Seewölfe - Piraten der Weltmeere 139. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 139 - Roy Palmer


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waren, jagte er ohne Waffen nach Westen davon. Diejenigen, die wegen ihrer Blessuren nicht mehr laufen konnten, durften ein Pferd mitnehmen.

      Danach hielt er eine kurze Lagebesprechung ab. Gary und Batuti schickte er als Boten zur „Isabella“. Ben Brighton, der jetzt das Kommando an Bord hatte, mußte darauf brennen, Einzelheiten über den Ausgang des Landunternehmens zu erfahren. Er hatte die strikte Anweisung, bis zum Einbruch der Dunkelheit damit zu warten, eventuell eine Nachhut zur Burg der Banditen zu schicken.

      Verstärkung war jetzt aber nicht mehr nötig, Ben sollte nur den Kutscher und ein paar andere zur Festung in Marsch setzen – mit Fässern, in denen Süßwasser an Bord der „Isabella“ gemannt werden sollte. Im nördlichsten Burghof hatte der Seewolf einen Brunnen entdeckt, aus dem sich das für die Weiterreise erforderliche Naß schöpfen ließ.

      „Damit wäre ein Problem gelöst“, sagte er, nachdem Gary und der Gambia-Mann gegangen waren. „Bliebe noch die Sache mit dem Stück Holz, das du zum Reparieren des Ruders brauchst, Ferris.“

      Sie standen unweit des Steineichen- und Zedernwaldes, und Ferris Tucker wies sofort grinsend auf die mächtigen Bäume. „Hier werden wir wohl einen guten Ast schlagen können. Ich suche jetzt das richtige Stück aus, und wenn wir die Sache mit dem Wasser hinter uns gebracht haben, habe ich auch mein Holz zur Bucht geschleppt.“

      „Gut. Shane!“

      „Sir?“

      „Hast du die Burg nach Waffen und sonstigen, hm, brauchbaren Gegenständen durchsucht?“

      „Aye, Sir. Ich habe das, was die Hunde uns abgenommen hatten, in einem der Räume aufgestöbert – unsere Pistolen, Messer und Schiffshauer. Fagar, der hagere Bandit, hatte sich Eds Entermesser zugesteckt.“

      „Ich habe es mir bereits wiedergeholt, falls du es noch nicht gemerkt hast“, entgegnete der Profos. Er klopfte dabei auf das Heft der Waffe.

      „Sonst noch was, Shane?“ wollte der Seewolf wissen.

      „Ein paar Araber-Flinten, die wir mitgehen lassen konnten. Und etwas Gold in Münzen und Schmuck, aber sehr wenig Zeug. Viel hat dieser El Bayad nicht zusammengerafft. Er hoffte wohl, mit dem Angriff auf unsere ‚Isabella‘ den Schlag seines Lebens zu landen.“

      „Sicher. Shane, du vernichtest die Waffen, die es nicht wert sind, mitgenommen zu werden. Dan, die Pferde benutzen wir als Packtiere, um die Wasserfässer und das Holz zur Bucht zu transportieren. Später lassen wir sie dann frei.“

      „Aye, aye, Sir.“

      „Hasard“, sagte Blacky plötzlich. „Du bist ja verletzt – am Rücken.“

      „Nicht der Rede wert“, erwiderte der Seewolf. „Das ist nur ein Kratzer, auf den der Kutscher nachher eines seiner wundstillenden Mittel pinseln wird. Ed, wie geht es deinem Arm?“

      „Schon bedeutend besser.“

      „Trotzdem kriegst du von mir Ruhe verordnet, sobald wir wieder an Bord sind“, sagte Hasard. Er trat auf seinen Profos, auf Dan O’Flynn, Blacky, Ferris und Shane zu. „Und jetzt erzählt mir mal, wie es geschehen konnte, daß El Bayad und seine Halunken euch zu überrumpeln vermochten. Na los, ’raus mit der Sprache.“

      Ferris Tucker räusperte sich. „Also, es ist wohl meine Sache, die Angelegenheit zu erklären. Das war so. Wir – also, wir waren gerade mit dem Boot gelandet und wollten den Küstenstreifen ein wenig inspizieren, da – Hölle und Teufel, an allem ist doch nur die blöde Wette schuld.“

      „Unsinn“, warf Big Old Shane sofort ein. „Das wäre uns auch so passiert. Diese Bastarde waren einfach zu viele – und sie hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite.“

      „Kann schon sein“, murmelte Carberry, dem das Ganze überhaupt nicht geheuer war.

      Hasard musterte seine Männer aus schmalen Augen. „Wette? Darf man erfahren, um was für eine idiotische Wette es sich da gehandelt hat?“

      Ferris fuhr sich mit der Hand durch den Rotschopf. Es war eine echte Verlegenheitsgeste. „Äh – Carberry und Blacky behaupteten, die Gegend hier gehöre zur Wüste, in der es außer Sand auch noch eine Menge Felsen gebe, sonst aber gar nichts – keine Bäume, die man fällen, kein Wasser, das man trinken könne.“

      „Ach.“

      „Dan und Shane setzten dagegen.“

      „Was du nicht sagst.“

      „Jeder der vier warf zwei Perlen in den Topf, und ich war der Schiedsrichter.“

      „Und das Ergebnis?“ fragte Hasard mit überraschender Freundlichkeit.

      Ferris befeuchtete die Lippen mit der Zungenspitze. „Danach wollten wir dich ja eigentlich fragen. Von deinem Urteil hängt es ab, wer die Perlen gewinnt.“

      „Ja“, sagte Carberry, der sich etwas näher herangeschoben hatte. „Diese Scheißgegend hier – gehört die nun zur Sahara oder nicht?“

      Hasard blickte ihn an, und der Profos biß sich auf die Unterlippe. Diese Frage, Carberry, sagte er sich, hättest du wohl besser nicht gestellt.

      „Ed, die Burg hat einen offensichtlich gut funktionierenden Brunnen, und außerdem ist das Land nicht so vegetationsarm, wie wir gedacht haben“, erklärte der Seewolf mit einer Geste zum Wald hin. „Genügt das als Antwort nicht?“

      „Äh – vielleicht befinden wir uns ja an einer Oase, Sir.“

      Mühsam beherrscht entgegnete der Seewolf: „Nein. Dieses Gebirge ist die sogenannte Sierra del Haus, einer der nördlichsten Ausläufer des Rif-Gebirges. Erst viel weiter südlich, jenseits des Atlas’, beginnt die Wüste. Zufrieden?“

      „Hölle“, entfuhr es Carberry. „Dann hab ich ja verloren.“

      „Tröste dich, ich auch“, sagte Blakky mit zaghaftem Grinsen.

      Dan O’Flynn und Big Old Shane lachten. „Na bitte!“ rief der ehemalige Schmied und Waffenmeister von Arwenack-Castle. „Unser Kapitän kennt sich aus. Ich hab’s ja gleich gesagt, wir gewinnen. Ferris, rück die acht Perlen heraus, Dan und ich werden sie uns redlich teilen.“

      „Du Stint“, sagte Ferris Tucker. „El Bayad hat mir die Perlen abgenommen, weißt du das nicht mehr? Haben die Banditen dir zu hart auf die Rübe gehauen?“

      Hasard zog einen kleinen Lederbeutel aus dem Wams und warf ihn Big Old Shane zu. „El Bayad hatte sich die Perlen in den Burnus gestopft, und den Burnus hat er mir ja freundlicherweise überlassen, bevor er nach Mekka abmarschiert ist.“

      „Sehr gut“, sagte Dan O’Flynn. „Danke, Sir.“

      „Ja, danke, Sir“, sagte auch Ferris Tucker zerknirscht.

      „Männer“, wandte sich der Seewolf an seinen. Schiffszimmermann, an den Profos, den graubärtigen Riesen, Blacky und den jungen O’Flynn. „Wenn euch wieder mal der Spieltrieb packt und ihr ausgerechnet dann von irgendwelchen Halunken übertölpelt werdet – dann überlasse ich euch eurem Schicksal, verstanden?“

      „Verstanden, Sir“, gaben die fünf gleichzeitig zurück.

      Damit war der Fall erledigt. Eine Standpauke brauchte der Seewolf seinen Männern nicht zu halten, die Sache wurmte sie auch so. Zwar war es nicht ausschließlich der Wette zuzuschreiben, daß El Bayad und dessen Kerle die fünf hatten verschleppen können, aber Carberry, Shane, Ferris, Dan und Blakky sahen ein, daß sie sich nicht gerade beispielhaft vorsichtig verhalten hatten, als sie an Land gegangen waren.

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