Seewölfe - Piraten der Weltmeere 88. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 88 - Roy Palmer


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und du springst über die Klinge.“

      „Ich bin auf eurer Seite“, entgegnete Augusto Navidad. „Was denkt ihr denn? Ich will dir nur raten, nicht zu voreilig zu sein, Pedro.“

      Salvez’ Grinsen war verschlagen. „Ach so. Dann ist es ja gut, Companero. Ich dachte schon, du wolltest mir ein Messer in den Rücken jagen.“

      Der Sturmwind nahm noch mehr zu. Die Wogen bäumten sich zu gischtenden, grollenden Wasserbergen auf, rissen die „Santa Barbara“ und die „San Domingo“ auf ihre Schaumkämme und stießen sie in gähnende schwarze Schluchten.

      Die Frauen weinten, die Kinder schrien vor Angst.

      Von den vier Kriegsschiffen, die die Galeonen schützen und leiten sollten, war nichts mehr zu sehen. Der Nebel schien sie geschluckt zu haben.

      Hasard enterte in den Luvhauptwanten zum Großmars der „Isabella VIII“ auf und hörte unter sich seinen Profos brüllen.

      „Sir John! He, Sir John, du Rabenaas, du Stinkstiefel, wo, in aller Welt steckst du denn, du verlauster, zerrupfter Geier? Verdammt, ich zieh dir die Haut in Streifen ab, wenn du nicht sofort wieder aufkreuzt!“

      Sehen konnte Hasard Edwin Carberry nicht, denn der Nebel deckte das Oberdeck zu wie ein Bausch aus Gänseflaum. Sir John, der rote Aracanga, hatte mal wieder von Carberrys Schulter abgehoben, um eine Runde um die „Isabella“ zu fliegen. Hatte er im Nebel die Orientierung verloren?

      Der Seewolf hatte an Wichtigeres zu denken. Er kletterte über die Segeltuchverkleidung des Großmarses und ließ sich neben Dan O’Flynn und Arwenack nieder. Der Schimpanse leistete Dan wie üblich Gesellschaft. Matt Davies hatte mal gesagt, sie hätten jetzt bald eine gottverfluchte Tierschau und einen Affenzirkus an Bord – dabei hätte er jedem seine Eisenhakenprothese ins Fell gehauen, der Arwenack ein Härchen oder Sir John eine Feder gekrümmt hätte.

      „Was ist?“ fragte Hasard seinen Ausguck. „Sag bloß, du hast den schwarzen Segler aus den Augen verloren.“

      „Verdammt, ja“, erwiderte Dan. „Dieser elende Mistnebel.“

      „Ich hoffe doch, Siri-Tong wird den Kurs halten und in unserer Nähe bleiben.“

      „Sie hat bis zuletzt signalisiert, wir sollen auf dem alten Kurs bleiben.“

      „Hart am Wind an der Küste entlang, Dan.“

      „Aber wir kriegen Sturm, verflixt und zugenäht“, sagte Dan. „Und der wird uns auseinandertreiben. Die Orientierung in dieser Suppe fällt ja so schon schwer.“

      „Wir können es nicht ändern“, sagte Hasard. „Jeder von uns muß jetzt eigenständig handeln und zusehen, daß er nicht auf Legerwall geworfen wird. Im übrigen kriegen wir schon wieder Kontakt, sobald sich der Nebel verzogen hat.“ Er schickte sich an, den Großmars wieder zu verlassen, verhielt am Rand aber noch kurz. „Dan …“

      „Sir?“

      „Haltet die Ohren steif hier oben und krallt euch fest, ich glaube, wir kriegen ein Wetter auf die Jacke, das nicht von schlechten Eltern ist.“

      Er hangelte wieder nach unten, sprang vom Schanzkleid auf die Kuhl und hielt nach Carberry Ausschau. Die Gestalt des Profos wuchs plötzlich vor ihm aus dem Nebel, fast prallten sie zusammen.

      „Ed, hast du Sir John wiedergefunden?“

      „Ho, und ob ich das Mistvieh gepackt habe!“ dröhnte Carberrys Baßstimme. Er streckte Hasard seine Pranke entgegen. Aus der Faust ragte der Kopf des Papageis auf, zwei Knopfaugen irrten verzweifelt hin und her.

      „Ed, du zerquetschst ihn ja“, sagte der Seewolf.

      Carberry grinste im dichten Milchschleier. „Ach was, das kann das Biest ab. Wenn wir den Sturm aufs Haupt kriegen und er naß wird, muß ich ihn nachher auswringen, aber das übersteht er doch nicht, glaub ich. Also sorgen wir lieber vor.“ Sprach’s und stopfte sich den protestierenden Sir John in die Tasche.

      Hasard tastete sich zum Niedergang vor, klomm zum Quarterdeck hoch und suchte das Ruderhaus auf. Ein Blick auf den Kompaß, ein paar knappe Anweisungen an Pete Ballie, den Rudergänger, dann kehrte er wieder an Deck zurück, denn die „Isabella“ begann in der quirligen See zu tanzen und zu schlingern.

      „Ed, Manntaue spannen und Sturmsegel setzen!“

      „Aye, aye, Sir!“

      „Ben!“

      „Hier, Sir!“ rief der Bootsmann und Erste Offizier der „Isabella“ vom Achterdeck.

      Hasard hetzte zum Achterdeck hinauf. Die Umrisse von Ben, Shane, Ferris Tucker und Old O’Flynn nahmen sich gespenstisch vor ihm aus.

      „Wir boxen uns durch den aufziehenden Sturm, danach sehen wir weiter“, sagte Hasard. „Etwas anderes können wir in diesem Nebel vorläufig nicht tun.“

      „Der Teufel soll ihn holen“, kam grollend Big Old Shanes Stimme.

      „Wir müssen noch aufpassen, daß wir in diesem Schlamassel nicht mit dem schwarzen Segler kollidieren.“

      Kurze Zeit später schien sich Shanes düstere Ahnung zu bestätigen. Die „Isabella VIII“ ritt den heranorgelnden Sturm ab. Eine Riesenfaust schien sie zu packen und kräftig durchzuschütteln. Sie schoß auf brüllenden Brechern dahin, raste in Täler hinunter, drohte von herandonnernden Wassermassen untergegraben zu werden – und schoß dann doch immer wieder buchstäblich in letzter Sekunde schwarze, flutende Mauern hoch, um auf neuen Gipfeln zu balancieren.

      Hasard hielt sich an einer Nagelbank auf dem Achterdeck fest und überlegte, ob er achtern eine Trosse ausbringen lassen sollte. U-förmig im Schlepp der „Isabella“ gleitend, würde sie dem Schiff mehr Stabilität verleihen. Es war ein alter Trick, den er von seinem Alten, Sir John Killigrew, gelernt und bereits mehrfach angewandt hatte.

      Aber er kam nicht dazu, den Befehl zu geben.

      Dan O’Flynns Ruf gellte durch das Brausen und Heulen des Wetters: „Deck, ho, Schiff Steuerbord voraus!“

      „Gespenster!“ schrie Luke Morgan von der Kuhl her.

      „Red keinen Mist!“ brüllte Carberry.

      Der Sturmwind hatte die Nebelschwaden hochgewühlt und ein Stück vor sich hergetrieben. Hasard und die anderen auf dem Achterdeck konnten aber durch die sprühende Gischt gar nichts, selbst Smoky und Al Conroy auf der Back kaum etwas von dem erkennen, was vor ihnen lag. Nur Dan, der junge Mann mit den extrem scharfen Augen, war es mal wieder, der sie vor einem Unheil behütete.

      „Hart Backbord!“ schrie Hasard Pete Ballie zu.

      „Männer braßt an!“ brüllte der Profos. „Wir drehen in den Scheiß-Südost, und wenn die verfluchten Segel killen und knattern, zieht ihr gefälligst die Köpfe ein!“

      Ja, sie luvten wirklich in einem haarsträubenden, waghalsigen Manöver an und gingen fast ganz in den Wind, aber nur diese gedankenschnelle Reaktion des Seewolfes bewahrte sie vor dem Zusammenprall mit dem anderen Schiff.

      Hasard klammerte sich am Steuerbordschanzkleid fest und schaute in den dahinhuschenden Nebel, als das fremde Schiff an ihnen vorbeizog. Gischt umhüllte ihn und durchnäßte ihn bis auf die Haut. Ein Brecher rollte gegen die „Isabella“ an, hob sie hoch, ließ sie nach Backbord krängen und verwandelte die Decksplanken unter Hasard in eine glitschige, abschüssige Bahn. Und doch hielt er sich und konnte einige Einzelheiten des unbekannten Seglers registrieren, bevor dieser vorbei war und in Gischt, Schaum und Nebel verschwand.

      „Ein Spanier!“ rief Hasard seinen Männern zu. „Ein waschechter Don, ich habe seine Flagge erkannt – und dazu noch ein gut armierter. Ein Kriegsschiff, sage ich euch! In ruhigerer See hätte er uns wahrscheinlich gefordert. So aber hatte er genug mit sich selbst zu tun!“

      „Und ich dachte, das wäre der schwarze Segler!“ schrie Old O’Flynn von der Nagelbank her, um die er seinen Arm gehakt hatte.

      „Seit


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