Seewölfe - Piraten der Weltmeere 338. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 338 - Burt Frederick


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Und jetzt – Traum in Erfüllung.“ Seine Stimme erstickte fast.

      Hasard legte ihm die Hand auf die Schulter.

      „Sag mir, wo wir deinen Stamm finden.“

      Tamao sah ihn strahlend an. Seine Ergriffenheit wich der Begeisterung.

      „Platz liegt an der Waccasassa-Bucht. Ist ein Name aus unserer Sprache, aber Spanier nennen Bucht auch so.“

      „Und wo ist diese Bucht?“

      „Richtung, wo Sonne sinkt. Spanier nennen es Westen.“

      Hasard sah den Jungen erstaunt an. In der kurzen Zeit, in der die spanischen Eindringlinge sein Volk beherrschten, hatte er eine Menge gelernt. Aus ihm würde ein Mann werden, der sich durch einen außergewöhnlichen Verstand auszeichnete.

       2.

      Nach einem kurzen Streifzug durch das Uferdickicht kehrten Mardengo und seine Männer zu dem zerstörten Indianerkanu zurück.

      „Reine Zeitverschwendung“, sagte Gato brummend und fuhr mit den Fingern durch sein strähniges dunkelbraunes Haar. „Hier finden wir nichts.“ Der massig gebaute Mann war Kreole wie Mardengo, und er sprach eben jenes schaurige Kauderwelsch, das nur ein Kreole verstehen konnte.

      Auch die übrigen acht Piraten blickten gelangweilt drein.

      „Dummkopf“, entgegnete Mardengo fauchend, und in seinen schwarzen Augen entstand ein zorniges Funkeln. Er deutete über das Kanu hinweg auf die Wasserfläche hinaus. „Wer auch immer sich hier aufgehalten hat, muß gesehen haben, was sich in der Bucht abspielte.“

      „Woher willst du das wissen?“ sagte Gato störrisch. „Vielleicht hat sich überhaupt nichts abgespielt, und vielleicht war die letzte verdammte Menschenseele vor Tagen oder Wochen hier.“

      Mardengos Augen verengten sich. Die blutrote Narbe, die sich von seinem linken Ohr bis zum Kinn zog, färbte sich dunkler.

      „Es gibt Spuren“, zischte er und wies mit einer ruckartigen Handbewegung auf zwei, drei abgeknickte Schilfblätter in der Nähe des Kanuwracks. „Wenn man genau genug hinsieht, findet man auch etwas. Los jetzt! Ihr werdet jeden Fingerbreit Boden absuchen. Es sind Menschen hiergewesen, und zwar nicht vor Tagen oder Wochen, sondern erst vor Stunden. Bewegt euch!“

      Gato zog den mächtigen Schädel ein Stück tiefer zwischen die Schultern. Dann gab er den anderen einen herrischen Wink.

      „Bewegt euch vorsichtig, Leute. Trampelt nicht alles kaputt. Wenn ihr was gefunden habt, meldet es sofort. Klar?“

      Die acht Männer brummten zustimmend. Unter Gatos Führung schwärmten sie aus.

      Mardengo harrte bei den Resten des Kanus aus und blickte auf die Bucht hinaus, wo die „Grinthian“ und die neun Einmaster vor Anker lagen.

      Ein Durcheinander rauher Stimmen tönte von Bord der Schiffe herüber. Es war ein wilder, oft disziplinloser Haufen, den der kraushaarige Kreole befehligte. Aber jeder einzelne dieser Burschen war ein harter Kämpfer, und das war es, was vor allem zählte. Unter Druck setzen ließ sich keiner von ihnen, aber Mardengo ließ sie niemals im unklaren darüber, daß er den Ton angab. Er und kein anderer.

      Sie hatten eine herbe Schlappe hinter sich, diese Männer, die ihm vertrauten, weil er sie stets fair behandelte und noch nie übers Ohr gehauen hatte. Der Angriff auf das Fort der verhaßten Spanier hatte geklappt wie am Schnürchen. Nicht zuletzt waren es Gato und seine Landtruppe gewesen, die zum Erfolg beigetragen hatten. Fort St. Augustine hatte bislang als uneinnehmbar gegolten. Jetzt aber mußte Don Lope de Sanamonte erkennen, daß er sich zu sicher gefühlt hatte.

      Mardengos Gesicht verzerrte sich zu einer wilden Grimasse. Der Gedanke an den schwarzhaarigen Bastard mit seinem fremdländischen Dreimaster brachte erneut die Wut in ihm zum Kochen. Die Hurensöhne waren mit ihrer Galeone aufgekreuzt, als Mardengo und seine Flotte den Kampf schon so gut wie gewonnen hatten. Damit nicht genug, hatten sich die Fremden auch noch den Goldschatz aus der Festung angeeignet.

      Die Verluste, die der schwarzhaarige Fremde seiner Flotte zugefügt hatte, wären für Mardengo noch zu verschmerzen gewesen. Viel schlimmer war die Demütigung.

      Der Kreole ballte die Hände zu Fäusten. Verdammt, nein, er würde nicht eher ruhen, bis er den Schweinehund erwischt und mitsamt seiner verdammten Crew auf den Meeresgrund geschickt hatte. Daß der fremde Dreimaster von der Armierung her weit überlegen war, spielte keine Rolle. Bereits in der ersten Auseinandersetzung vor Fort St. Augustine hatte der Bastard begreifen müssen, daß ihm Mardengos wendige Einmaster höllisch zusetzen konnten. Man mußte nur die richtige Taktik anwenden, dann waren auch jene Eindringlinge von der anderen Seite der Welt zu bezwingen.

      Ein Ruf riß den Kreolen aus seinen Gedanken. Er ruckte herum und sah Gato in Steinwurfweite zwischen dem Schilfrohr. Der massig gebaute Mann wirkte aufgeregt.

      Mardengo setzte sich in Bewegung und bahnte sich einen raschen Weg durch das sumpfige Dickicht. Der Boden schien unter den Stiefeln zu schwanken, aber Mardengo kannte sich aus in diesem Land. Wie seine Männer lebte er seit Jahren in den Sümpfen von Florida. Sie waren der menschenfeindlichen Umgebung gewachsen, kannten jede Pflanze, jedes Tier und jede tückische Eigenart des Geländes. Ihnen passierte es nicht, daß sie in ein verborgenes Sumpfloch tappten. Sie spürten die Gefahren, noch bevor sie sie vor Augen sahen.

      „Da ist ein Kanal“, sagte Gato, „eigentlich sind wir nur durch die Spuren darauf gestoßen. Sonst siehst du das kaum.“

      Mardengo zog die Augenbrauen zusammen, blieb aber stumm. Eilends folgte er seinem Vertrauten durch das Schilf. Die anderen Männer standen an einer etwas erhöhten Stelle unter dem ausladenden Astgewirr einer Zypresse, die sich mit mächtigen Luftwurzeln aus dem Sumpf erhob.

      Wegen des dichten Schilfs war der Kanal von der Bucht aus kaum zu erkennen. Mardengo sah die Spuren, die Gato und die anderen gefunden hatten. Jemand hatte sich hier umgesehen. Nur ein paar Leute, vielleicht drei oder vier. Eine ganze Horde hätte deutlichere Fährten im wildwuchernden Uferdickicht hinterlassen.

      „Nun, was denkst du?“ fragte Gato stolz. Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Kanal. „Ist das nicht ein guter Weg für jemanden, der sich heimlich davonschleichen möchte?“

      Mardengo zog die Schultern hoch.

      „Möglich“, erwiderte er kurzangebunden. „Wir werden es herausfinden.“

      Auf seinen Befehl begaben sie sich zurück zum Beiboot der „Grinthian“. Mit mäßigen Riemenschlägen pullten die Männer am Schilfgürtel entlang, bis sie die Einfahrt zu dem natürlichen Kanal erreichten.

      Nachdem sie den Wasserlauf bis auf eine halbe Meile ausgelotet hatten, schwanden Mardengos Zweifel. Der Kanal war schiffbar. Die Schlußfolgerungen brachten zwar nichts Greifbares, aber es war eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen mußte.

      Die Fremden waren mit ihrem Dreimaster verschwunden. Die Bucht konnte ihnen möglicherweise als Versteck gedient haben. Wenn sie den Kanal entdeckt hatten, mußten sie ihn ebenfalls ausgelotet haben. Und was lag näher für jemanden, der eine Riesenbeute im Laderaum hatte, als jeden nur erdenklichen Fluchtweg zu nutzen?

      Mardengo grinste in sich hinein, und seine Augen begannen zu glitzern. Wenn der Bastard sich tatsächlich in die Sümpfe gewagt hatte, dann saß er in der Falle. Kein Fremder kannte sich hier besser aus als er, Mardengo.

      Er gab das Kommando zum Wenden, und die Männer pullten zügig zur „Grinthian“ zurück. Noch bevor sie die umgebaute kleine Galeone erreichten, ließ Mardengo die Einmaster anpreien und beorderte die insgesamt neun Schiffsführer zu sich.

      Seine Ansprache, die er wenig später vom Achterdeck der „Grinthian“ aus hielt, war kurz und bündig.

      „Ich werde mir diesen Kanal näher ansehen. Und zwar allein mit der ‚Grinthian‘. Ihr bleibt vorläufig hier in der Bucht, verstanden? Sollte aber nur ein einziger Schuß fallen, werdet ihr uns


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