Die Versuchung des Elias Holl. Axel Gora

Die Versuchung des Elias Holl - Axel Gora


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      Axel Gora

       Die Versuchung des Eliαs Holl

      Historischer Roman

      Zum Buch

      PASSIONEN Augsburg 1614. Der Baumeister Elias Holl erhält den Auftrag seines Lebens – er soll ein neues, epochales Rathaus entwerfen. Der Zenit seiner Karriere, endlich wird er als kreativer Künstler anerkannt werden und nicht nur als besserer Maurermeister. Sein Rivale ist der Architekt Matthias Kager, der ebenfalls um den Zuschlag für den Neubau des Augsburger Rathauses kämpft. Kager, anfangs noch ein guter Freund und Kollege, wird zum Konkurrenten, wobei er Unterstützung vom Kaufmann und Auftraggeber Anton Garb erhält. Doch Gefahr droht nicht nur durch die Intrigen seines Widersachers. Auch die Liebe zu der blutjungen Lia scheint ihm zum Verhängnis zu werden, da er zum einen mit Rosina verheiratet ist und mit ihr mehrere Kinder hat, zum anderen birgt Lias Vergangenheit ein schreckliches Geheimnis. Immer tiefer gerät Elias in einen Strudel aus Leidenschaft, Angst und Lüge …

      Axel Gora, geboren 1963 in Bad Waldsee, Kreis Ravensburg, lebt und arbeitet heute in Augsburg. Seit seinem zehnten Lebensjahr betreibt er aktiv Budo, seit seinem 16. Lebensjahr Zen. Nach Abi und Lehre war er drei Jahre als Fremdgeschriebener Zimmergeselle auf der traditionellen Walz in Frankreich, Spanien, Portugal, USA, Mexiko und Indien. Seit 1989 betreibt der Budomeister und Dipl.-Fachsportlehrer in Augsburg eine Fachschule für japanische Kampfkünste. »Die Versuchung des Elias Holl« ist nach »Das Duell der Astronomen« sein zweiter historischer Roman im Gmeiner-Verlag.

      Impressum

      Editorischer Hinweis

      Der unterschiedliche Grauwert der Typografie bei Titelei (Elias) und ausgesuchten Passagen ist kein drucktechnischer Fehler, sondern Absicht, die sich dem geneigten Leser im Zuge des Romans erschließt.

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: René Stein

      Herstellung: Julia Franze

      E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart,

      unter Verwendung des Bildes » Maria van Bourgondië« von

      Michael Pacher; http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Maria_van_Bourgondië_(Michael_Pacher_attr.)(c.1490).JPG sowie http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Merian_Sueviae_027.jpg

      ISBN 978-3-8392-3880-6

      Widmung

      Meinen Geschwistern

      Harro, Anke und in Memoriam Kristine

      Zitat

      Come puoi trovare te stesso in un mondo di perduti?

      *

      Perché è così difficile spogliarsi della corazza

      e toccare il cuore dell’ altro con il proprio?

      Wie kannst du dich selbst finden

      in einer Welt der Verlorenen?

      *

      Warum ist es so schwer

      seine Rüstung abzustreifen

      und das Herz des andern

      mit seinem Herzen zu berühren?

      Lia Angelosanto, 1601 – ?

      α

      Die Schwingen nachtblau und gespreizt wie die Fächer der venezianischen Hofdamen, schwebte der Rabe auf die Piazza hinab und machte einer Katze, das Fell staubgrau und struppig, einen Kanten trocken Brot streitig.

      Das Mädchen, der Haarzopf lang, dick und schwarz wie der Arm eines Mohren, beobachtete das Schauspiel, eilte heran und brach den Kanten entzwei.

      Einmütig fraßen Rabe und Katze ihre zugeteilten Stücke.

      Das Mädchen hatte zwei neue Freunde gewonnen.

Freie Reichsstadt Augsburg, 1. März 1614

      1

      Schneeflocken. Tag für Tag. Woche für Woche. Aber­millionen und überall. Vom Wind gepeitscht taumeln sie durch die Luft und wehen in Gesicht und Nacken, trotz hochgeschlagenem Kragen, die Mütze tief in der Stirn. Sie legen sich auf unsere Köpfe und Schultern und setzen sich auf die Werkzeugkisten, die Mauersteine und den Sand in den Kübeln.

      Ich stand oben auf dem Baugerüst, rieb mir die Hände und sah über den Perlachplatz hinweg mit wachsendem Groll – die feinen Herren ließen auf sich warten. Vermutlich saßen sie noch gegenüber in der Herrentrinkstube am warmen Ofen, während meinen Gesellen der Rotz in den Bärten klebte und sie mit blauen Fingern die Kelle führten. Einige fluchten darüber, die meisten aber schwiegen – manche aus Entkräftung, andere aus Einsicht: Warum klagen über den Maurerberuf? Besser nur Frostbeulen davonzutragen, aber dafür in Arbeit und Brot zu stehen, statt aus dunklen Häuserecken als Eisleiche fortgekarrt zu werden oder dem Tod im Kampf gegen den Hunger zu begegnen – fromme Menschen finden anders ihr seliges Ende.

      Zur Baustelle hingewandt, rief ich den Gesellen zu: »Wer von Euch den Mörtel schneller vermauert, als ihn Hieronymus herschaffen kann, darf sich solange am Speisfeuer aufwärmen, bis der nächste Kübel antanzt!« Ein Kniff zum Antreiben, den ich aus Lehrzeiten bei meinem Vater übernommen hatte. So zogen die Behänden schneller die Lagen hoch und standen öfter am Feuer, die ausgestreckten Arme gegen die Flammen, während die Behäbigeren bis zur Mittagspause durchzumauern hatten. Und Hieronymus Thoman, der Lehrling, musste sich ins Zeug legen, um für alle Gesellen Mörtel und Steine herzuschaffen.

      Den Fischgatter Hans, meinen Polier, hatte ich angewiesen, den Männern dreimal am Tag Weinbrand auszuteilen. Jeweils zwei Schlucke für jeden, nicht mehr. Zum einen war der Tropfen, den ich aus eigener Tasche zahlte, teuer, zum anderen konnte ihr Augenmaß darunter leiden – Remboldt läse mir die Leviten für schief gemauerte Wände; dafür wäre ich es dann, der den Gesellen darüber den Buckel mäße. Zum dritten war ich gezwungen, der Grobschlächtigkeit entgegenzutreten, die unter den Arbeitern herrschte und nicht nur Billigung erfuhr: Ich war mitsamt dem Stadtzimmermeister, dem Lechmeister und dem städtischen Brunnenmeister zum Rat vorgeladen worden und mit Strafe belegt, weil auf unseren Baustellen gegen das ›Verbot des Schwörens und Fluchens‹ verstoßen worden war. Wir hatten ein Gesuch um Nachlass der Strafe aufgesetzt, indem wir dem Rat schilderten, dass es bei der stattlichen Zahl von fünfhundertfünfzig Arbeitern auf Augsburgs Baustellen unmöglich anginge, kein einziges derbes Wort zu hören. Es handele sich – das sei zu bedenken – meist um grobe Arbeiten, die nur von ebensolchen Mannsleuten zu bewerkstelligen seien. Deren Sprache sei naturgemäß derb, was man wissen und akzeptieren müsse. Das Gesuch war verdammt noch mal abgelehnt worden von diesen verfluchten Hurensöhnen …


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