Seewölfe - Piraten der Weltmeere 383. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 383 - Burt Frederick


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so beschloß Old Donegal, mußte er ein fachmännisches Gespräch mit Willem Tomdijk führen.

      Der dicke Holländer war in einer Bierbrauerfamilie großgeworden. In El Triunfo an der Küste von Honduras hatte er seine Brauerei und seine gesamte sonstige Habe verloren, als die Spanier die Siedlung zusammenschossen. Auf Tortuga hatte Willem mit Hilfe des Bundes der Korsaren eine neue Heimat gefunden. Er würde nur zu gern bereit sein, einem Neuling in der Schankwirtsbranche Ratschläge zu erteilen.

      Old Donegal wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er im Begriff war, Mary mit einem neuen Dutzend gefüllter Bierkrüge zu versorgen.

      Ein schlankes, schwarzhaariges Mädchen stürmte aufgeregt in den Eingang der Felsenkneipe – Araua, die Tochter der Schlangenpriesterin Arkana. Nur einen Moment verharrte sie. Dann hastete sie auf Mary O’Flynn zu.

      Schlagartig verstummte das Stimmengewirr in „Old Donegals Rutsche“.

      „Mary, schnell, wir brauchen deine Hilfe!“ Keuchend blieb das Mädchen vor der stämmigen rothaarigen Frau stehen. „Gotlinde hat furchtbare Schmerzen. Sie schreit, daß einem angst und bange wird.“

      Mary O’Flynn lächelte und legte Araua die Hand auf die Schulter.

      „Kein Grund zur Sorge, Mädchen. Das hört sich zwar schlimm an, aber es ist die Ankündigung eines freudigen Ereignisses. Ich hatte eigentlich schon gestern damit gerechnet, daß bei Gotlinde die Geburtswehen einsetzen würden.“ Mary begann, die mit Bierflecken übersäte Schürze loszubinden. „Dann wollen wir ihr mal helfen, den neuen Erdenbürger auf die Welt zu bringen.“

      Araua atmete beruhigt auf.

      „He, was soll das heißen, Miß Snugglemouse?“ rief Old Donegal mit verdutztem Blinzeln. „Du willst doch wohl nicht allein losmarschieren!“

      „Was denn sonst.“ Sie knüllte ihre Schürze zusammen und warf sie mit einem entschlossenen Ruck auf ein Bierfaß hinter dem Tresen.

      „Kommt nicht in Frage“, sagte Old Donegal auftrumpfend. „Für einen solchen Fall ist ein Mann vom Fach zuständig. Zum Glück brauchen wir ihn nicht erst zu suchen.“ Er deutete auf Mac Pellew, der nur wenige Schritte entfernt auf einem Faß hockte.

      Der griesgrämige Kombüsenmann und Feldscher der „Isabella IX.“ hatte sich gemeinsam mit Will Thorne, Jack Finnegan und Paddy Rogers an einem der Tische niedergelassen. Doch der Bierverbrauch hatte bei Mac nicht dazu geführt, daß sich seine Miene aufhellte. Jetzt, da er mit mäßigem Interesse herüberblickte, waren seine Augen trübe und teilnahmslos wie eh und je. So jedenfalls mußte es demjenigen erscheinen, der ihn nicht besser kannte.

      Mary O’Flynn hieb mit der Faust auf den Tresen, daß Old Donegal unwillkürlich den Kopf einzog.

      „Jetzt hör mir mal gut zu, du neunmalkluger Hüpfer. Erstens befinden wir uns hier auf der Schlangen-Insel und nicht auf irgendwelchen verrotteten Schiffsplanken, auf denen nur Mannsbilder herumschlurfen. Und zweitens würde die arme Gotlinde wahrscheinlich eine Fehlgeburt erleiden, wenn sie den Sauertopf Pellew zu sehen kriegt.“

      Drüben, am Tisch, sackte Macs Kinnlade weg. Will Thorne und die anderen sahen Mary O’Flynn mit einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung an.

      Und Old Donegal schüttelte den Kopf, als traue er seinen eigenen Ohren nicht mehr. Er wollte etwas entgegnen, doch Mary brachte ihn mit einer energischen Handbewegung zum Verstummen.

      „Drittens“, fuhr sie mit dröhnender Reibeisenstimme fort, „habe ich in Plymouth zehn Jahre als Hebamme gearbeitet. Ich denke nicht daran, mir von einem Kerl wie Mac Pellew ins Handwerk pfuschen zu lassen. Ist das klar?“ Herausfordernd blickte sie in die Runde.

      Niemand wagte, auch nur einen Ton von sich zu geben.

      Old Donegal Daniel O’Flynn kriegte den Mund nicht wieder zu. Bevor er erneut zur Gegenrede ansetzen konnte, folgten ihre Anweisungen Schlag auf Schlag.

      „Die Kneipe wird sofort geschlossen. Solange Gotlinde in den Wehen liegt, gibt es keine Sauferei und keinen Lärm mehr. Das ist das Mindeste, was man an Rücksicht erwarten muß. Mister O’Flynn, du besorgst saubere Leinentücher und hältst ständig kochendes Wasser bereit. Außerdem brauchen wir Seife, saubere Schüsseln und Eimer. Laß dir meinetwegen von deinem Fachmann Mac dabei helfen.“

      Mary O’Flynn wandte sich ab, ohne auf eine Antwort zu warten. Sie zog Araua mit sich, und nichts als staunende Blicke folgten der resoluten Frau, die ohne langes Fackeln die Befehlsgewalt an sich gerissen hatte. So blieb es auch während der darauffolgenden Stunden. Folgsam hatten sich die Besucher von „Old Donegals Rutsche“ in ihre Kojen zurückgezogen, während der alte O’Flynn und seine Helfer kein Auge zukriegten. Laufend gab es neue Anweisungen von Mary O’Flynn, die meist durch Araua übermittelt wurden. Kochendes Wasser mußte geschleppt werden, und immer wieder wurden neue Leinentücher angefordert.

      Das Geschehen konzentrierte sich auf einen der kühlen Kavernenräume der Schlangenkriegerinnen. Dort war Gotlinde untergebracht worden, und die Frauen umsorgten sie voller Tatkraft. Außer Mary O’Flynn waren Siri-Tong, Arkana, Araua und Gunnhild, Smokys Ehefrau, dabei. Auch die Schlangenkriegerinnen hielten sich für Hilfsdienste bereit.

      Die männlichen Bewohner der Schlangen-Insel hatten indessen das Gefühl, von jeglichem Geschehen ausgeschlossen zu sein. Das begann schon bei Old Donegal und seinen Helfern. Das kochende Wasser und die sonstigen Utensilien hatten sie am Kaverneneingang abzustellen. Dort wurden die Sachen von den Frauen übernommen. Keiner der Männer erhielt Zutritt zu der Kaverne. Wenn sie allzu nahe beim Eingang lauerten, und auf Geräusche horchten, schien Mary O’Flynn dies regelrecht zu wittern. Denn dann tauchte sie auf wie ein zorniger Racheengel und verscheuchte die Lauscher mit Donnerstimme.

      Der Morgen graute, und die Stunden schleppten sich weiter in quälender Spannung dahin. Die Gedanken der Männer waren voller Mitgefühl bei Thorfin Njal, der seiner Gotlinde in ihrer schwersten Stunde keinen Beistand leisten konnte. Ausgerechnet jetzt versah der Wikinger mit seinem Schwarzen Segler den Patrouillendienst rund um die Caicos- und Turk-Inseln. Allerdings wagten Old Donegal und etliche andere zu bezweifeln, daß die resolute Mary, geborene Snugglemouse, den nordischen Poltermann überhaupt bis an das Kindbett vorgelassen hätte.

      Der Himmel über der Karibik strahlte in wolkenlosem Blau. Die Sonne stieg höher und höher und näherte sich bereits dem Zenit.

      Old O’Flynn, Mac Pellew und Jack Finnegan warteten in respektvoller Entfernung von der Kaverne auf neue Anweisungen.

      „Verdammt“, knurrte Old Donegal, „das ist ja nicht zum Aushalten. Diese Ungewißheit macht einen ganz rappelig.“

      „Muß wohl an der Geburtshelferin liegen“, sagte Mac Pellew dumpf. „Wenn ich die Sache in die Hand genommen hätte, wäre Thorfins Nachwuchs längst zur Stelle. Aber bei diesem Weiberregiment …“

      Er verstummte jäh. Old Donegal und Jack Finnegan ruckten herum.

      Was da aus der Kaverne tönte, war so eindeutig und unmißverständlich, daß es eigentlich keiner weiteren Erklärungen bedurfte.

      Wie ein Krähen klang es, hell und langgezogen.

      Die Männer sprangen auf und näherten sich vorsichtig und erwartungsvoll der Kaverne.

      „Hört sich an wie Protest“, murmelte Mac Pellew. „Ich würde mich auch sträuben, wenn ich noch mal in dieses Jammertal Erde entlassen werden sollte.“ Im nächsten Moment erschien eine ungewöhnlich freundliche Mary O’Flynn im Eingang der Kaverne. In den Armen hielt sie ein Bündel mit leuchtend rotem Haarschopf.

      „Ein Mädchen“, verkündete sie strahlend. „Aber das ist noch nicht alles.“ Die Männer starrten sie an. „Das ist noch nicht alles?“ wiederholte Old Donegal entgeistert. „Was, in aller Welt, soll das heißen?“

      „Geduld, Geduld“, sagte Mary geheimnisvoll. „Ich denke, wir werden es sehr bald wissen.“ Ohne eine weitere Erklärung wandte sie sich ab und verschwand wieder in dem Felsenraum, der für die Männerwelt versperrt war.

      Dann,


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