Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

Seewölfe Paket 28 - Roy Palmer


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Spaß haben wollen. Ebel hatte ihm eingeredet, daß er Weiber kenne, die noch viel besser als die wären, die der Bulle in seinem Stall hätte.

      So waren sie nach draußen gegangen – der Portugiese sturzbetrunken, Ebel Schachnam völlig nüchtern. Nicht weit von der Höhle entfernt hatte er dem Giaur zwischen den Klippen sein Messer ins Herz gestoßen. Dann hatte er ihn ausgeplündert.

      Gold- und Silbermünzen und einen Diamanten hatte er zutage gefördert – und das Spektiv. Der Fischzug hatte sich gelohnt. Anschließend hatte er die Leiche ins Meer geworfen, und auch die Haie hatten ihre Freude gehabt.

      Wieder spähte Ebel durch das Fernrohr. Ja, damals, das waren noch Zeiten gewesen! Er war allein gewesen und hatte mit keinem zu teilen brauchen. Wenn er es sich recht überlegte, war er dabei bedeutend besser gefahren.

      Vielleicht wird es wieder so sein, dachte er grimmig.

      Sollte er die Meute einfach im Stich lassen? Nein. So feige war er nicht. Lieber brachte er sie um, einen nach dem anderen. Oder er zündete ihnen ihre Hütten über den Köpfen an, damit sie bei lebendigem Leibe verbrannten.

      Bei dieser Vorstellung grinste der Bandenführer. Ja, das war eine gute Methode. Er würde sie ein wenig rösten, diese Bastarde. Das geschah ihnen recht. Sie waren sowieso undankbar und aufsässig.

      Im stillen hatten sie zu Güner gehalten, das ahnte er. Aber ehe sie begriffen, welchen Fehler sie damit begingen, würden sie dem Kurden nachfolgen, nämlich als Futter für die Fische des Tigris – und für die Wasserratten. So war der Lauf der Welt.

      Ebel Schachnams Gestalt straffte sich.

      Noch glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Allmählich aber nahm der Traum, dem er soeben erlegen war, konkrete Formen an.

      „Das darf nicht wahr sein“, sagte der Bärtige heiser.

      Seine Stimme war belegt. Wieder wurde ihm bewußt, daß er Hunger und Durst hatte. Doch was bedeutete das jetzt noch!

      Da war die Rettung – ein Schiff! Aber nicht irgendsoein mieser Kahn mit armen Schluckern an Bord segelte da den Tigris herauf. Kein Kelek, kein Guffa. Nein, das war ein Giaurschiff! Mit drei Masten! Eine richtige Galeone, die überdies Tiefgang aufwies, was auf Ladung schließen ließ!

      Ebel Schachnam sprang auf. Er war außer sich vor Freude und führte einen kleinen Tanz auf. Sobald er sich wieder beruhigt hatte, schlug er sich in das Ufergestrüpp, arbeitete sich bis unmittelbar ans Ufer vor und nahm die Galeone durch den Kieker genauer in Augenschein.

      Fein, ganz wunderbar, dachte er.

      Bei dem Schiff schien es sich um eine spanische Galeone zu handeln. Ebel Schachnam hatte einen Blick dafür. Mit den Giaurschiffen kannte er sich aus. Da brauchte ihm keiner etwas zu erzählen. Lange genug hatte er sich in Korna und am Golf herumgetrieben. Er wußte Karavellen von Galeonen zu unterscheiden, kannte Karacken und Fleuten und sogar Galeassen.

      Spanier waren keine armen Bettler. Wenn so ein Handelsfahrer wie dieser auftauchte, dann bedeutete das Geld, kostbare Ladung, Reichtümer, fetten Proviant. Die Lasten dieser Schiffe quollen ja schier über.

      Was immer den Giaurkapitän getrieben haben mochte, bis hier herauf zu segeln – er würde es schwer bereuen. Ebel Schachnam prägte sich noch einige Details von dem Schiff und seiner Mannschaft ein, dann eilte er ins Lager zu seinen Kerlen.

      „Giaurs“, berichtete er. „Etwa dreißig. An Bord einer Galeone mit drei Masten. Spanier. Sie haben auch lebendige Tiere dabei, bunte Vögel in Verschlägen.“

      Haschira, der Grinser, leckte sich die Lippen. „Bestimmt sind es Hühner und Fasane, die man schlachten kann. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.“

      Drei Kerle, die mit Pfeil und Bogen auf Jagd gewesen waren, kehrten in diesem Moment aus dem Dattelwald zurück. Nur eine Ente hatten sie erlegt. Die wurde sofort gerupft und ausgenommen und übers Feuer gehängt, aber sie reichte nicht aus, um die Kerle zu sättigen.

      „Laßt das jetzt“, sagte Ebel Schachnam. „Wir bringen das Giaurschiff auf. Macht sofort die Guffas klar!“

      „Ja, Herr“, sagten die Kerle.

      Sie waren Feuer und Flamme. Vergessen war der Haß, der in ihnen gärte – Ebel war wieder der große Mann, der Kämpfer und Retter.

      „Einige von euch halten sich mit den Pferden bereit“, sagte der Bärtige. „Die Giaurs haben Kanonen und sind sicherlich keine Anfänger. Sie werden sich ihrer Haut wehren. Wenn es bei dem ersten Angriff nicht klappt, reiten wir weiter flußauf und versuchen es noch mal. Wir haben die besseren Chancen und würgen ihnen langsam die Luft ab.“

      „Das ist gut“, erwiderte einer der Kerle. „Und wenn sie verröcheln, plündern wir ihren Kahn.“

      „Fleisch und Brot“, sagte Haschira. „Sie haben alles in Hülle und Fülle.“

      „Auch Wein“, sagte ein anderer.

      „Wir werden saufen“, stieß ein Pirat hervor. „Beim Scheitan, wir wollen feiern, wenn wir gesiegt haben! Allah kann mir gestohlen bleiben!“

      „Was machen wir mit dem Kahn?“ wollte Haschira von Ebel Schachnam wissen.

      „Den versenken wir. Wir können nichts mit ihm anfangen.“

      „Und wenn wir ihn in Bagdad oder Korna verkaufen?“ fragte der Grinser lauernd.

      „Auch das wäre eine Idee“, erwiderte der Bärtige. „Ich werde es mir überlegen. Kein schlechter Gedanke, Haschira.“

      Der Grinser fühlte sich geschmeichelt. Endlich hatte er mal einen sinnvollen Beitrag geliefert. Und was gewesen war – na ja, das gehörte sowieso der Vergangenheit an. Wenn sie etwas erbeuteten – das genügte.

      Ebel Schachnam war wieder der Held. Sie würden ihn hochleben lassen – vorausgesetzt, es klappte alles wie geplant. Aber daran hatten die Schnapphähne keinen Zweifel.

      Der Tigris war ihr Gebiet, hier kannten sie sich aus. Die Giaurs hingegen waren Fremdlinge in einem Land, das ihnen sicherlich nicht ganz geheuer war. Die Schachnambande genoß also den Heimvorteil und würde dies auszunutzen verstehen.

      Im übrigen war heller Tag. Es gab keine Dämonen und Wassergeister, die einem bei diesem Unternehmen möglicherweise in die Quere gerieten. Auch die Hexe war vergessen, die ihnen so arg mitgespielt hatte. Sie und ihre beiden merkwürdigen Begleiter – sie sollten doch zur Hölle fahren, wo sie hingehörten!

      Die Bande bereitete sich auf den großen Überfall vor. Die Kerle pirschten zum Ufer und brachten die Guffas im Dickicht ins Wasser. Dann kletterten sie an Bord, griffen nach den Paddeln und hielten Pfeil und Bogen bereit. Sie warteten nur noch auf ein Zeichen ihres Anführers.

      Die Galeone schob sich näher heran. Sie konnte ihnen nicht mehr entgehen. Sie war eine sichere Beute für Ebel Schachnam und seine Meute von Galgenstricken.

      „Na ja“, murrte Carberry. „Ich hab’s ja gesagt.“

      „Was denn?“ fragte Matt Davies, der neben ihm am Backbordschanzkleid der Kuhl stand.

      „Daß wir nach diesem Nest – wie hieß es doch gleich?“

      „Amara.“

      „Stimmt. Daß wir nach Amara keine Tröge und Nachttöpfe mehr zu sehen kriegen, habe ich gleich gewußt.“

      „Warte ab.“

      „Das ist eine ruhige Ecke“, meinte der Profos. „Aber ich habe nichts dagegen. Irgendwie gingen mir die Tröge auf den Geist.“

      „Guffas und Keleks.“

      „Ja, von mir aus. In Bagdad schwimmen die Dinger aber bestimmt wieder um uns rum, was, wie?“

      „Daß du auch immer lästern mußt“, sagte Smoky. „Für mich gehören diese Boote zum täglichen Bild.“

      „Warum auch nicht?“ entgegnete Carberry höhnisch. „Demnächst bauen wir


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