Seewölfe - Piraten der Weltmeere 167. Kelly Kevin

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 167 - Kelly Kevin


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wie eine Flunder landete er auf dem Bauch, eine Hand in Smokys Hemd und die andere in etwas verkrallt, das einmal ein ordentliches Rigg gewesen war und jetzt den Eindruck erweckte, als habe ein Tiger mit einem gigantischen Wollknäuel gespielt.

      Smoky stöhnte. Hasard fiel etwas zusammenhanglos ein, daß der bullige braunhaarige Mann ein wahrhaft verblüffendes Talent dazu hatte, alles, was irgendwie durch die Luft flog, unweigerlich an den Schädel zu bekommen. Verrückt geworden, dachte der Seewolf und meinte sich selbst. Als ob es jetzt um Smokys Talente ging!

      „Tempo, ihr Himmelhunde!“ brüllte Ed Carberry von der Kuhl. „Muß ich euch erst die Hammelbeine langziehen? Seht ihr nicht, daß wir kentern, ihr schwarzen Rübenschweine, ihr karierten Kanalratten, ihr dämlichen Perükkenläuse?“

      Sie kenterten zwar noch nicht, aber der Besanmast hing wie ein gebrochener Arm in die kochende See, und die „Isabella“ krängte beängstigend nach Steuerbord.

      Hasard sprang auf, stellte Smoky auf die Füße und beförderte ihn mit Schwung an die Schmuckbalustrade, wo er sich hoffentlich festhalten würde. Ferris Tucker und Dan O’Flynn wühlten sich bereits durch das Gewirr von Holztrümmern und verwickelten Stagen.

      Der Schiffszimmermann schwang seine riesige Axt, Dan hackte mit dem Entermesser nach Wanten und Pardunen. Mit einem Sprung war der Seewolf heran, ließ sich etwas in die Knie sinken und stemmte die Schulter unter den Mast, damit er, wenn er in die Tiefe fuhr, nicht auch noch den Rest des Achterschiffs zu Kleinholz schlug.

      Ed Carberry, Stenmark und Luke Morgan stürmten mit Beilen bewaffnet das Achterkastell.

      Endlose Sekunden vergingen, in denen die „Isabella“ Anstalten zeigte, aus dem Wind zu drehen. Wenn sie jetzt quer zum Wellengang schlug, konnten sie alle ihr Testament aufsetzen. Noch hielt die Trosse das Heck.

      Irgendwo brüllte Ben Brighton ein paar „hirnamputierte Kakerlaken“ an, doch endlich, in drei Teufels Namen, die verdammte Fock aus dem Wind zu nehmen, die den „Scheißkahn“ unaufhaltsam herumdrückte. Für einen ruhigen, beherrschten Mann wie den ersten Offizier der „Isabella“ war das ganz schön starker Tabak. Aber in einer Situation, in der sie jeden Augenblick querschlagen, kentern und mit Mann und Maus auf Tiefe gehen konnten, wäre wohl nicht einmal der Schutzheilige aller Seefahrer ruhig und beherrscht geblieben.

      „Jetzt!“ brüllte Ferris.

      Ein letzter, wuchtiger Axthieb begleitete das Wort und trennte endgültig den Mast von seinem zersplitterten Stumpf.

      Hasard drückte die Knie durch.

      Seine Schulter stemmte das schwere Holz hoch, während Ferris, Dan, Luke und die anderen immer noch wie wahnsinnig auf das Gewirr von Tauwerk einhackten. Ein dumpfes Knirschen und Brechen. Auch am Steuerbordschanzkleid würde es Kleinholz geben, dachte Hasard. Aber was tat das schon, solange der verdammte Mast nicht das Schiff in die Tiefe riß.

      Überraschend leicht glitt er weg und klatschte ins Wasser.

      Schwerfällig richtete sich die „Isabella“ aus ihrer Schräglage auf. Zwei, drei Sekunden lang verharrten die Männer mit angehaltenem Atem. Wenn es jetzt dem Teufel, den Geistern des Meeres oder dem Zufall gefiel, den elenden Mast mit voller Wucht gegen die Bordwand zu schmettern und ihnen ein Leck in die Wasserlinie zu rammen, dann war es aus.

      Nichts dergleichen geschah.

      Die „Isabella“ zerrte wie ein durchgehender Gaul an der Trosse, der Bug schwang nach Backbord. Voraus glaubte Hasard für den Bruchteil einer Sekunde, ein langes Stück Holz in der brodelnden See zu erkennen. Er holte tief Luft.

      „Schlafen könnt ihr später!“ schrie er über das Orgeln des Sturms hinweg. „Hoch mit der Fock! Heißt die Blinde! Wir brauchen Fahrt in dem verdammten Kahn, oder der Teufel holt uns lotweise!“

      „Aye, aye!“ brüllte der Profos. „Habt ihr’s gehört, ihr müden Säcke? Wir sind noch nicht raus aus dem Mist, also bewegt euch, sonst zieh ich euch die Haut in Streifen …“

      Und so weiter und so weiter.

      Ein fluchender Profos war die Seele des Schiffs. Die Männer hätten auch so gespurt, aber ohne die finsteren Drohungen wäre ihnen ziemlich mulmig geworden. So flitzten sie, keuchten, schufteten, was das Zeug hielt, und wußten, daß sie es schaffen würden. Und wenn nicht, dann würde sie irgendein Wunder davor retten, zur Hölle zu fahren. Denn zur Hölle zu fahren, ohne daß der Profos noch Gelegenheit erhielt, den Schuldigen die Haut in Streifen von gewissen edlen Körperteilen zu ziehen – das war schlechterdings unmöglich.

      In Minutenschnelle blähte sich die Blinde unter dem Bugspriet.

      Die Fock wurde gesetzt, der heulende Wind fuhr hinein, noch bevor die Galeone endgültig querschlagen konnte. Jetzt raste sie wieder dahin, als veranstalte sie einen Wettlauf mit den Windsbräuten. Luke, Ferris und Dan gingen daran, mühsam auf die kläglichen Reste der Manntaue geklammert, das Achterkastell aufzuklaren.

      Smoky stand an der Schmuckbalustrade und sah aus, als wisse er nicht genau, ob Sommer oder Winter sei.

      Heiliger Bimbam, dachte Hasard erschüttert.

      Wenn nur nicht wieder Smokys Erinnerungsvermögen in Mitleidenschaft gezogen worden war! Etwas in der Art hatte er schon einmal gehabt. Temporären Gedächtnisschwund nannte es leicht hochtrabend der Kutscher, der auf der „Isabella“ als Koch und Feldscher fungierte. Die anderen sprachen kürzer und ebenso eindeutig vom „Tempo-Dingsda“. Nur über eins waren sie sich einig: daß Smokys „Tempo-Dingsda“ seinerzeit eine Strafe gewesen war, die das Geschick nur in einem Anfall übelster Laune für die Männer der „Isabella“ hatte ersinnen können.

      Hasard kam nicht dazu, sich über den Geisteszustand seines Decksältesten zu vergewissern.

      Als er an die Schmuckbalustrade trat, hangelte sich auf der Kuhl eine schlanke Gestalt an einem straff durchgeholten Strecktau entlang. Siri-Tongs langes rabenschwarzes Haar flatterte im Sturm. Die Rote Korsarin trug einfache Schifferhosen und eine zinnoberfarbene Bluse wie immer. Hasard mußte grinsen, als er bemerkte, daß sie die obersten Knöpfe des Kleidungsstücks rigoros geschlossen hatte – vermutlich, um auf Hasard und Philip, die achtjährigen Zwillingssöhne des Seewolfs, seriöser und respektgebietender zu wirken.

      Pech, daß das an dem Mißtrauen der Zwillinge nicht viel änderte.

      Siri-Tong war an Bord, da es eine ganze Weile dauern würde, bis der Schwarze Segler wieder instand gesetzt war. Hasard hatte sie gebeten, ihn zu begleiten, da er glaubte, daß ein bißchen weiblicher Einfluß seinen reichlich wild und ungebärdig geratenen Söhnen guttun würde.

      Nur verstanden die Zwillinge unter „weiblich“ etwas ganz anderes. Sie waren im Orient aufgewachsen. Ihrer Meinung nach hatte eine Frau im Harem zu sitzen, Süßigkeiten zu knabbern, türkischen Kaffee zu trinken und allenfalls die eine oder andere Intrige zu spinnen. Der Schleier? Nun ja, darauf konnte man notfalls verzichten – andere Länder, andere Sitten.

      Daß der Seewolf unverständlicherweise keinen Harem sein eigen nannte, mußte man eben akzeptieren. Aber das mindeste wäre gewesen, daß sich Siri-Tong in ihre Kammer zurückgezogen und das süße Nichtstun gepflegt hätte. Eine Frau in Hosen, die zupackte, einen Degen trug, ihn zu führen verstand und vor keiner Arbeit zurückscheute – das ging entschieden über das Begriffsvermögen der Zwillinge.

      Es gab keinen Zweifel daran, daß sie sich dem „weiblichen Einfluß“ zielstrebig widersetzten.

      Hasard amüsierte sich darüber und war gespannt, wie sich Siri-Tong am Ende aus der Affäre ziehen würde. Aber sein Lächeln erlosch, als er das blasse, angespannte Gesicht der Roten Korsarin sah.

      Sie turnte den Niedergang hoch und hielt sich an der Balustrade fest. Auch sie war es gewohnt, Sturm und Wellen zu übertönen – schließlich kommandierte sie normalerweise den Schwarzen Segler.

      „Die Jungen!“ rief sie. „Ich wollte nach ihnen sehen, aber sie sind weg! Verschwunden!“

      „Himmelkreuzdonnerwetter und Gewittersturm


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