Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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Schlag auf den Kopf. Die Streitaxt entfiel ihrer Hand, sie sank in den Sand zurück und ihre Glieder streckten sich.

      So sah sie nicht mehr, daß ihre Schlangenkriegerinnen, einen Moment lang in dem Glauben, sie sei tot, erschlagen, wie erstarrt stehenblieben, sich dann aber mit wildem Geheul einen Weg durch die Piraten zu ihrer Anführerin und Hohepriesterin zu bahnen versuchten.

      Das benutzten die Piraten. Erneut fielen sie über das zusammengeschrumpfte Häuflein der Schlangenkriegerinnen her, und diesmal hatten sie keine Chance mehr.

      Tatona wurde von Caligula überwältigt, auf jede der anderen stürzten sich drei bis vier Piraten. Damit war der Kampf entschieden. Die Schlangenkriegerinnen wurden gebunden und dann in den Sand geworfen.

      Die Black Queen hatte sich erhoben. Blut lief ihr aus drei Wunden über den Körper. Sie starrte ihre Gegnerin an, die Caligula in diesem Moment ebenfalls fesseln ließ. Dann bückte sie sich und untersuchte den Schädel Arkanas. Anschließend richtete sie sich wieder auf, und ihre Augen starrten die Piraten wütend an.

      „Wer war das?“ fragte sie mit vor Zorn heiserer Stimme. „Wer hat diese Araukanerin heimtückisch und von hinten niedergeschlagen?“ fragte sie.

      Einer der Männer wich zurück, angstvoll starrte er seine Anführerin an.

      „Black Queen, ich … ich wollte doch nur … ich …“

      Das war das letzte, was er in seinem Leben über die Lippen brachte.

      Blitzschnell hatte sich die herkulische Schwarze gebückt, ihr Entermesser aus dem Sand emporgerissen und es ihm in die Brust gestoßen.

      Dann starrte sie auf den am Boden Liegenden.

      „So ergeht es jedem“, sagte sie drohend, „der sich ohne meine Erlaubnis in einen Kampf einmischt, den ich mit einem Gegner austrage. Glaubt ihr vielleicht, sie hätte mich besiegen können? Aber jetzt wird sie das glauben! Niemand besiegt die Black Queen, niemand!“ brüllte sie die Männer an, die nun allesamt vor ihr zurückwichen. „Und wenn auch nur einer von euch der Meinung ist, stärker zu sein als ich, die Black Queen, die künftige Beherrscherin der Karibik, dann soll er vortreten, und ich schicke ihn augenblicklich zur Hölle!“

      Caligula, der einzige, der nicht vor ihr zurückgewichen war, sah die Black Queen aus schmalen Augen an. Er wußte genau, was in ihr vorging, denn er kannte sie besser als jeder andere der Männer. Zum erstenmal war die Black Queen an eine Gegnerin geraten, die ihr nicht nur gewachsen, sondern die ihr möglicherweise sogar überlegen war. Das irritierte sie und machte sie wütend. Sie fürchtete jetzt, den Respekt bei den Männern zu verlieren. Die Black Queen war klug genug, um zu wissen, daß die erste Schwäche, die sie zeigte, ihr leicht zum Verhängnis werden konnte. Nein, sie konnte sich weder eine Niederlage noch eine Schwäche leisten, darauf lauerten einige dieser Halsabschneider schon lange. Aber er, Caligula, würde auf diese Kerle ein Auge haben, denn die Black Queen war seine Geliebte, auch wenn er sich ihr bedingungslos unterordnete. Und mehr noch – sie war eine Frau nach seinem Herzen, und sie war die einzige, die er kannte, mit der er die Herrschaft über die Karibik erringen konnte. Das aber wollte er, Caligula, unbedingt. So, wie Caligu, sein Vater, sie dereinst besessen hatte …

      Er wandte sich der bewußtlosen Arkana zu, dann sah er die Black Queen an.

      „Das da, Queen, ist ihre Unterführerin“, sagte er und deutete auf Tatona, die ebenfalls bewußtlos im Sand der Bucht lag. An Händen und Füßen gebunden wie die anderen auch. „Du solltest diese Kriegerinnen dort hinten an die Palmen binden, aber laß diese beiden nebeneinander binden. Ich habe da einen Plan …“

      Die Black Queen sah ihn aufmerksam an, während sie sich wieder und wieder das Blut aus dem Gesicht wischte, das aus ihrer Stirnwunde lief.

      „Was soll das, was führst du im Schilde, Caligula?“ fragte sie dumpf. „Ich will wissen, wer diese Araukaner sind, ich bin solchen Kriegerinnen noch nie zuvor begegnet. Da – sieh dich um: Neun Tote bei uns, aber nur Verletzte bei ihnen – wie erklärst du dir das? Sind unsere Männer denn plötzlich Memmen geworden? Haben sie verlernt, zu kämpfen?“

      Caligula schüttelte den Kopf.

      „Nein, Queen, das nicht. Aber die Sache verhält sich, wie ich fürchte, völlig anders. Erinnerst du dich an diesen geschwätzigen Kreolen, der in der Schildkröte und vor allem unten am Hafen so idiotische Geschichten von braunhäutigen riesengroßen Kriegern erzählte, die es auf einer Insel irgendwo in der Karibik gäbe? Sie würden jene Insel auf schreckliche Weise bewachen, und ihre Augen würden Feuer sprühen. Er selbst sei auf jener Insel gewesen, an deren Klippen sein Schiff gestrandet sei, vom Satan persönlich in die Felsen geschleudert. Und dann – nach seiner wunderbaren Errettung – habe er gesehen, wie unheimliche Schiffe durch einen Felsendom gesegelt seien. Durch ein wahres Höllentor, das kein normaler Mensch lebend zu passieren vermöchte. Nur er, er sei später von dieser Hölleninsel, auf der in graue Felle gehüllte Männer, die merkwürdige Helme trügen, nächtelang wilde Feste feierten und auf der nackte, braunhäutige Mädchen mit Schlangen an den Armen tanzten und den schrecklichen Kriegern zu Willen seien, mit einem Boot geflohen. Der Teufel selber habe ihn durch diesen Felsendom gezogen …“

      Caligula unterbrach sich, dann bückte er sich und streifte einer der Schlangenkriegerinnen, die sich selbst in ihren Fesseln noch aufbäumte und sich wütend gegen ihn wehrte, einen der Schlangenreifen ab und hielt ihn der Black Queen hin. Sie nahm ihn und sah ihn sich an, und dann begriff sie.

      „Caligula, du glaubst, daß diese Kriegerinnen dort, daß sie …“

      „Sie sind jene, die dieser Narr gesehen hat. Schade, daß ich ihm schließlich eins aufs Maul geschlagen habe, als mir sein Gefasel zu dumm wurde. Ich hätte den Kerl reden lassen sollen, denn weißt du, wovon er geredet hat? Von der geheimnisvollen Schlangeninsel, von jener Insel, auf der der Seewolf und auf der diese Rote Korsarin und der Wikinger hausen.“

      Der Black Queen verschlug es für einen Moment den Atem. Das war ja geradezu ungeheuerlich, was Caligula da behauptete. Das war …

      Sie dachte diesen Gedanken gar nicht zu Ende, sondern starrte ihren Unterführer und Geliebten an.

      „Caligula“, sagte sie leise. „Wenn es uns gelänge, diese Insel in unsere Gewalt zu bringen! Ich habe gehört, daß dort unvorstellbare Schätze gehortet werden und daß sie so gut wie uneinnehmbar ist …“

      Caligula nickte.

      „Das stimmt, viele haben es bereits versucht, aber alle sind an dieser Insel und jenen, die auf ihr hausen, gescheitert. Aber wir, wir werden das anders anfangen. Wir haben durch diesen Fang dort, den wir rein zufällig gemacht haben, bessere Chancen als jemals einer vor uns …“

      Die Black Queen unterbrach Caligula.

      „Halt, nicht so rasch. Ich bin nicht so närrisch und so dumm wie die anderen, diesen Teufeln in die Falle zu gehen. Das alles will gut überdacht und noch besser eingefädelt sein. Aber diese Mädchen und vor allem jene dort, diese Hohepriesterin der Araukaner, wie sie sich nannte, wer sind sie, und was haben sie mit jener Schlangeninsel zu tun?“

      Caligula hob die Schultern.

      „Noch weiß ich es nicht, aber wir werden es erfahren. Wir werden sie befragen, ich kenne da einige Methoden, sage ich dir. Du wirst sehen. Und wenn das nicht hilft, dann habe ich noch einen Plan. Hör zu, ich denke mir das so …“ und er sandte verstohlene Blicke zu Arkana und Tatona hinüber, die man nebeneinander an zwei Palmen gefesselt hatte.

      Die Black Queen hörte ihm aufmerksam zu. Dann sah sie ihn an.

      „Vor dir sollte man sich hüten, Caligula“, sagte sie leise, aber nicht ohne Zärtlichkeit, und sie fuhr ihm durch das krause, schwarze Haar. „Aber du hast recht, wenn wir durch unsere Befragungen nichts erfahren, dann werden wir tun, wie du vorgeschlagen hast. Und das wird klappen, ich spüre es. Danach werden wir wissen, was dran ist an diesen Legenden um die Schätze jener Insel …“

       4.

      Siri-Tong


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