Seewölfe - Piraten der Weltmeere 595. Davis J.Harbord
Impressum
© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-96688-009-1
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Davis J. Harbord
Sie nehmen die Herausforderung an – doch der Gegner kämpft mit Haken und Ösen
Tower-Pier, April 1598, vormittags.
Als die Fanfaren am Westtor zu schmettern begannen und die Vorreiter der Tower-Garde auftauchten, wußten die Arwenacks, daß die Königin erschien.
Philip Hasard Killigrew nickte seinen Mannen lächelnd zu und setzte mit einem gewaltigen Sprung gleich vom Achterdeck der Schebecke zur Pier hinüber.
Die Karosse Ihrer Majestät wurde von acht Schimmeln gezogen. Sie hielt auf der Höhe der Schebecke. Hinten sprangen zwei Lakaien vom Trittbrett, eilten zur rechten Tür der Karosse und öffneten sie. Vom Bock der Karosse stiegen zwei weitere Lakaien und stellten eine kleine, dreistufige Treppe vor die Tür.
Die Gardisten auf ihren Pferden schirmten die Karosse ab.
Hasard trat an die Karosse.
Ein Mann, groß, schlank und braunhaarig, entstieg der Karosse, musterte Hasard aus eisigen Augen, zog indigniert die rechte Braue hoch, wandte sich der Tür zu und half Ihrer Majestät aus dem Prunkwagen. Das allerdings hatte Philip Hasard Killigrew tun wollen, aber der Höfling war ihm zuvorgekommen. Und mit untrüglichem Instinkt wußte der Seewolf, daß dieser Mann gefährlich war …
Die Hauptpersonen des Romans:
Elisabeth I., Königin von England – Ihre Majestät verstößt gegen die Sitte, was ihr aber herzlich gleichgültig ist.
Robert Devereux – der Earl of Essex hat ein seltenes Geschick, sich immer zwischen zwei Stühle zu setzen.
Gilbert Batten – der Hauptmann der Seesoldaten befehligt eine Prunk-Yacht und führt stur Befehle aus.
Potter – der Bootsmann dieser Prunk-Yacht ist ein berüchtigter Schläger, findet jedoch seinen Meister.
Mac Pellew – hält sich für den schönsten Mann Englands, weil ihn die Königin geküßt hat.
Philip Hasard Killigrew – beugt sich auf Befehl Ihrer Majestät einer Herausforderung und zeigt die Zähne.
Inhalt
1.
Edwin Carberry konnte es nicht lassen.
Kaum hatte die Königin ihren Fuß auf die erste Stufe des Treppchens gesetzt, da röhrte der Profos los, und wenn der Profos röhrte, dann war was gefällig. Mac Pellew hatte mal erzählt, bei „Plymmie“ Plymson, dem Kneipenwirt der „Bloody Mary“ in Plymouth, wären beim Brüllen des Profosen die Kellerfenster aus den Rahmen geflogen, und in der Küche wäre ein Tellerbord auf die Steinfliesen gekracht.
Wie dem auch sei, der Profos riß begeistert den Arm hoch und röhrte: „Unserer geliebten Lissy ein dreifaches Hipp-hipp-hurra – Hipp-hipp-hurra – Hipp-hipp-hurra!“
Klar, daß die Mannen mit einstimmten, und so steigerte sich des Profosen Anfeuerungsruf zu einem Donner aus genau dreiunddreißig Männerkehlen, Philip Hasard Killigrew nicht mitgerechnet, und diese dreiunddreißig Arwenacks hatten allerlei auf der Lunge.
Daß auch Don Juan de Alcazar mitbrüllte – und dies als Spanier – hing schlicht mit der Tatsache zusammen, daß er zu dieser verschworenen Gemeinschaft salzwassergetränkter Rauhbeine gehörte wie die gekreuzten goldenen Säbelklingen zum schwarzen Tuch der Kampfflagge des Bundes der Korsaren. Außerdem hatte er als Kapitän die spanische Schatzgaleone „Fidelidad“ bis hierher an die Towerpier gesteuert.
Sie lag hinter der Schebecke, fest und sicher vertäut.
Also: die Begrüßung der Arwenacks für ihre „geliebte Lissy“ fegte über die Pier, prallte gegen die Towermauern und raste über die Themse, daß die Möwen kreischend davonstoben und in den Hafengassen die Fensterscheiben klirrten.
Die königliche Lissy war entzückt, und ihr bleiches Gesicht mit der herrischen Adlernase und den dunkelblauen Augen färbte sich rot.
Das Gesicht des Mannes an ihrer Seite hingegen – Hasard sah es genau – zeigte kein Entzücken. Es wechselte vom Angewidertsein zu einer Maske arroganter Ablehnung.
Und mit Empörung und näselnder Stimme fuhr er Hasard an: „Wie können Sie Ihre Majestät derart erschrecken, Mister?“
Philip Hasard Killigrew blieb eine Antwort erspart.
Verärgert und abrupt löste sich die Königin von den stützenden Händen des Mannes und fauchte ihn an: „Halt’s Maul, Essex!“
Sie konnte recht drastisch werden, diese Elisabeth I., Königin von England, und von den Arwenacks liebevoll „Lissy“ genannt.
Aha! dachte Hasard. Dieser Schönling ist also Robert Devereux, Graf von Essex, der derzeitige Günstling Ihrer Majestät. Und er sah mit innerlichem Vergnügen, wie das arrogante Gesicht des Grafen rot wurde vor Wut.
Er hat nicht die Gabe, sein Mienenspiel zu beherrschen, dachte Hasard, verbeugte sich tief vor der Königin und nahm ihre rechte Hand, die sie ihm entgegenstreckte.
„Da bist du also wieder, Rebell“, sagte sie mit klirrender Stimme. „Man berichtete mir, du wolltest nie wieder nach England zurückkehren!“ Sie musterte ihn scharf.
„Da bin ich“, sagte Hasard lächelnd, „also stimmt es nicht, was man Ihrer Majestät berichtete.“
„Hm-hm, ich sehe silberne Haare an deinen Schläfen, Rebell“, sagte die Königin, „und dein Gesicht ist härter geworden – und noch männlicher. Du wirst mir viel zu erzählen haben. Es heißt, du hättest vor etwa vier Jahren eine englische Expedition in die Karibik unter Sir Andrew Clifford, Sir Henry Battingham und Sir John Killigrew vernichtet und die drei Gentlemen erschießen lassen …“
„Unerhört!“ fauchte der Graf von Essex. „Majestät, man sollte diesen Mann sofort von der Towergarde verhaften lassen!“
Die Königin drehte sich langsam zu ihm um, musterte ihn kühl und sagte: „Den Teufel werde ich tun, mein Guter! Und misch dich nicht in Sachen, die dich nichts angehen und von denen du nichts verstehst.“
Da wurde der Graf