Seewölfe - Piraten der Weltmeere 89. Roy Palmer
wußte es, aber er hielt an seinem Vorhaben fest.
Er hatte das Durchhaltevermögen und die Härte seines leiblichen Vaters Godefroy von Manteuffel, und der alte Killigrew, sein Pflegevater, hatte jene Sturheit auf ihn übertragen, die man in gewissen Situationen brauchte.
Das war keine sinnlose, blinde Halsstarrigkeit. Hasard kannte alle Alternativen, die ihm in diesem Kampf blieben, und wußte abzuwägen. Er mußte einen Zufluchtsort finden, denn das schlimmste Wüten des Orkans stand noch bevor.
Er blickte nach oben – Dan signalisierte ihm wieder. Eine Einfahrt, las Hasard aus seinen Gebärden, eine Bucht!
„Eine Bucht!“ rief er Ben Brighton zu. „Wir haben es geschafft! Der Teufel soll mich holen, wenn jetzt noch etwas schiefgehen sollte! Pete, abfallen! Wir steuern genau auf die Einfahrt zu. Ed, schlaft da unten nicht ein – nicht jetzt!“
„Nein, Sir!“ brüllte Carberry, der nicht weit entfernt unterhalb des Quarterdecks auf der Kuhl stand und die Segelmanöver befehligte. Er war ein Koloß, eine eherne Statue, die kein Brecher von den Planken fegen konnte; Inbegriff der Kraft und eisernen Disziplin.
Wie ein Schemen löste sich die Einfahrt zur Bucht vor der „Isabella“ aus Gischt und Dunst. Sie mochte dreißig, vierzig Yards breit sein, auf keinen Fall mehr. An Steuerbord erstreckte sich eine Landzunge, die nach Nordosten verlief und zur See hin den Abschluß der Bucht bildete.
Hasard atmete tief, als sie hindurch waren. Er hielt den Blick starr nach vorn gerichtet, rief aber Ben Brighton zu: „Ben, was ist mit dem schwarzen Segler?“
„Er folgt uns!“
„Siri-Tong muß aufpassen, daß sie nicht aufläuft, verdammt noch mal!“
„Sie ist auf der Hut!“
„Gott sei Dank“, sagte Hasard. „Pete, wir gehen hart Steuerbord.“
„Aye, aye, Sir.“
„Profos, wir gehen in den Wind, geien die Segel auf und ankern gleich an der Landzunge, verstanden?“ schrie der Seewolf. „Wir wissen nicht, wie groß die Bucht ist und wie es mit der Wassertiefe aussieht, vor allem im ufernahen Bereich!“
„An die Brassen und Schoten!“ brüllte Ed Carberry. „Wir luven an, ihr Bastarde, ihr Kanalratten, ihr Stinkstiefel, merkt ihr nicht, was hier läuft, was, wie? O ihr Säcke, ihr Hosenpisser, euch muß man die Seefahrt noch mit Zangen beibiegen!“
So ging es pausenlos weiter. Carberry blieb mal wieder seiner Devise treu, ohne Brüllen und Fluchen ginge es nicht.
Aber dann begannen auch die anderen Männer zu fluchen, und zwar mordsmäßig. Der schwarze Segler hatte soeben die Einfahrt der Bucht passiert, da fegte eine Sturmbö unvergleichlicher Wucht über die Nehrung weg. Hasard konnte sehen, wie sie Palmen und andere Bäume buchstäblich abrasierte und entwurzelte.
Ein auf dem Grund der Bucht schlummernder Gigant schien erwacht zu sein. Er hob beide Schiffe hoch und trug sie weiter auf das Festland zu, bevor sie ankern konnten.
Ein Ruck lief durch die „Isabella“, gleichzeitig ertönte ein Knirschen, das den Männern einen eisigen Schauer über den Rücken trieb. Denn sie alle wußten, was das bedeutete.
„Himmel, Arsch und Zwirn!“ brüllte Ferris Tucker. Weiter gelangte er nicht, denn er verlor die Balance und fiel hin. Als er sich wieder halb aufgerappelt und gesammelt hatte, schrie er: „Verdammt und zugenäht, jetzt sind wir doch aufgelaufen!“
„Du merkst aber auch alles“, sagte der alte O’Flynn bissig. Wäre er nicht Old Donegal gewesen, hätte der rothaarige Schiffszimmermann ihm in diesem Augenblick zweifellos einen Hieb verpaßt.
Ja, sie saßen auf Grund. Hasard arbeitete sich bis zum Steuerbordschanzkleid vor und schaute zum schwarzen Schiff hinüber. Es war passiert, was er hatte vermeiden wollen – auch bei Siri-Tong und ihrer Mannschaft. Die gewaltige Sturmbö hatte auch den „Eiligen Drachen über den Wassern“ auf eine Untiefe gejagt, er war manövrierunfähig wie die „Isabella“.
Hasard bezwang mit Mühe seine aufsteigende Wut. Ein Gemütsausbruch änderte auch nichts an den Gegebenheiten.
„Fallen Anker!“ rief er Carberry zu. „Für den Fall, daß der Orkan uns noch weiter auf das Ufer drückt!“
Siri-Tong veranlaßte das gleiche. So verhinderten Hasard und sie wenigstens, daß sich die Schiffskiele noch tiefer in den Grund der Bucht schoben. Gleichzeitig sicherten die Anker den Schiffen eine gewisse Stabilität im Sturm.
„Weg mit den Segeln!“ befahl Hasard.
Er wandte sich Ben, Ferris, Shane und dem alten Donegal zu. „Fragt mich nicht, was wir jetzt tun. Wir haben hier nur die eine Möglichkeit.“
Shane nickte ernst. „Nämlich die, die Ohren anzulegen.“
„Du hast es erfaßt“, erwiderte der Seewolf. „Am besten gehen wir alle Mann unter Deck und köpfen zur Feier des Tages ein paar Flaschen. Wir haben allen Grund dazu, oder?“
Es wurde Nacht, bevor der eigentliche Abend überhaupt angebrochen war. Die Seewölfe, Siri-Tong und. ihre Männer zählten die Stunden nicht, in denen der Orkan mit Donnern und Gebrüll über sie hinwegorgelte. Sein Zentrum, das gefürchtete „Zyklonenauge“, befand sich wirklich nicht weit entfernt von der Bucht mit den beiden Schiffen.
In dieser Beziehung behielt Hasard also tatsächlich recht.
Wären sie draußen auf See geblieben, um den Sturm abzureiten, wären sie zerschlagen worden oder hätten zumindest schwere Havarien.
Wenigstens mit der Erkenntnis, nicht dieses bittere Ende gefunden zu haben, konnten sie sich trösten.
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