Seewölfe - Piraten der Weltmeere 578. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 578 - Fred McMason


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ist er längst an Land“, sagte er.

      „Eben haben Sie das Gegenteil behauptet.“

      Die beiden im Wasser zappelnden Mönche wurden aufgehievt und auf den Kai gezogen. Sie schnauften heftig und bestritten, als Pilger auf die Galeere gegangen zu sein.

      Doch die Ausrede half ihnen wenig. Die frommen Brüder mußten an Bord, ob sie wollten oder nicht. Man zwang sie dazu. Ihr Lamentieren verhallte ungehört.

      Vom Osten her, wo sich das gewaltige Arsenal befand, näherte sich unter langsamen Riemenschlag eine venezianische Kriegsgaleere, die dort in Bereitschaft lag. Sie war von den Stadtgardisten sofort alarmiert und in Marsch gesetzt worden.

      Es war eine neuerbaute Galia sottil, eine schmale Galeere, die schnell und sehr wendig war. Sie trug einen eisenbeschlagenen Rammsporn und hatte eine weit ausladende Enterbrücke. Genau auf der Mittellinie des Vordecks war eine gewaltige, fast fünftausend Pfund schwere Kanone montiert. Das Geschützrohr war viereinhalb Yards lang und mit Eisenschrott geladen. Die Kanone wurde meist im letzten Augenblick und aus unmittelbarer Nähe abgefeuert. Die Wirkung war dementsprechend verheerend.

      Sie trug aber auch noch kleinere Geschütze, bronzene Halbschlangen, mit langem schmalen Rohr, die zwölf Pfund schwere Eisenkugeln verschießen konnten. Hinzu kamen etliche Rohre auf Drehgabeln, und beiderseits des achteren Decks standen auf Pfosten montierte Moschettes, Hinterlader zur Abwehr von Feinden, die hier zu entern versuchten.

      Das schwimmende Monstrum von annähernd vierzig Yards Länge und nur fünf Yards Breite war eine waffenstarrende schwimmende Festung. Sie wurde von Ruderern angetrieben, die in Dreierreihen nebeneinander auf den Bänken saßen. Genau zwölf Dutzend hervorragend ausgebildete Männer ruderten die Kriegsgaleere, die noch zusätzlich durch ein riesiges Lateinersegel bewegt werden konnte.

      Dieses Monstrum glitt jetzt unaufhaltsam heran und nahm Kurs auf die Galeere der Pilger.

      Sofort legte sich die Panik, denn angesichts des gewaltigen Rohres wußte jeder sofort, was ihnen blühte, wenn sie die Befehle der Stadtgarde nicht befolgten.

      Die letzten Pilger wurden an Bord getrieben. Sie stolperten mehr, als sie gingen, und zogen das Genick ein.

      „Nehmen Sie die Stelling an Bord!“ rief der Hauptmann scharf. „Danach legen Sie sofort ab. Das Kriegsschiff wird Sie bis auf die See eskortieren.“

      „Eskortieren?“ rief der Kapitän höhnisch. „Sie jagt uns aus dem Hafen, und wir können sehen, wie wir mit der Pest an Bord fertig werden, so ist es doch!“

      „Keine Widerrede. Ablegen!“

      „Meine Ruderer sind noch nicht alle an Bord“, sagte der Kapitän. „Sie werden erst in ein paar Stunden da sein. Unser Auslaufen war auf den Nachmittag festgelegt.“

      „Sie haben genug Leute an Bord. Die paar Ruderer, die noch fehlen, können sie aus den Pilgern rekrutieren. Die Kerle sehen gesund und kräftig aus. Es wird ihnen nicht schaden, sich ein wenig zu betätigen.“

      Zähneknirschend gab der Kapitän nach.

      „Stelling einholen!“ schnappte der Kapitän.

      Die große Stelling wurde von scheu und verschüchtert wirkenden Männern eingeholt, an Bord genommen und verzurrt.

      Das Ablegen ging ebenfalls sehr schnell vonstatten. Ein paar Stadtgardisten halfen mit und warfen die Leinen los. Sie konnten die Galeere gar nicht schnell genug loswerden.

      Erleichtert atmeten alle auf, als die Ruderer zu den Riemen griffen und das Pilgerschiff ablegte.

      Die Stimmung an Bord war gedrückt. Keiner muckte auf. Manche hielten nur verstohlen Ausschau nach dem Pestkranken, doch der schien wie vom Erdboden verschwunden zu sein.

      Die Kriegsgaleere folgte mit langsamem Riemenschlag dem Pilgerschiff. An der großen Kanone standen sechs Männer wie zufällig herum.

      „Ein Glück für uns“, sagte der Hauptmann. „Die verdammten Pilger sind wir los. Hoffentlich hat dieser Kerl keine weiteren Leute mit seiner tödlichen Krankheit angesteckt.“

      Er versammelte ein paar höhere Chargen um sich und hielt ihnen einen längeren Vortrag.

      „Vor allem darf nichts durchsickern. Für den Handel unserer Stadt hätte das katastrophale Folgen, die in ihrer ganzen Tragweite nicht zu überblicken sind. Venedig wäre dem Untergang geweiht. Kein Schiff würde unsere Stadt mehr anlaufen. Es muß strengstes Stillschweigen über diesen Vorfall bewahrt werden.“

      „Vielleicht breitet sich die Seuche inzwischen schon aus“, gab einer zu bedenken. „Es besteht auch die Möglichkeit, daß die Mannschaft irgendeines Schiffes die Krankheit eingeschleppt hat. Bei uns waren in den letzten Jahren keinerlei besorgniserregende Krankheitsfälle aufgetreten, schon gar nicht die Pest. Man sollte schleunigst den Hohen Rat unterrichten.“

      „Man sollte auch die fremden Handelsfahrer einer genauen Kontrolle unterziehen“, sagte ein anderer. „Ich schlage vor, daß die Stadtgarde und die Miliz zusammen die Schiffe durchkämmen.“

      „Das muß der Rat entscheiden.“ Sehr erleichtert blickten sie der Galeere nach. Was sich dort an Bord abspielte, interessierte den Hauptmann und seine Chargen nicht weiter. Sie hatten schnell und übersichtlich gehandelt, und der Hauptmann hatte das auf seine Verantwortung genommen. Niemand würde ihm etwas vorwerfen. Im Gegenteil – vielleicht konnte er sogar mit einer Beförderung rechnen, denn immerhin hatte er die Stadt vor dem Ausbruch der am meisten gefürchteten Krankheit gerettet. Davon war er selbst felsenfest überzeugt.

      Die Galeere mit den schweigenden Pilgern trieb weiter den Canale hinunter, gefolgt von der Kriegsgaleere.

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