Seewölfe - Piraten der Weltmeere 182. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 182 - Burt Frederick


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im Heck und hielt das Ruder.

      Sein Anblick verursachte ein Gefühl in Moana, das sie sich selbst nicht zu erklären vermochte. Etwas Beruhigendes ging von diesem großen Mann mit den schwarzen Haaren und den eisblauen Augen aus.

      Niemals hatte Moana von solchen Menschen gehört. In keiner der Geschichten, die die Dorfältesten erzählten, war von Wesen dieser Art die Rede. Doch wieder war es der Instinkt des Mädchens, der ihr sagte, daß es gute Menschen sein mußten.

      Noch einmal wandte sie sich um.

      Genugtuung erfüllte sie, als sie sah, daß Charangus Männer die Paddel langsam und zögernd führten.

      Hasard richtete sich auf der Achterducht der Jolle auf.

      Dan O’Flynn, Sam Roskill, Luke Morgan und Stenmark pullten weiter. Das Auslegerboot dümpelte jetzt im schwachen Wellengang, und in einer Kabellänge Entfernung nahte das große Kanu mit den Verfolgern heran, die jetzt offenkundig weniger Verbissenheit an den Tag legten.

      Das Mädchen war eine jener Schönheiten, wie Hasard und seine Männer sie schon auf der Insel Hawaii kennengelernt hatten. Schlank und zierlich, reichten ihr die schwarzen Haare bis weit auf den Rücken herunter. Ein hauchdünnes Etwas aus buntem Stoff war um ihren Körper geschlungen.

      Während sie herannahten, blickte Hasard in die großen mandelförmigen Augen, die flehentlich und hoffnungsvoll zugleich auf ihn gerichtet waren.

      Er gab den Männern ein Handzeichen. Sie holten die Riemen ein. Hasard schwenkte die Ruderpinne und steuerte die Jolle längsseits. Dan O’Flynn beugte sich nach außenbords, packte eine Strebe des Auslegers und zog die polynesische Nußschale heran.

      Stenmark stieß einen leisen Pfiff aus. Sam Roskill und Luke Morgan wechselten einen bedeutungsvollen Blick. Die Schönheit des Mädchens war überwältigend.

      Hasard suchte die wenigen Brokken jener polynesischen Sprache zusammen, die er von der Insel Hawaii kannte.

      „Wir sind Freunde“, sagte er, „können wir helfen? Was ist geschehen?“

      Das Mädchen blickte ihn verständnislos an. Ihr Blick hing an seinen Lippen, doch in ihren Augen las Hasard, daß sie kein Wort von dem begriff, was er sagte.

      „Wir kommen von Hawaii“, versuchte er es noch einmal, „wir haben dort gute Freunde.“

      Immer noch dieser verständnislose und gleichzeitig fragende Blick.

      „Es hat keinen Zweck“, sagte Dan O’Flynn, der seine Augen nicht von dem Mädchen wenden konnte. „Sieht so aus, als ob sie hier eine ganz andere Sprache sprechen.“

      „Und was ein Wasserfahrzeug ist, wissen sie bestimmt auch nicht“, sagte Luke Morgan und lachte glucksend. Die beiden anderen stimmten mit ein.

      „Ruhe!“ fauchte Dan O’Flynn. „Gleich gibt es sowieso Stunk.“ Er deutete zu dem Kanu, das bereits auf eine halbe Kabellänge herangenaht war.

      Das Mädchen wandte gleichfalls den Kopf und erschrak sichtlich. Es hatte den Anschein, als würde ihr plötzlich eine unangenehme Erinnerung wieder bewußt, die sie bis eben aus ihrem Bewußtsein verdrängt hatte.

      Sie gab sich einen jähen Ruck, turnte mit katzenhafter Gewandtheit über den Ausleger, vollführte einen federnden Sprung und kauerte unvermittelt auf der vordersten Ducht der Jolle. Gestikulierend begann sie zu reden. Ein nicht enden wollender Wortschwall sprudelte über ihre Lippen.

      Die Männer zuckten hilflos mit den Schultern, denn sie verstanden nichts von dem, was das Mädchen sagte.

      „Dan“, sagte Hasard schließlich mit einem Seitenblick zu dem herannahenden Kanu. „Versuch es mit der Zeichensprache. Verklare ihr, daß sie sich beruhigen soll und wir ihr helfen werden. Scheint so, als ob wir dazu doch etwas mehr Zeit brauchen.“

      Er warf Luke Morgan einen aufgerollten Tampen zu. Die Männer vertäuten das Auslegerboot, damit sie es später ins Schlepp nehmen konnten.

      Mit Begeisterung übte sich der junge O’Flynn währenddessen in der Zeichensprache. Das Mädchen beobachtete seine Handbewegungen voller Staunen, aber dann glitt ein Leuchten des Verstehens über ihr schmales Gesicht.

      Hasard und die anderen hatten sich umgedreht. Dieses Wasserfahrzeug, das da auf sie zuglitt, war schon eine imposante Erscheinung. Mehr noch die Besatzung.

      Die Männer waren klein, dunkelhäutig und ungeheuer muskulös. Indessen wirkten ihre Mienen eher unbeteiligt als angriffslustig. Wilden Kampfeseifer schienen sie nicht an den Tag zu legen. Danach hatte die ganze Begegnung ohnehin von vornherein nicht ausgesehen. Im Grunde mußte es der gleiche freundliche Menschenschlag sein, wie ihn die Seewölfe auf Hawaii kennengelernt hatten. Denn sehr weit waren sie von jener großen Insel noch nicht entfernt.

      Der Bursche im Heck des Kanus sah allerdings höchst merkwürdig aus.

      Hasard und seine Männer konnten sich den Anflug eines Grinsens nicht verkneifen, obwohl sie ahnten, daß dieser seltsame Kerl Angst und Schrecken verbreitete. Zumindest das Verhalten des Mädchens ließ darauf schließen.

      Das Augenfälligste war unbestreitbar ein wohlgenährter alter Gibbon-Affe, der würdevoll auf der linken Schulter des Mannes thronte. Er selbst trug einen hellblauen Turban, der nur den Ansatz seines blauschwarzen Haupthaars erkennen ließ. Sein Gesicht war dunkelbraun, ohne Falten und von einem Vollbart umrahmt. Bekleidet war er mit einem Umhang aus wallender Seide, die in melierten Farben schimmerte. In Hüfthöhe war dieser Umhang mit geflochtenem Bast gegürtet. Ein Krummdolch mit kunstvoll ziseliertem Griff hing in einer Lederscheide an eben jenem Gurt. Die feinnervigen Hände des Mannes ruhten auf einem etwa brusthohen Holzstab, der mit Schnitzereien verziert war. Sein rechtes Handgelenk war mit einer Manschette aus einem etwa handtellerbreiten Eisenreif bewehrt.

      Bis auf etwa fünfzig Yards hatte sich das Kanu mittlerweile genähert, und die Männer verhielten in offenkundiger Unschlüssigkeit.

      „Sieht aus wie ein Inder, dieser Knilch mit dem Affen“, flüsterte Luk Morgan.

      „Richtig“, sagte Hasard leise, „er ist gekleidet wie ein Sikh.“

      „Ist das was Besonderes?“ erkundigte sich Stenmark.

      „In Indien nicht. Eine kriegerische Sekte, soviel ich weiß. Sie haben mehrere strenge Regeln, an die sie sich halten müssen. Dazu gehört, daß sie nie ihr Haar schneiden. Sie rollen es zusammen und binden den Turban darüber. Außerdem müssen sie immer verteidigungsbereit sein. Deshalb haben sie sogar nachts ihren Dolch bei sich. Und dieses Stück Eisen am rechten Handgelenk gehört zu einer besonderen Kampftechnik, mit der sie ihren Gegner abwehren.“

      „Himmel“, sagte Sam Roskill gedämpft, „mir wird angst und bange.“

      Hasard lächelte.

      „Ich denke, ein paar höfliche Worte sind wohl angebracht.“

      Er richtete sich auf und hob die rechte Hand zu einem freundschaftlichen Gruß.

      Das Mädchen kauerte auf der Ducht und verbarg das Gesicht zwischen den Armen.

      „Wir sind Engländer, und wir sind in friedlicher Absicht hier!“ rief der Seewolf. „Versteht ihr unsere Sprache?“

      Die Polynesier blickten verständnislos. Der Inder hingegen ließ sich zu einem würdevollen Nicken herab, hob die rechte Hand nur knapp und ließ sie sofort wieder auf seinen Holzstab sinken.

      „Ich bin König Charangu, Herrscher von Kahoolawe.“ Eine knappe Kopfbewegung zeigte an, daß damit die Insel gemeint war, die jetzt ungefähr eine Seemeile entfernt hinter seinem Rücken lag. Sein Englisch war korrekt, doch mit einem schauderhaften rollenden Akzent behaftet.

      „Mein Name ist Philip Hasard Killigrew“, antwortete der Seewolf, „Kapitän der ‚Isabella VII.‘, die unter der Flagge Ihrer Königlichen Hoheit Elizabeth der Ersten von England, segelt.“

      Charangu verzog keine Miene. England schien nichts Beeindrukkendes für ihn zu sein, denn es lag am anderen


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