhin einen Dreiseitenaufsatz, der sich mit der damals weithin akzeptierten Position, Wissen sei gerechtfertigte, wahre Überzeugung, auseinandersetzte und diese auf der Basis zweier neuartiger Gegenbeispiele zu widerlegen suchte. Der Aufsatz wurde von Analysis, damals wie heute eine der führenden Philosophiezeitschriften, gedruckt – und obwohl Gettier außerhalb seines Instituts ein vollkommen Unbekannter war und über keine nennenswerte Reputation verfügte, gaben nahezu alle Erkenntnistheoretiker ihm umgehend recht und die damalige Standardtheorie des Wissens auf. Seither sprechen wir, wenn es um die Natur von Wissen geht, ganz selbstverständlich von GettierfällenGettierfälle und dem GettierproblemGettierproblem, und längst ist es eine philosophische Binsenweisheit, dass Wissen nicht gerechtfertigte, wahre Überzeugung ist. Gettier selbst bekam derweil seine Entfristung und damit seinen festen Arbeitsplatz und veröffentlichte anschließend nie mehr etwas.
[31]Die Geschichte ist beinahe zu schön, um falsch zu sein – und tatsächlich stimmt sie bis auf wenige Details.8 Nicht ganz richtig ist etwa, dass Gettier nach seinem Dreiseitenaufsatz nie mehr etwas veröffentlichte; es gibt außerdem eine Buchbesprechung9 von dreieinhalb Seiten und manchen Quellen zufolge10 darüber hinaus noch einen von Hector-Neri Castañeda ins Spanische übertragenen und nur in dieser Sprache publizierten Text. Wie dem auch sei: Gettier dürfte der einzige namhafte Philosoph unserer Zeit sein, dessen komplettes Œuvre man (entsprechende Sprachkenntnisse vorausgesetzt) in einer guten halben Stunde durcharbeiten kann.
Ein anderes unrichtiges Detail betrifft den Stellenwert der von Gettier angegriffenen Position, Wissen sei gerechtfertigte, wahre Überzeugung (wir werden diese Position von jetzt an GWÜ-Analyse nennen). Schon der erste Satz in Gettiers Text deutet an, dass diese Theorie keineswegs mehr oder weniger philosophisches Allgemeingut gewesen sein kann: Wenn Gettier von einer ganzen Reihe damals unternommener Versuche berichtet, notwendigeBedingung, notwendigeund hinreichende BedingungenBedingung, notwendige und hinreichendeBedingung, hinreichende für Wissen zu finden, [32]dann doch wohl deshalb, weil es eben keine allgemein akzeptierte Wissensdefinition gab. Und die beiden Philosophen, auf die er sich (von einem eher zögerlichen Verweis auf Platon abgesehen) tatsächlich beruft, Roderick Chisholm und Alfred J. Ayer, entwickeln und begründen ihre Varianten der GWÜ-Analyse in ihren jeweiligen Texten sorgfältig, statt sich einfach damit zu begnügen, diese Theorie bloß zu erwähnen, wie man es mit etwas allgemein Bekanntem täte, an das man den Leser freundlicherweise kurz erinnert. Mit anderen Worten: Auch wenn viele Erkenntnistheoretiker zu jener Zeit unter Wissen vage etwas Ähnliches verstanden haben dürften wie das, was Gettier angreift, gab es doch nicht die eine ausgearbeitete und allgemein akzeptierte Standardtheorie.
Im vorliegenden Text werden wir uns zunächst eng an Gettiers Aufsatz orientieren und dabei zuerst die GWÜ-Analyse und dann Gegenbeispiele dazu – sowohl Gettiers eigene als auch solche mit vergleichbarer Struktur – untersuchen (Abschnitte 1 und 2; in Abschnitt 2 wird uns dabei noch ein drittes unrichtiges Detail der obigen Geschichte begegnen).
Im Anschluss werden wir Positionen vorstellen, denen zufolge wir durch die Art und Weise, wie Gettier seine Überlegungen präsentiert, auf ein falsches Gleis gesetzt werden