Seewölfe - Piraten der Weltmeere 206. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 206 - Fred McMason


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seinem geistigen Auge tauchte ein Bild auf, ein Bild das schon lange zurücklag …

      Die Armada war versenkt, zerschossen, verbrannt und in alle Winde verstreut worden, und der restliche angeschlagene Verband befand sich auf dem schmählichen Rückzug. Der Generalkapitän der Ozeanischen Meere, Don Alonso de Guzman el Bueno, Herzog von Medina Sidonia, hatte die gewaltige Schlacht verloren, seit die Nacht des achten August 1588 angebrochen war.

      Die Engländer, unter Admiral Sir Francis Drake, verfolgten den traurigen Haufen, und der Admiral ließ auch die hilflosen Schiffe noch zusammenschießen, wenn nicht dieser Seewolf gewesen wäre.

      Wieder sah de Diaz ihn vor sich, hart, braungebrannt, ein verwegener Mann, der die einzigartige Frechheit aufbrachte, sich gegen den Admiral zu stellen und den hilflosen Spanier zu helfen, wo er nur konnte.

      Auch die Galeone „El Cid“ war dabei zusammengeschossen worden, die er vor knapp zwei Jahren befehligte. Sie trieb hilflos in der See, mit Verwundeten und Toten an Bord, ein halbes Wrack, dem der sichere Untergang und die totale Vernichtung durch Drake bevorstand.

      Da erschienen Philip Hasard Killigrew und ein Franzose, an dessen Namen er sich ebenfalls noch erinnerte. Ribault hieß der Mann. Kurzentschlossen setzten sie die zerschossene ‚El Cid! wieder instand, verarzteten die Verwundeten, ließen Proviant, Wasser und Medikamente zurück und spannten ihre gesamte Crew zu den Arbeiten ein. Für den Seewolf zählte von da ab nicht mehr der Feind, sondern nur noch der hilflose Mensch als Kamerad zur See.

      Und dieser Seewolf gab ihm noch einen guten Rat, eine Empfehlung, die er dankbar annahm.

      De Diaz sollte in Richtung Norwegen weitersegeln, um den Engländern nicht erneut in die Hände zu fallen.

      Ein letzter Händedruck. Engländer und Spanier trennten sich, und de Diaz war es mit einem weiteren kleinen Verband gelungen, unbeschadet die spanische Küste zu erreichen.

      Immer noch sah er im Geist die harten Kerle vor sich, hörte ihre Stimmen und wunderte sich über die Lässigkeit, mit der das alles geschah. Ein derartiges Risiko wäre kein anderer eingegangen, überlegte de Diaz, es sei denn, er hätte Sehnsucht danach gehabt, an einer Rah zu baumeln. Aber danach sahen diese Seewölfe ganz und gar nicht aus.

      Das Fazit dieser zwei Jahre zurückliegenden Geschichte war klar und eindeutig: Der Seewolf und seine Crew hatten einigen hundert Spaniern das Leben gerettet und dadurch ihre menschliche Größe bewiesen.

      Jetzt hatte er ausdrücklichen Befehl, seinen Lebensretter gnadenlos zusammenzuschießen, sobald er ihn vor den Rohren seiner Kanonen hatte.

      Capitan Manuel de Diaz fand die ganze Welt zum Kotzen. Weshalb, per Diablo, war er nicht auf der Finca seines Vaters ein kleiner Landarbeiter geblieben! Da hätte er nur zu entscheiden gehabt, ob heute Oliven oder Apfelsinen gepflückt werden mußten.

      Sein Gesicht wirkte wie aus Stein gehauen, als er an Bord ging.

      2.

      Auf der „Isabella VIII.“ war man völlig arglos. Niemand dachte auch nur im Traum daran, daß ihnen Spanier auflauerten und ihr Kurs längst bekannt war.

      Der ranke Dreimaster schickte sich an, in sein Verderben zu laufen.

      Selbst der alte O’Flynn, der mitunter übersinnliche und vom Verstand her unfaßbare Vorahnungen hatte, spürte nichts. Er sah keine Bedrohung, keinen Schatten, für ihn war die Welt heil und in Ordnung. Wäre das nicht der Fall gewesen, dann hätte er die Seewölfe längst mit seinen dunklen Vorahnungen genervt.

      Der größte Teil der Crew war damit beschäftigt, das Logis und die Messe mit Essigwasser auszuwaschen. Das hatte den Vorteil, daß es besser duftete und außerdem Krankheitserreger abgetötet wurden. So ganz nebenbei flitzten auch die Kakerlaken in heller Panik davon und suchten sich ein neues Domizil, wo sie sich in aller Ruhe weiter vermehren konnten.

      Ganz ausrotten ließen sie sich nicht, auf jedem Schiff gab es Winkel und Ritzen, in die sie sich verkriechen konnten, und die Mannschaft hatte sich längst an sie gewöhnt. Sie gehörten zum lebenden Inventar eines jeden Schiffes, und solange sie nicht als unerwünschte Einlage in der Suppe schwammen, hatte niemand etwas gegen sie.

      Der Kutscher brachte gerade einen Holzzuber Essig an Deck und verteilte die Brühe.

      „Geht sparsam damit um“, warnte er. „Viel haben wir nicht, und ich muß das Zeug mühsam wieder aus kostbarem Obst herstellen.“

      Der Moses Bill schüttete den Essig in eine Pütz und verschwand wieder in der Messe, wo die Männer eifrig damit beschäftigt waren, Wände und Böden abzureiben.

      Der Geruch drang bis aufs Achterdeck, wo der Seewolf, Ben Brighton, Dan O’Flynn und Pete Ballie standen.

      Über der See spannte sich azurblauer Himmel, eine leichte Bagstagbrise schob die „Isabella“ durch das blaugrüne Meer.

      Steuerbord achteraus verschwand die Insel Simeulue. Backbord voraus lagen noch zwei winzige Inseln, die niemand kannte. Die Küste Sumatras war ebenfalls an Steuerbord als kaum sichtbarer Strich zu erkennen.

      „Die Inseln lassen wir an Backbord, Pete“, sagte Philip Hasard Killigrew. „Wir segeln in Sichtweite der Küste weiter.“

      „Aye, Sir“, sagte Pete und warf einen Blick nach den Flögeln.

      Alles sah ruhig, freundlich und friedlich aus. Bis auf ein paar kleine Fischerboote in Küstennähe war kein anderes Schiff zu sehen.

      Die Fischerboote trugen winzige, dreieckige Segel und hatten sich weit in die See hinausgewagt. Auf der Dünung schwankten die kleinen Boote bedrohlich.

      Dan O’Flynn lehnte am Schanzkleid und blickte auf ein kleines zerbrechlich wirkendes Boot, das wie ein Kork in der See hüpfte, und an dem sie jetzt in einem Abstand von knapp zwei Kabellängen vorbeisegelten.

      Ben Brighton war seinem Blick gefolgt und sah ebenfalls auf die Nußschale mit dem Fischer darin.

      „Ein schweres Brot“, sagte er und dachte dabei an seine eigene Kindheit. Er war als vierter von sechs Söhnen in Gravesand geboren worden. Auch sein Vater war Fischer gewesen, ehe er für immer auf See blieb, und Ben Brighton, der eigentlich Benjamin hieß, hatte damals alle Höhen und Tiefen eines Fischerlebens kennengelernt. Die Fischerei war wirklich ein schweres und hartes Brot.

      „Ja“, sagte Dan nachdenklich und blickte immer noch auf das kleine Boot. Gedankenverloren nahm er Ben das Spektiv aus der Hand, zog es auseinander und warf einen Blick hindurch.

      Nach einer Weile setzte er es ab und schob es wieder zusammen. Dann, einer plötzlichen Eingebung folgend, blickte er noch einmal hindurch, und auf sein Gesicht trat ein Zug, als grübele er über irgend etwas nach.

      „Was ist los?“ erkundigte sich Hasards Stellvertreter. „Du siehst aus, als hättest du gerade einen Geist gesehen.“

      Dan schüttelte den Kopf.

      „Nein, keinen Geist, Ben. Der Mann in dem Boot erschien mir nur so merkwürdig.“

      „Wieso merkwürdig?“

      „Weiß ich nicht. Jedenfalls wirkte er nicht wie ein Insulaner. Die sehen anders aus. Er – er wirkte fast wie ein Europäer.“

      Diesmal lächelte Ben und schüttelte den Kopf. Auch er warf nun einen Blick durch das Spektiv und holte mit Hilfe der Optik das kleine Boot näher heran.

      Doch von dem Mann sah er nur noch den Rücken, und auch den verbarg gleich darauf das dreieckige Segel. Dann begann die Entfernung größer zu werden, und das kleine Boot änderte seinen Kurs. Zweimal holte es sein Segel ein, als sei der Fischer unschlüssig, ob er noch auf See bleiben oder an Land segeln sollte.

      „Eigenartig“, nahm Dan den Faden wieder auf, „daß der Kerl nicht gewinkt hat. Sonst hüpfen sie doch immer im Boot herum, schreien und winken, wenn eine Galeone vorbeisegelt. Aber dieser Bursche tat so, als hätte er uns überhaupt nicht gesehen.“

      Dieses


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