Seewölfe - Piraten der Weltmeere 457. Burt Frederick
Impressum
© 1976/2018 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-865-2
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Burt Frederick
Eines Mannes Entscheidung
Der Mordplan schlug fehl – und dann entschied das Duell
Weil Mac Pellew in den Hühnerverschlägen acht goldene Eier entdeckt hatte, war die Piratenkaravelle, die Hasards Mannen erobert hatten, von Edwin Carberry „The Golden Hen“ getauft worden, ein passender und trefflicher Name, obwohl das mit den goldenen Eiern seine eigene Bewandtnis hatte. Aber Carberry hatte das symbolisch gemeint – in der Erwartung, mit der „Golden Hen“ recht viele goldene Eierchen aus dem spanischen Nest zu holen. So auch jetzt, als sie zusammen mit Siri-Tongs „Caribian Queen“ auf den Geleitzug aus Cartagena warteten, den sie zu „rupfen“ gedachten. Nur hatte die erste Galeone Wein an Bord, die zweite Pulverfässer und die dritte wahrhaftig Zuchtschweine. Aber von der sinkenden „San Jorge“ bargen die Arwenacks einen alten Freund …
Die Hauptpersonen des Romans:
Don José de Moncayo – der Capitán der „San Jorge“ meint, sich durch einen Kuhhandel freikaufen zu können.
Don Juan de Alcazar – hat noch eine Rechnung zu begleichen – mit einem Degen.
Philip Hasard Killigrew – ist zutiefst mißtrauisch und behält recht.
Jean Ribault – verfolgt einen Flüchtigen, der ihn zum Narren hält.
Batuti – der Riese aus Gambia beweist, daß er sich dem Urwald anzupassen vermag.
Inhalt
1.
Einer der Bootsgasten führte den Riemen zu ungeschickt. Das Riemenblatt fegte über die Wasseroberfläche, statt einzutauchen. Ein gischtender Schwall ergoß sich über die Achterducht, wo der Kapitän mit dem Ersten Offizier Platz genommen hatte. Letzterer führte das Steuerruder.
Don José de Moncayo saß wie erstarrt, als der nasse Segen auf ihn niederklatschte. Seine Augen wurden starr, lodernde Wut zeigte sich in der Tiefe seiner Pupillen.
Der unglückselige Bootsgast zog unwillkürlich den Kopf zwischen die Schultern. Zu allem Überfluß vergaß er auch noch weiterzupullen, so daß der Riemen seines Hintermannes krachend auf den seinen schlug.
Es war wie ein Signal für Don José. Mit einem Knurrlaut sprang er auf, packte den Bootsgast am Kragen und zerrte ihn mit eisenhartem Griff von der Ducht hoch.
„Dämlicher Trottel!“ brüllte Don José, und die Adern an seinem Hals waren wie Stränge. Sein sonst so wohlgeformtes Gesicht mit der kühnen Nase, dem Knebelbart und dem festen Kinn hatte sich gerötet und war zu einer teuflisch verzerrten Fratze geworden. Der ohnehin schmallippige Mund war ein kaum noch erkennbarer Strich. „Bist du noch bei Trost, du Narr? Erdreistest dich, deinen Capitán zu beleidigen!“ Don José blies einen salzigen Wassertropfen weg, der von seiner linken Augenbraue in den Oberlippenbart gefallen war. „Dafür wirst du büßen, du Dreckskerl!“
Ungewollt stellten auch die übrigen Bootsgasten das Pullen ein. Entgeistert sahen sie ihren Kapitän an. Selbst die vier Offiziere runzelten die Stirn. Was, um Himmels willen, war mit de Moncayo los, daß er den armen Kerl wegen eines unbedeutenden Patzers wie einen Verbrecher behandelte?
„Señor Capitán, ich wollte doch nicht …“, stammelte der Mann verzweifelt.
„Schweig! Für deine Unverschämtheit gibt es keine Entschuldigung.“ Mit einem blitzschnellen Ruck stieß de Moncayo den Mann über den Dollbord.
Der Bootsgast schrie gellend auf und zappelte in der Luft mit Armen und Beinen wie ein auf dem Rücken liegender Käfer. Dann verstummte sein Schrei, als er ins Wasser klatschte. Mit einem Gurgeln versank er.
Der Hintermann wollte dem Versinkenden zur Rettung das Riemenblatt hinhalten. „Weg damit!“ herrschte Don José ihn an, und einen Moment hatte es den Anschein, als wolle er sich auch auf diesen Mann stürzen.
„Señor Capitán“, sagte der Zweite Offizier vorsichtig, „soviel ich weiß, kann der Mann nicht schwimmen.“
Die übrigen Bootsgasten nickten zustimmend, ohne den Blick von dem unfaßbaren Geschehen zu wenden. Ihre Mienen waren wie versteinert durch Entsetzen und Fassungslosigkeit.
„Interessiert mich nicht“, sagte Don José de Moncayo, und es klang wie ein bösartiges Knurren. „Ihn hat es auch nicht interessiert, ob er seinen Capitán mit Salzwasser besudelt.“
Die Männer auf den Duchten sahen sich an. Empörung begann in ihnen zu kochen. Als Decksleute an Bord einer spanischen Kriegsgaleone waren sie eine Menge gewohnt gewesen. Hartherzigkeit und Ungerechtigkeit seitens der hochwohlgeborenen Señores vom Achterdeck gehörten da zur Tagesordnung. Aber dies ging denn doch über das erträgliche Maß hinaus.
Die Bewegungen im Wasser wurden schwächer und schwächer. Nur noch ein leichter Wellenschlag war an der Wasseroberfläche zu erkennen. Sie waren noch viel zu weit vom Ufer entfernt, als daß der Unglückswurm eine Chance gehabt hätte, sich aus eigener Kraft zu retten. In seinem Erschrecken hatte er es ja nicht einmal geschafft, sich an einem der Riemen, geschweige denn am Dollbord festzuhalten.
De Moncayo hatte ihn beseitigt wie eine lästige Fliege.
Dieser Capitán hatte es gewagt, seiner üblen Laune Luft zu verschaffen, indem er einen wehrlosen Mann tötete.
„Verdammt“, sagte einer der Bootsgasten auf der vordersten Ducht zähneknirschend. „Das ist Mord. Das ist ganz gemeiner, niederträchtiger …“ Er verstummte, als ihm sein Nebenmann den Ellenbogen in die Rippen rammte.
Der Kapitän schien aus einer momentanen Geistesabwesenheit zu erwachen. Seine Brauen zogen sich zusammen, auf seiner Stirn entstanden Furchen.
„Wer war das, ihr Hunde?“ fragte er leise und doch mit unüberhörbarer Drohung.
Die Männer schwiegen. Obwohl kein Laut zu hören war, erinnerte die Stille doch an eine Gitarrensaite, die immer straffer gespannt wurde – bis sie irgendwann reißen würde. Nur die Riemenschläge der übrigen Boote waren zu hören. In der Kapitänsjolle wuchs die innere Anspannung dem Siedepunkt entgegen. Alle spürten, daß es zu einer Kraftprobe kommen konnte.
Da waren die ergrimmten Decksleute auf der einen Seite, die nun