Seewölfe - Piraten der Weltmeere 42. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 42 - Roy Palmer


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Frau besorgt auf das Quarterdeck zurückgebracht. Schützend legte er ihr den Arm um die Schultern. „Du darfst dich nicht überanstrengen oder aufregen, Gwen. Denk daran, daß du jetzt nicht mehr allein bist.“

      „Aber natürlich. Ich wollte nur an deiner Seite sein, weil ich es unter Deck einfach nicht mehr ausgehalten habe.“ Ihre grünen Augen richteten sich auf sein Gesicht. „Kannst du das nicht verstehen? Außerdem, ich bin doch nicht aus Zucker.“

      Hasard lächelte. „Der Kutscher sagt, schwangere Frauen werden leicht eigensinnig und wunderlich, und er muß es ja wissen. Geh bitte wieder in deine Kammer, bevor dich eine Bö oder ein Brecher von Deck fegt. Lieber zanke ich mich mit dir, als daß ich riskiere, dich aus der See fischen zu müssen.“

      Gwen schmollte ein bißchen. Aber den ersten Ehekrach wollte sie auch nicht vom Zaun brechen. Sie zog sich zum Steuerbordschott des Achterkastells zurück. Sie hatte den Niedergang erreicht, als ein grollender Laut auf die „Isabella V.“ zuwehte. Gleich darauf erfolgte ein zweites, ähnliches Geräusch, unterschwellig, drohend, unheimlich.

      Gwen verharrte und drehte sich um. Sie sah Hasard, wie er am Großmast stehenblieb und etwas zu Dan hinaufschrie. Gwens jüngerer Bruder hockte auf seinem schwankenden Posten und hielt die Augen offen, aber er konnte nur zurückrufen: „Nichts zu sehen, Sir! Zu starke Regenböen!“

      „Aus welcher Richtung kommen die Geräusche?“ wollte der Seewolf wissen.

      „Nordosten!“

      Hasard wandte sich an Ben Brighton und Ferris Tucker. „Das ist eindeutig Kanonendonner. Da, jetzt hat es wieder gekracht! Wir haben zwei Möglichkeiten.“

      „Wir können auf Westkurs gehen, gegen den Wind kreuzen und uns verholen, ohne, uns den Teufel um das Gefecht zu kümmern“, entgegnete Ferris. „Was schert uns die Sache eigentlich?“

      Hasard musterte ihn, und es tanzten wieder einmal tausend Teufel in seinen eisblauen Augen. „Vielleicht mehr, als du ahnst. Die Welt ist voller Überraschungen. Wer sagt uns, daß wir nicht doch noch so ganz nebenbei bei den Spaniern abstauben können? Ben, wir nehmen Kurs nach Nordost und laufen direkt auf den Kampflärm zu.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Philip Hasard Killigrew konnte nicht wissen, wie unglückselig die Folgen ausfallen würden, die sich aus diesem Befehl ergaben. Hätte er auch nur ansatzweise etwas von dem Verhängnis gewittert, hätte er sich – bei allem Draufgängertum – doch lieber heimlich und leise verzogen.

      Eine halbe Stunde später war es soweit. Die „Isabella“ rauschte unter Vollzeug nach Nordosten. Hasard holte jetzt aus ihr heraus, was in ihr steckte. Dan O’Flynns adlerscharfe Augen ließen ihn auch diesmal nicht im Stich.

      Bevor die Männer auf Deck durch den Sprühnebel etwas erkennen konnten, beugte sich der Junge über die Segeltuchverkleidung des Hauptmarses und rief: „Deck! Sechs Schiffe voraus! Es sind zwei Karavellen und drei Galeeren im Gefecht mit einer Galeone!“

      „Profos!“ Hasards Stimme donnerte über Deck.

      „Sir?“

      „Schiff klar zum Gefecht!“

      „Aye, aye, Sir.“ Carberry brüllte los, und die Männer zeigten, was in ihnen steckte. Der ewige Drill, die unerbittliche Disziplin und das oft geübte Rollenexerzieren trugen wieder einmal ihre Früchte. Jeder wußte auch so, was er zu tun hatte. Sogar die „Neuen“, die sie aus dem Kerker von Santo Domingo befreit hatten, hatten sich in unverzüglicher Weise in die Mannschaft integriert und leisteten ihr Teil.

      Während ein Drittel der Crew weiterhin mit den Segelmanövern beschäftigt war, raste das Gros auf die Gefechtsstationen und besetzte sie. Füße trommelten ihren Rhythmus auf den Decksplanken. Jemand fluchte, jemand rutschte aus und fiel hin. Die Stückpforten wurden geöffnet. Das einsetzende Rumpeln der Kanonen, die, nachdem die Laschungen gelöst worden waren, auf ihren Hartholzrädern ausgefahren wurden, war Musik in den Ohren der Männer.

      Der Kutscher hatte die Holzkohlefeuer in der Kombüse mit Wasser gelöscht. Jetzt flitzte auch er über Deck, das heißt, es war mehr ein Schlittern, denn die „Isabella“ rollte und stampfte in der aufgewühlten See. Das erschwerte sämtliche Vorbereitungen, selbst das Ausstreuen von Sand auf den Decks und das Hochholen von Seewasser in Holzkübeln. Als der Kutscher die Kübel endlich gefüllt hatte und zum Befeuchten der Wischer bereitstellte, kippten sie wieder um.

      „Hol’s der Henker“, schimpfte er.

      „Hört euch das an!“ rief Al Conroy. „Der Kutscher flucht.“

      „Ich kann auch noch ganz anders“, sagte der Kutscher.

      Al Conroy war für einen Augenblick unachtsam gewesen. Das hatte jetzt seine Folgen. Seal Kildare, einer der Männer aus Falmouth, assistierte Al an einem der 17-Pfünder der Backbordseite. Dieser Seal war Handwerker von Beruf und ganz gewiß ein zuverlässiger Mann. Er drückte sich nicht, wo es zuzupacken galt, pfiff auf die mannigfachen Gefahren, die das Leben an Bord eines Schiffes mit sich brachte, und im übrigen wuchsen ihm allmählich „Seebeine“. Aber es gehörte mehr Erfahrung dazu, einen bockigen 17-Pfünder im Zaum zu halten.

      Die Zugtalje hielt die Kanone noch bis zum Ende des Ladevorganges. Aber jetzt holte die „Isabella“ nach Steuerbord über. Seal Kildare hatte die Taljen, mit denen das Geschütz in Feuerstellung gebracht wurde, noch nicht befestigt. Das Rohr zuckte aus dem Lukensüll zurück – die Kanone rollte auf Seal zu!

      „Verdammt“, brüllte Gary Andrews am Nachbargeschütz.

      Al Conroy fuhr herum. Und dann hatte er alle Hände voll zu tun, die Kanone zusammen mit Seal im Zaum zu halten. Sie wollte sich selbständig machen, um jeden Preis. Al und Seal stemmten sich dagegen. Sie keuchten und schwitzten, boten ihre gesamte Kraft auf und schafften es tatsächlich, das schwere Ding aufzuhalten.

      Die Kanone wäre sonst wie ein Geschoß quer über die Kuhl gerast. Sie hätte zweifellos die Zugtalje aus der Halterung gefetzt, wäre dann nach Steuerbord gerumpelt und durch das Schanzkleid gebrochen. Al, Gary, der Kutscher und all die anderen, die von Anfang an mit dem Seewolf gefahren waren, hatten ähnliche Szenen schon auf anderen Schiffen beobachtet: Kanonen hatten Männer überrollt und zermalmt und heilloses Durcheinander an Deck gestiftet. Mit Kanonen war nicht zu spaßen. Man hatte auch schon erlebt, daß sie an den Schildzapfen aus ihren Lafetten brachen. Al dachte an all das, und die Angst stand plötzlich in seinem Gesicht.

      Gary, der Kutscher und Buck Buchanan sprangen heran und unterstützten die beiden in Bedrängnis geratenen Männer. Noch bevor die „Isabella“ wieder zur anderen Seite krängte, schoben sie den 17-Pfünder soweit in die Luke zurück, daß die vorderen Taljen ebenfalls befestigt werden konnten.

      Das Schiff holte nach Backbord über. Gemächlich rumpelte die Kanone wieder nach vorn und steckte ihr Rohr durch die Stückpforte nach draußen.

      „Verfluchtes Aas“, wetterte Al Conroy. „Und das muß ausgerechnet mir passieren!“

      Der Profos stand breitbeinig hinter ihm. Er gleich geschickt die schlingernden Schiffsbewegungen aus und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Ja, dir als Waffenexperten hätte so was wirklich nicht unterlaufen dürfen. Himmel, Arsch, bist du denn von allen guten Geistern verlassen, was, wie? Du Rübenschwein, muß ich dir so kurz vor England noch die Haut vom Hintern ziehen?“

      Al ließ das Donnerwetter ohne Widerworte über sich ergehen. Seal Kildare wollte einen Einwand erheben, weil er doch eigentlich die Schuld an dem Ganzen trug. Aber Al winkte ab. Er sah ja ein, daß er besser aufpassen hätte müssen. Außerdem, wer Ed Carberry kannte, der ließ ihn toben.

      Vierundzwanzig Culverinen, also 17-Pfünder, hatte die „Isabella V.“ zwölf auf der Backbord-, zwölf auf der Steuerbordseite der Kuhl. Dazu kamen vier Drehbassen auf der Back und sechs, Drehbassen auf dem Achterkastell, insgesamt also vierunddreißig Stück.

      Während die Ladearbeiten an allen Geschützen abgeschlossen wurden, glitt die „Isabella“ auf die sechs fremden Schiffe zu. Immer lauter drang das Dröhnen der Kanonen herüber. Bald


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