Seewölfe - Piraten der Weltmeere 389. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 389 - Fred McMason


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an. Die Galeone war beschädigt. Ihr Backbordschanzkleid eingedrückt, ein Mast zersplittert, und dicht über der Wasserlinie wies sie drei große Löcher auf, die Thorfins Eisenkugeln hineingeschlagen hatten. Im Rigg sah es auch ein bißchen wüst aus. Der Takelmeister brauchte sich während der nächsten Zeit keineswegs um Arbeit sorgen.

      Die ausgenommene Galeone trieb langsam davon. Die Spanier ließen sie treiben. Sie trauten sich nicht einmal, die Segel zu setzen und blieben untätig und hilflos an Deck stehen. Allerdings hatten sie auch nicht mehr viel Tuch an den Rahen, das noch gesetzt werden konnte.

      Thorfin schenkte den Kerlen keinen Blick mehr. Er drehte sich um und starrte in die Nacht, aus der immer noch lange Flammenblitze stachen.

      Die „Tortuga“ hatte sich in eine Galeone verbissen und räumte sie aus. Siri-Tong übernahm die Ladung einer anderen Schatzgaleone, während die „Le Vengeur“ gar nichts mehr unternahm, denn ihre Laderäume waren ebenfalls zum Bersten voll.

      An der Kimm waren, undeutlich die Silhouetten flüchtender Galeonen zu erkennen. Nach allen Himmelsrichtungen flüchteten sie voller Panik in die schützende Nacht.

      Der Wikinger lachte dröhnend. Er war guter Stimmung, denn dieses Unternehmen war das reinste Zuckerlecken gewesen. Aber auch an Bord der anderen Schiffe herrschte Prachtstimmung. Was sie diesmal an Beute auf die Schlangen-Insel einbrachten, übertraf alle ihre Erwartungen. Durch diesen Raid war den Spaniern ein unermeßlicher Schaden entstanden.

      Old O’Flynn kurvte mit der „Empress“ in einer Kabellänge Entfernung vorbei und wollte nach Süden laufen.

      Der Wikinger pfiff grell auf den Fingern. Das alte Rauhbein O’Flynn drehte bei und hielt auf „Eiliger Drache“ zu.

      „Im Nordosten segelt ein dicker Brocken!“ schrie er zum Schwarzen Segler hinüber. „Soll ich dich hinlotsen, Thorfin?“

      „Mann, mir säuft der Kahn gleich unter dem Hintern ab. Wir sind bis obenhin beladen. Wenn nur noch ein Mann mehr bei mir an Deck steht, dann blubbern wir ab.“

      „Schade!“ rief Old O’Flynn. „Dann müssen wir die Kerle abzittern lassen. Das tut mir in der Seele weh.“

      „Mir auch. Aber mir bleibt nichts anderes übrig, ich muß die Heimreise antreten.“

      „Bei den anderen sieht es ähnlich aus“, versicherte der Alte, der mit seiner „Empress“ dicht neben dem Schwarzen Segler dümpelte. „Soll ich zum großen Sammeln blasen, Thorfin?“

      Der Wikinger blickte auf die Schaluppe, hob ganz langsam den rechten Zeigefinger und kratzte seinen Helm. Das tat er meist, wenn er über etwas nachdachte.

      Old O’Flynn nervte das sichtlich, denn er preite Thorfin ungeduldig an: „Was nun, verdammt! Deinen Nachttopf kannst du später kratzen.“

      „Ja, wir sammeln, wenn die anderen auch soweit sind, und gehen dann auf Südkurs.“

      „Daß der immer an seinem lausigen Helm kratzen muß“, sagte Old O’Flynn, „das ist nicht zum Aushalten. Da steckt doch etwas dahinter. Vielleicht hat er wieder diese nordischen Riesenläuse.“

      Er zeigte verstanden und lief ab. Sein nächstes Ziel war der düstere Zweidecker der Roten Korsarin.

      Auch bei Siri-Tong waren die Spanier am Arbeiten und wurden noch durch den Boston-Mann angetrieben.

      „Eine halbe Stunde noch“, rief die Rote Korsarin, „dann ist die Beute verstaut!“

      Old O’Flynn segelte zur „Tortuga“ und überzeugte sich auch dort von dem Fortgang des Umstauens. Nichts ging mehr in die Laderäume hinein, wie er erfuhr. Sie mußten die letzte Galeone noch ausräumen, dann war auch ein Teil der Decks beladen.

      Das Donnern war verstummt. Es zuckten auch keine Blitze mehr auf, als die „Empress“ zur „Le Vengeur“ segelte. In ihrer unmittelbaren Nähe trieb eine Galeone, die beim. Entern heftigen Widerstand geleistet hatte. Dementsprechend sah sie auch aus. Jean Ribault hatte ihr die Masten weggeschossen. An Deck standen nur noch drei armselige Stümpfe, und die Dons wußten nicht, was sie tun sollten. Also ließen sie sich einfach treiben.

      Ribault war in Hochstimmung. Im Widerschein der Laternen blitzten seine weißen Zähne, als er lachte.

      „Das war der letzte!“ rief er Old O’Flynn zu. „Meinetwegen können wir die Heimreise antreten. Der Wind steht gut aus Nordnordost. Sage den anderen Bescheid, Donegal!“

      „Hab ich schon. Alles klar. Achteraus liegt Thorfin, er wartet, daß wir sammeln.“

      Ribault zeigte ebenfalls verstanden. Ganz langsam nahm die „Le Vengeur“ Kurs auf den Schwarzen Segler. Auch sie lag tief im Wasser und bewegte sich nur schwerfällig.

      Nach insgesamt einer weiteren Stunde formierte sich der Verband. Was er zurückgelassen hatte, sah schrecklich aus. In der See trieben entmastete, zerschossene und gerupfte Galeonen. Auf einer großen Fläche bewegten sich Holztrümmer in der Dünung, Fässer und Kisten.

      Auf einer der Galeonen brannte das Achterdeck. Die verstörten Dons hatten schon Boote ausgebracht und enterten ab, weil der Brand sich auszuweiten begann und nicht mehr zu löschen war.

      Langsam und tief in der See liegend, gingen die vier Schiffe des Korsarenbundes auf Südkurs. Ihr Ziel war die Schlangen-Insel, wo die ungeheuren Schätze in den unterirdischen Kavernen verschwinden würden.

      Die „Empress of Sea“, die wesentlich schneller lief als die vier schwerbeladenen Schiffe, spielte Aufklärer und umkreiste die kleine Flotte.

      Ein reicher Beutezug war beendet. An Bord gab es überall zufriedene Gesichter, und dem Raid würde ein großes Fest folgen.

       2.

      Nacht, Dunkelheit und Entfernung hatten die zweimastige Schaluppe Don Juans verschluckt. Aber der heimliche Beobachter der Enterkämpfe war noch da und keinesfalls verschwunden.

      Hasard hatte ihn bereits am Vortag als kleinen Strich an der Kimm gesehen und war mißtrauisch geworden, als die Schaluppe jeden Kreuzschlag der „Isabella“ nachvollzog. Er hatte den alten O’Flynn gebeten, auch die anderen Kapitäne zu warnen, weil ihm die Schaluppe nicht geheuer erschien. Als er einmal auf sie zusegelte, zog sie sich schnell zurück und verschwand achteraus an der Kimm.

      Don Juan de Alcazar hatte am Vortag bereits beobachten können, wie die fünf Kriegs-Galeonen, die den Geleitzug zum Schutz begleiteten, in einem heftigen Gefecht vernichtet wurden. Er war immer eisern auf Tuchfühlung geblieben.

      Als er dann die „Isabella“ erkannt hatte, wußte er, daß er sich wieder auf der Spur Philip Hasard Killigrews befand.

      Seine Kalkulation war damit aufgegangen und seine Ahnung zur Gewißheit geworden, daß die Engländer bei den nördlichen Bahamas ihr Unwesen trieben. In diesen Gewässern war ihnen auch die Perlen-Galeone „Santa Clara“ in die Hände gefallen.

      Was Don Juan bis in die Tiefen seiner Seele erschütterte, war die unglaublich scheinende Tatsache, daß außer der „Isabella“ vier weitere schwer armierte Galeonen die fünf spanischen Kriegsschiffe so mir nichts, dir nichts von der See gefegt hatten. Eine kleine dreimastige Karavelle hatte ebenfalls eingegriffen.

      Don Juans schiefergraue Augen durchbohrten die Dunkelheit. Alles in ihm kochte und brodelte vor Wut, als er den pausenlosen Kanonendonner hörte und die Blitze sah, die scheinbar aus der See stachen. Mitunter war das berstende Krachen von Schiffsplanken oder Masten bis hierhin zu hören.

      Jetzt wurden die spanischen Galeonen kräftig ausgenommen und gerupft wie fette Weihnachtsgänse. Die Weltmacht Spanien verlor unermeßliche Reichtümer an die englischen Piraten.

      Don Juan ballte die Hände zu Fäusten und starrte mit brennenden Blicken in das Chaos an der Kimm. Da flogen nur so die Fetzen, da wurde ein Schatzschiff nach dem anderen geentert, und die Reichtümer aus der Neuen Welt verschwanden in den Bäuchen der englischen Galeonen, statt am spanischen Hof zu landen.


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