Seewölfe - Piraten der Weltmeere 294. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 294 - Roy Palmer


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du Zeit, dich zu berichtigen. Führst du uns aber in eine Falle, dann steche ich dich nieder.“

      „Ich habe die Wahrheit gesagt“, flüsterte Lucio do Velho. „Sie werden gleich sehen, daß alles seine Richtigkeit hat.“ Er wünschte sich, nie etwas über sein Geldversteck verraten zu haben, aber es war nun. einmal geschehen. Zu massiv waren Le Marocains Drohungen gewesen, zu groß seine eigene Furcht vor körperlicher Qual. Er war umgefallen und hatte alles gesagt.

      Dafür würde er sich an Lucille rächen, das hatte er sich geschworen. Wäre sie nicht gewesen, dann wäre die Sache mit der Kriegskasse ein Geheimnis geblieben. Aber sie war ja selbst auf Profit aus und aus diesem Grund Le Marocains Verbündete geworden. Ob er sie wirklich an der Beute beteiligen würde, stand auf einem anderen Blatt. Aber sie würde alles versuchen, um diesen Galgenstrick zu becircen. Das Rüstzeug dazu besaß sie ja reichlich: Sie war hübsch und verführerisch und konnte einem Kerl wie Le Marocain durchaus den Kopf verdrehen.

      Aus war es mit do Velhos Hoffnung, er könne Le Marocain für seine Pläne gewinnen und sich auf diese Weise einen neuen Kampfgefährten gegen den Seewolf schaffen. Le Marocain war es egal, was die Spione Spaniens in Frankreich wollten, es kümmerte ihn nicht, was aus Frankreich wurde, oder ob man den Engländern tüchtig eins auswischte. Ihn interessierten nur Münzen aus Gold und Silber, sonst nichts.

      So drangen sie jetzt durch die Seitentür in die Festung ein.

      Diese Tür wurde nicht bewacht, und kaum jemand schenkte ihr Beachtung. Lucio do Velho hatte den Schlüssel in einer kleinen Tasche seines Ledergürtels getragen, und auf Le Marocains Drohungen mit dem Messer hin hatte er damit herausrücken müssen.

      Wie hatte er diesen Schlüssel jedoch erhalten?

      Vor etwa sechs Wochen war er zusammen mit Ignazio, Bonano, Quintaval und de Fambrin auf den Auftrag des spanischen Königshauses hin in der Bretagne eingetroffen. Sofort hatte er damit begonnen, sich umzutun und nach Verbindungsmännern zu suchen. Sein Ehrgeiz kannte keine Grenzen, er wollte seine Aufgabe mit Bravour meistern.

      Über Albert, den „Buckligen“ von Quimper, war er auf Yves Grammont gestoßen, der zu allem bereit gewesen war, nachdem er die Dublonen, Piaster und Reales gesehen hatte, die ihm do Velho als Anzahlung zugeschoben hatte. Die große Aktion gegen englische Schiffe, die an der Bretagne vorbeisegelten, hatte begonnen.

      Do Velho hütete sich jedoch, Bargeld bei sich zu tragen. Grammont war zu allem fähig, auch dazu, ihm die Truhe abzunehmen und dann auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, ohne die Arbeit zu leisten, die die Spione von ihm verlangten.

      Also hatte sich do Velho nach einem geeigneten Versteck für seine Kasse umgesehen. Auch Ignazio mußte tüchtig herumhorchen, er war dafür der geeignete Mann gewesen. Jetzt war er tot und hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes in seine Bestandteile aufgelöst, doch do Velho trauerte ihm nicht nach. Ignazio, der Mann aus Porto, war sein treuer Untertan gewesen, doch manchmal war er ihm auch auf die Nerven gefallen. Er würde sich einen neuen Assistenten suchen, diesmal einen etwas gescheiteren Mann.

      Ein eigenes Schiff hatte do Velho nicht mit in die Bretagne genommen, denn das wäre zu auffällig gewesen. Er mußte alles unter dem Siegel strengster Geheimhaltung und größter Verschwiegenheit abwikkeln. Aus diesem Grund war er mit seinen Begleitern auf vielen Umwegen in die Bretagne gereist und bediente sich auch verschiedener Namen, um ja nicht aufzufallen und entlarvt zu werden.

      Die Kasse also – in der sich neben dem Geld übrigens auch ein von Philipp II. persönlich unterzeichneter sogenannter „Repressalienbrief“ befand – mußte irgendwo an Land verborgen werden, doch auch die geheimen Treffpunkte, an denen er mit Grammont die nächsten Unternehmungen besprach, kamen dafür nicht in Frage, denn dort konnte Grammont jederzeit herumstöbern, sobald sein Auftraggeber wieder fort war – beispielsweise in dem Gewölbe der Burgruine bei Quimper.

      Nein, do Velho hatte sich schon etwas sehr Originelles und Ausgefallenes ausdenken müssen, um seiner Gelder sicher sein zu können.

      Wie gut war es da doch, daß Ignazio eines Abends in einer Hafenkneipe von Quimper auf einen ehemaligen Wachsoldaten der Festung von Concarneau getroffen war. Sofort hatte er dies seinem Herrn do Velho gemeldet, und der Portugiese hatte selbst den Rest der „Verhandlungen“ eingeleitet.

      Im betrunkenen Zustand hatte ihm der Ex-Soldat anvertraut, er könne die Festung von Concarneau noch immer betreten und wieder verlassen – wann immer er wolle. Do Velho brachte ihn auch dazu, den Schlüssel vorzuweisen, den der Mann hatte mitgehen lassen. Damit unterschrieb der Narr gewissermaßen sein Todesurteil.

      Ignazio überfiel ihn auf do Velhos Befehl hin in den Gassen von Quimper, schlug ihn nieder und nahm ihm den Schlüssel ab. Dann tötete er ihn und ließ ihn mit einem Gewicht an den Beinen im Hafenbecken verschwinden. Die Leiche wurde nie gefunden.

      Lucio do Velho hätte sich jedoch im Traum nicht gedacht, daß es einmal ein verluderter Kerl wie Le Marocain sein würde, der ihm diesen Schlüssel abnahm.

      Do Velho schäumte vor Wut und suchte nach einem Weg, sich zu befreien, als die Gruppe von vierzehn Gestalten jetzt unter einem düsteren Säulengang dahinschlich und sich den Hauptgebäuden der Festung näherte.

      Er ahnte nicht, wie nah er seinem Erzfeind Philip Hasard Killigrew in diesem Moment war. Der stand in der Halle, nach wie vor mit seinen Männern von den Soldaten bewacht, und wußte seinerseits nicht, daß Lucio do Velho überhaupt noch am Leben war – und daß er schon bald wieder mit ihm zusammentreffen sollte.

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