Seewölfe - Piraten der Weltmeere 322. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 322 - Fred McMason


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Klotzkopf!“ schrie Jeff Bowie. „Das ist ja hier schlimmer als im Affenzirkus!“

      Nach und nach wurden auch die anderen wach, und jetzt begannen sie sich gleichzeitig gegenseitig zu beleidigen. Die Bö war längst vorbei und vergessen, aber die Gemüter der aufgeschreckten Schläfer erhitzten sich jetzt daran, daß die anderen fluchten.

      Pete Ballie war ebenfalls wach und sah in die Runde. Da waren nur schattige Gesichter zu sehen, dunkle oder helle Flecken, die im Rhythmus der See an den Wänden tanzten und mal größer oder mal kleiner wurden.

      Der einzige, der mit unerschütterlicher Ruhe auf dem Rand seiner Koje hockte, war der Kutscher, der Smoky hochgepurrt hatte. Als er die Kerle fluchen hörte, grinste er nur, gab aber keinen Kommentar.

      Daß Gary Andrews fehlte, bemerkte ebenfalls keiner. Dafür ödeten sie sich weiter an und stritten sich herum.

      Auch Pete Ballie sparte nicht mit höhnischen Bemerkungen.

      „Smoky steht natürlich am Ruder“, verkündete er, „das merke ich schon am Segeln. Der alte Decksknüppel segelt wohl unter Wasser, statt obendrüber. Der Kerl ist doch blöder als Schifferscheiße, und als Rudergänger ist er so geeignet wie ein alter Ziegenbock zum Eierlegen. Knurrt jetzt nicht länger rum, ich will meine Ruhe haben. Beschwert euch bei Smoky, und seht lieber mal nach, ob der wirklich das Ruder in der Hand hat. Oder ob er sich nicht bäuchlings achteraus gehängt hat und das Ruderblatt mit den Fingern bewegt.“

      „Jawohl, Smoky ist schuld“, pflichtete ihm Blacky bei. „Aber Matt hat auch schuld, der hat mir mit seinem Haken …“

      „Gleich zieh ich dir Zähne mit dem Haken, du Vollidiot!“ brüllte Matt. „Nimm doch deinen Arsch zur Seite!“

      „Nimm du doch deinen Eierkopf ab!“ rief Blacky sauer. „Wenn der fehlt, hat die Welt nichts verloren.“

      Der Kutscher hockte immer noch da und grinste still vor sich hin. Jetzt fehlt nur noch Carberry in dem allgemeinen Gemotze, dachte er, doch der schlief achtern in der Kammer.

      Die Motzerei ging weiter. Lediglich Paddy Rogers hörte und sah nichts und grunzte zufrieden in seiner Koje. Paddy ließ sich weder beim Schlafen noch beim Essen stören.

      Auf Smoky hackten sie jedoch weiter herum, und der konnte von Glück sagen, daß er auf dem Achterdeck stand, denn im Quartier hätte er sich eine Menge unflätiger Sachen anhören müssen.

      Als Matt Davies dachte, daß der Streit zwischen ihnen jetzt beigelegt wäre, sah er sich getäuscht, denn Blacky hatte eine Stinkwut im Bauch.

      Matt zog sich gerade aus, um sich in die Koje zu hauen, als Blacky ihn an der Schulter berührte.

      „Eh“, knurrte er gallig, „von wegen auf die Matte hauen, Mister Davies, und klar bei allen Klüsen. Sieh dir mal meine Hose an, die ist von oben bis unten aufgeschlitzt. Glaubst du vielleicht, ich hole mir bei Will ’ne Rolle Kabelgarn und näh sie wieder zusammen? Das wirst du tun. Du flickst das Ding, und wenn du das nicht tust, dann besorgst du mir gefälligst ’ne neue Hose.“

      Der Kutscher grinste, schüttelte den Kopf, stand auf und verließ immer noch kopfschüttelnd das Quartier, um in der Kombüse für die Achterdecksgasten heiße Brühe zu kochen.

      Matt Davies lief ebenfalls die Galle über. Luke Morgan drohte aus seiner Koje, daß er jedem das Maul stopfen würde, wenn nicht gleich Stille wie auf dem Friedhof einkehren würde. Doch daran dachten die beiden überhaupt nicht.

      „Ich deine Hose nähen?“ schrie Matt. „Du bist ja besoffen, Mister Blacky, stockbesoffen, sage ich. Bei dir dröseln ja die Gehirnbändsel langsam auf. Du kannst mich mal! Deine verdammte Pflicht wäre es, meine Beule am Schädel zu massieren, die du mir mit deinem dämlichen Holzkopf verpaßt hast.“

      „Na gut, Mister Davies, ich massiere deine verdammte Beule. Aber dazu borg ich mir vom Profos die großen Stiefel, und dann kann’s losgehen. Oder ich hol mir ein paar Belegnägel, dann kriegst du deine Massage.“

      „Jedenfalls ist Smoky schuld!“ rief Jack Finnegan aus seiner Koje.

      „Halt’s Maul, schlaf weiter!“ brüllte Luke.

      „Du kannst mir mal den Heckanker klarieren!“ schrie Matt sauer. Dann haute er sich wütend in die Koje, während Blacky fluchend nach dem Kutscher rief.

      „Der ist weg“, sagte Bill. „Was willst du denn von ihm?“

      „Die Schramme, die mir der Blödmann Davies verpaßt hat, die blutet jetzt!“ schrie Blacky. „Soll ich hier etwa wie ein abgestochenes Schwein herumlaufen? Die Wunde muß behandelt werden. Wer weiß, was Mister Davies wieder für Dreck an seinem Haken hatte.“

      „Halb so schlimm“, sagte Bill abschwächend.

      „Halb so schlimm?“ grollte Blacky. „Das kennt man ja. Ich hau mich in die Koje, kriege ’ne Blutvergiftung, und wenn ich wieder aufwache, dann …“

      „Bist du tot“, sagte Jack Finnegan dumpf.

      „Richtig. Dann bin ich vielleicht tot. Ich will aber keine Blutvergiftung kriegen, und deshalb muß der Kutscher her.“

      „Der ist weg“, sagte Bill noch einmal. „Weck doch Mac Pellew auf, der kann das auch.“

      Auf Mac Pellew hatte keiner geachtet. Der schlief ganz hinten im Quartier und ebenso unerschütterlich wie Paddy Rogers.

      Blacky nahm fluchend die Lampe und leuchtete Mac Pellew ins Gesicht.

      „Mein Gott, was träumt der denn!“ sagte er entsetzt.

      Mac Pellew sah schon tagsüber grämlich, verdrossen und unendlich traurig aus, aber jetzt im Schlaf gesellte sich noch ein deutlich melancholischer Zug hinzu, und Blacky hörte ihn entsagungsvoll leise seufzen. Dieses Gesicht war so leidend und von innerer Trauer überzogen, daß Blacky glaubte, Mac Pellew liege auf dem Totenbett und erhalte gerade seine Letzte Ölung. Und es schien Mac selbst furchtbar leid zu tun, diese Welt verlassen zu müssen.

      Seinen theoretischen Abgang aus diesem Jammertal begleitete er daher mit einem beständigen, kaum hörbaren Seufzen.

      „Vielleicht träumt er von Svanhild Detlevson“, meinte Bill, „oder von den Räucherheringen.“

      Blacky rüttelte den traurigen Schläfer an der Schulter.

      Mac Pellew tauchte aus der Traurigkeit auf, und dabei verwandelte sich sein Gesicht auf erstaunliche Weise. Der klagende Jammer darin verschwand, ein paar düstere Falten erschienen, dann Zorn und Trauer gemischt und schließlich eine grämliche Empörung, daß man es wagte, ihn zu wecken. Er blinzelte total verdrießlich in die Lampe und versuchte, die Gestalt dahinter zu erkennen.

      „Ich hab ’ne Blutvergiftung!“ schrie Blacky. „Du mußt mich retten, Mac, ganz schnell!“

      „Er hat ’ne Blutvergiftung“, höhnte Matt aus seiner Koje. „Am besten amputierst du ihm gleich seinen dämlichen Quatschkopf, Mac.“

      „So ’n Scheiß“, sagte Mac vernehmlich und stand erbittert auf. „Laß mal sehen.“

      Etwas schlaftrunken starrte er auf die leicht blutende Schramme.

      „Wo ist die Blutvergiftung?“ fragte er grämlich.

      „Na hier, Mann, das sieht man doch.“

      „Ich seh gar nichts“, knurrte Mac übellaunig. „Ich seh nur ’nen läppischen kleinen Ritzer, wie ihn sich jeder Rotzbengel mal beim Spielen holt, aber ich seh keine Blutvergiftung.“

      „Aber es wird eine werden“, behauptete Blacky. „Mister Davies hat mich mit seinem dreckigen Haken aufgespießt.“

      „Haha!“ tönte es verächtlich aus Matts Koje. „Meine Beule ist inzwischen so groß, daß ich zwei Kojen zum Schlafen brauche.“

      „Ihr spinnt ja“, sagte Mac sauer. „Aber gut, damit mir keiner nachsagt, ich hätte die Mannschaft sterben lassen. Ich hole dir


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