Seewölfe - Piraten der Weltmeere 168. Kelly Kevin
sich am Kopf. „Sie konnten ja nicht wissen, daß es im Nebel so verdammt schwierig ist, irgend etwas wiederzufinden“, wandte er ein. „Und der dämliche Wind war für uns alle überraschend.“
„Außerdem habt ihr ihnen alle die Ohren mit den verdammten Gespenstergeschichten vollgehängt“, knurrte Smoky und übersah großzügig, daß er dabei tatkräftig mitgewirkt hatte.
Jeder fand plötzlich irgend etwas, das sich als mildernder Umstand für die beiden Missetäter anführen ließ. Big Old Shane war neben Hasard getreten und grinste.
„Kannst du dich erinnern, wie du deine Musterexemplare von Brüdern mal mit einer Kerze in einem ausgehöhlten Kürbis erschreckt hast?“ fragte er leise.
„Na und?“ sagte Hasard. „Hat mich Sir John dafür etwa nicht mit seinem verdammten Krückstock verdroschen?“
Aber Sir John war ja auch ein biestieges Ekel und ein mißratenes Rabenaas von einem Vater gewesen, dachte er bei sich. Mit gefurchter Stirn musterte er seine Söhne, die ziemlich gelassen des Strafgerichts harrten.
„Eine Woche Kombüsendienst“, entschied er salomonisch. „Aber wenn mir Klagen vom Kutscher kommen, ziehe ich euch eigenhändig die Haut ab, klar?“
„Aye, aye, Sir!“ erklang es im Chor.
Es klang ziemlich kleinlaut. Denn der Kombüsendienst war eine harte Strafe für zwei ewig hungrige Jungen, die es im Interesse ihrer Kehrseiten nicht riskieren durften, etwas zu stiebitzen.
Der Wind schlief wieder ein.
Immer noch hüllte der Nebel die „Isabella“ ein wie „der Schaum auf einem gigantischen Bierglas“. Smoky hütete sich, weiter von Nebeldämonen zu faseln. Old O’Flynn hinkte mit grimmigem Gesicht herum und war miserabelster Laune. Er hatte die verdammte Kokosnuß einen Moment wirklich für einen Geist mit glühenden Augen gehalten. Die Tatsache, daß er auf einen Dummejungenstreich hereingefallen war, setzte ihm außerdem schwer zu.
Philip und Hasard widmeten sich mit allmählich erlahmendem Eifer dem Kombüsendienst.
Der Kutscher war angesichts der schwindenden Vorräte schlechter Laune und ließ sich durch keinerlei begehrliche Blicke in Richtung Rosinen erweichen.
Sie hatten sich reichlich mit Batate eingedeckt, jenen kartoffelartigen Wurzelfrüchten, die in der Karibik offenbar schon seit ewigen Zeiten angebaut wurden. Jetzt begannen die Knollen in der alles durchdringenden Feuchtigkeit zu schimmeln und mußten rasch verbraucht werden. Es gab Batate zum Frühstück, Batate mittags, Batate abends. Es gab Batate gebraten, gekocht und zu Brei gestampft, Batate mit Salz, mit Zitronensaft, mit Fisch und den letzten Resten Pökelfleisch und am Ende aller Weisheit auch noch mit Rosinen, Kokosnuß und Aniskörnern.
Blacky schlug vor, die Dinger doch mit einem ordentlichen Schuß Rum als Soße genießbar zu machen. Worauf er eilig aus der Kombüse flüchten mußte, weil ihm der Kutscher eine Batate-Knolle an den Kopf warf.
Eine gekochte, wohlgemerkt. Daß sich der Kutscher dabei die Finger verbrannte, ließ seine Laune noch mieser werden. Außerdem zerplatzte das Wurfgeschoß nicht an Blackys Schädel, sondern auf der Kuhl, und die Zwillinge zweifelten an der Gerechtigkeit der Welt, weil sie es waren, die das Deck schrubben mußten.
Nach drei Tagen briste es wieder auf.
Arwenack, der Schimpanse, gebärdete sich wie toll und enterte kekkernd die Wanten hinauf und hinunter, als habe er mit dem Ende der Flaute ein bedrückendes Gewicht abgeschüttelt. Sir John, der Papagei, wiederholte kreischend das, was er in den letzten Tagen am meisten gehört hatte: „Gottverdammter Nebel! Gottverdammter Nebel!“ Ed Carberry schob den Vogel schließlich kurzerhand in seine Tasche, wo er beleidigt, aber gedämpft weiterpalaverte.
Stunden später begannen sich die Nebelschwaden mit einem matten rosafarbenen Schimmer zu überziehen.
Hasard hob den Kopf und blickte zum Zentrum dieses seltsamen Leuchtens: eine riesige, verschwimmende Scheibe in dunstigem Karmesin, umgeben von einer Aureole aus Nebelschleiern, die in allen Abstufungen von Rot, Orange und Violett glommen. Der Dunst wurde durchsichtig, zerfaserte im Wind, und es dauerte nur noch Minuten, bis die Luft klar war und strahlendes Sonnenlicht die Dünung glänzen ließ wie mit Quecksilber übergossen.
Die Männer atmeten auf, als sich endlich wieder Segel über ihnen blähten.
Ringsum war die Kimm leer. So leer wie die Vorratsschnapps, versicherte der Kutscher düster. Sie würden nicht umhinkommen, Neuschottland oder Neufundland anzulaufen und eine Niederlassung zu suchen, um Wasser und Proviant zu übernehmen.
Mit raumem Wind über Backbordbug glitt die „Isabella“ unter Vollzeug westwärts, der nächsten Küste zu.
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