Seewölfe - Piraten der Weltmeere 255. Frank Moorfield

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 255 - Frank Moorfield


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wieder von diesem Matschzeug gekauft, du Stint?“ fragte er.

      „Das waren Datteln“, stellte der Kutscher fest. „Und wenn du keinen Appetit darauf verspürst, brauchst du ja keine zu essen.“

      „Du schaffst das Zeug auch allein, du Kombüsenaal“, röhrte der Profos. „Wie ich dich kenne, kaust du nun wieder tagelang darauf herum und spuckst die Kerne kreuz und quer über unsere Lady weg. Oder meinst du vielleicht, ich hätte schon vergessen, wie du damals vor der Insel Kreta ständig die klebrigen Dinger durch die Gegend gespuckt hast, was, wie?“

      Der Kutscher stemmte die Fäuste in die Hüften.

      „Was hätte ich denn sonst damit tun sollen, du aufgeblasenes Rumfaß?“ fragte er mit ärgerlicher Stimme. „Hätte ich sie vielleicht runterschlucken und darauf warten sollen, bis mir kleine Dattelbäumchen aus den Ohren gewachsen wären, he?“

      Der Profos stand einen Augenblick wie erstarrt.

      „Wie nennst du mich, du grünbetupftes Bilgengespenst?“ schnaufte er dann. „Hat schon mal jemand so was gehört? Ein aufgeblasenes Rumfaß nennt mich dieser Kakerlakenzüchter, und das soll sich unsereins auch noch gefallen lassen!“ Ed Carberry ging langsam auf den Kutscher zu, der sich nicht vom Fleck rührte.

      „Weißt du, wie ich dir Anstand und Respekt vor Leuten einflößen werde, die es gewohnt sind, sich redlich und ohne in der Gegend herumzuspukken, zu ernähren?“ knurrte der Profos. „Ho, ich werde dich mit dem Kopf mitten in dein süßes Matschzeug stecken, bis du rund und satt davon geworden bist. Und dann – dann werde ich dir noch höchstpersönlich die Haut in ganz schmalen Streifen von deinem Affenarsch abziehen, aber ganz langsam und mit …“

      „Laß gut sein, Ed“, schaltete sich der Seewolf ein. „Du brauchst ja keine Datteln zu essen, wenn du sie nicht magst. Ich bin jedenfalls der Meinung, daß du den Kutscher nicht länger aufhalten solltest, sonst fällt das Frühstück heute aus. Oder bist du bereit, darauf zu verzichten?“

      „Du hast recht, Sir“, antwortete Edwin Carberry mit einem strafenden Blick auf den Kutscher, „und wegen dieser Datteln verzichte ich ganz bestimmt nicht aufs Frühstück. Hopp, hopp, du Kombüsenwanze, jetzt hau mal was Ordentliches in deine Pfannen!“

      Die Männer lachten und erinnerten sich plötzlich an ihre knurrenden Mägen. Der Kutscher verzog sich in seine Kombüse, und die Zwillinge schlossen sich ihm an, um ihm zur Hand zu gehen.

      Old O’Flynn blickte über das Schanzkleid und fuhr sich mit der Hand durch die grauen Bartstoppeln.

      „Wie ich die Türken kenne“, prophezeite er dann, „kreuzen die bestimmt gerade zu dem Zeitpunkt auf, in dem uns der Kutscher die Mucks und Teller füllt. Und wenn’s die Pechsträhne will, halten sie auch noch mit.“

      Der Seewolf grinste. „Für dich wird schon noch genügend übrigbleiben, Donegal. Übrigens, wenn sie nach dem Frühstück noch nicht hier sind, werden wir noch einmal zur Insel rüberpullen, um uns den Rest der Tempelbauten anzusehen.“

      „Das nenne ich eine gute Idee“, mischte sich der Profos ein. „Heute wird ja wohl nicht schon wieder so ein – äh, so ein brennendes Schwertflämmchen da drüben auf uns lauern.“

      „Ein flammendes Schwert!“ verbesserte Old O’Flynn. „So jedenfalls hat sich dieser Baba Schah genannt.“

      „Egal, was für ein Schwert“, fuhr Ed Carberry fort. „Wenn sich wieder jemand in den alten Gemäuern versteckt hat, um uns zu ärgern, dann lasse ich ihn zehn Runden um die Insel schwimmen und hetze das hungrigste Krokodil hinter ihm her!“

      Das Frühstück des Kutschers war von gewohnter Qualität. Selbst die Grabräuber in der Vorpiek hatten nichts daran auszusetzen, sondern fielen wie hungrige Löwen darüber her.

      Die Prophezeiung des alten O’Flynn erfüllte sich nicht. Von den Türken war noch immer nichts zu sehen. Philip Hasard Killigrew benannte deshalb einen kleinen Trupp, der mit ihm zur Nilinsel Philae hinüberpullen sollte. Für den Fall, daß die Soldaten anrücken würden, hatte er mit Ben Brighton, seinem Stellvertreter, ein Signal verabredet.

      Außer dem Seewolf enterten wenig später Ed Carberry, der rothaarige Schiffszimmermann Ferris Tukker, Dan O’Flynn sowie Stenmark und der hagere, aber zähe Fockmastgast Gary Andrews in das Beiboot ab.

      Die Männer hatten nicht vergessen, sich ausreichend mit Musketen, Degen und Entermessern zu bewaffnen. Und sie hatten sich auch genug Pistolen in die Bandeliere geschoben.

      2.

      Die Sonne stand bereits höher am Himmel und ging nach der Kühle der vergangenen Nacht dazu über, ihre sengende Hitze über das Land auszubreiten. Die Atmosphäre stand so gut wie still, es herrschte kaum Luftbewegung, und somit waren die Voraussetzungen für einen sonnigen, heißen Tag erfüllt.

      Der Seewolf und seine Männer hatten die nahe gelegene Insel Philae bald erreicht und vertäuten das Boot an einer gut zugänglichen Stelle, die von der „Isabella“ aus eingesehen werden konnte.

      Die Nilinsel war nur mit niedrigem Buschwerk, Schilf und vereinzelten Palmen bewachsen. Dazwischen ragten die riesigen Tempelbauten als Zeugen vergangener Epochen gegen den Himmel. Allen voran der imposante Tempel der Göttin Isis, von dessen Schönheiten sie gestern nur sehr wenig gesehen hatten, weil sie von Baba Schah und seinen Anhängern überfallen worden waren.

      Die Seewölfe waren überwältigt. Diese uralten, geheimnisumwitterten Bauwerke faszinierten immer wieder aufs neue.

      Da ließ sie ein lautes Krächzen herumfahren. Reflexartig zuckten ihre Hände zu den Kolben ihrer Pistolen. Doch als sie die Ursache der plötzlichen Geräusche erkannten, zog ein Grinsen über ihre sonnengebräunten Gesichter.

      Sir John, der karmesinrote Bordpapagei, den der Profos einst im Amazonasgebiet auf die Galeone gebracht hatte, war ihnen gefolgt und hatte sich flügelschlagend auf dem Dollbord des Beibootes niedergelassen. Offenbar wollte auch er die Gelegenheit zu einem Landausflug nutzen.

      „Verschwinde, du Nebelkrähe!“ knurrte Edwin Carberry und schob das gewaltige Rammkinn vor. „Mußt du uns ausgerechnet jetzt stören, da wir gerade unseren Horizont erweitern wollen?“

      Doch Sir John, der putzmuntere Aracanga, hatte nur wenig Verständnis für das Vorhaben der Männer.

      „Bilgenratten!“ krächzte er. „Heringe! Alle Mann an Deck!“

      Als der Profos eine fuchtige Handbewegung vollführte, flatterte er auf und ließ sich nur wenige Yards von den Seewölfen entfernt auf dem Kopf einer uralten Götterstatue nieder, die sich in Überlebensgröße gegen die Steinquader der Tempelmauern zu lehnen schien. Die Gottheit trug eine Krone in der Hand, dazu einen aus Stein gehauenen Papyrusstab und einen Bogen mit zwei gekreuzten Pfeilen.

      „Was ist das für ein Gott, Sir?“ fragte der Profos.

      Der Seewolf lächelte.

      „Das ist kein Gott, sondern eine Göttin“, berichtigte er dann seinen Profos. „Du übersiehst doch sonst nicht so leicht gewisse Körperrundungen, Ed“, setzte er hinzu. „Es handelt sich offenbar um Neith, die Schöpfergöttin. Irgendwo haben wir sie schon einmal gesehen.“

      Doch die Frage Carberrys schien nicht seinem Bildungsdrang entsprungen zu sein, denn ohne auf die Auskunft des Seewolfs näher einzugehen, wandte er sich erneut an Sir John, der neugierig auf die Männer hinunteräugte.

      „Hast du das gehört, du blindes Suppenhuhn?“ polterte er los. „Hoffentlich bist du dir darüber im klaren, daß du auf dem Kopf einer Göttin sitzt! Wehe, du läßt etwas fallen! Jetzt kannst du mal zeigen, daß du bei Edwin Carberry Benehmen gelernt hast.“

      „Backbrassen!“ war Sir Johns ungezogene Antwort. Dazu schlug er kräftig mit den Flügeln.

      „Na, war das nicht eine rasche Reaktion auf deine Aufforderung?“ Ferris Tucker, der Schiffszimmermann, lachte. Er war ein großer Mann mit einem Kreuz,


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