Seewölfe - Piraten der Weltmeere 366. Burt Frederick

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 366 - Burt Frederick


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wie sie sind.“

      „Also ist er die Nummer eins, und ich stehe an zweiter Stelle.“ Joaquin spielte den Schmollenden.

      „Aber nicht doch, mein Süßer.“ Sie hauchte ihm einen Kuß auf die Wange. „Caligula ist Caligula. Und du bist Joaquin, mein stolzer Spanier. Zwischen euch liegen Welten. Da gibt es nichts zu vergleichen und schon gar keine Rangordnung.“

      „Dann bin ich genausoviel wert wie dein …“

      Sie legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen.

      „Du bist unvergleichlich, Joaquin. Wann wirst du das begreifen?“

      Er lächelte geschmeichelt. „Warten wir ab, bis Caligula wieder an Deck ist. Vielleicht wird er mich hinterrücks erdolchen.“

      „O nein. Er frißt mir aus der Hand, wenn ich das verlange. Also wird er dich in Frieden lassen.“

      „Und dir auch die Füße küssen, wenn du es willst?“

      „Du bist ein Halunke!“ Sie lachte schallend, beugte sich zurück, und das Gelächter ließ ihre Brüste wippen.

      „Wie geht es ihm übrigens?“ fragte Joaquin und tat so, als empfände er Mitgefühl für den Mann, der eigentlich sein Rivale sein mußte.

      „Er hat aufgehört, zu phantasieren“, erwiderte die Black Queen, immer noch belustigt. „Also ist er auf dem Weg der Besserung. So eine kleine Schnittwunde haut ihn auf die Dauer nicht um.“

      Joaquin Solimonte, der von seinen Freunden El Tiburon genannt wurde, nickte. Die Black Queen sorgte sich nicht sonderlich um ihren Gefährten, der in seiner Achterdeckskammer mit einem dicken Schulterverband zur Untätigkeit verdammt war. Jedenfalls zeigte sie nach außen hin keine solchen Gefühle. Warum aber hatte sie ihn, Joaquin, dann in Punta Gorda daran gehindert, den Neger zu töten?

      Er mußte auf der Hut sein. Denn er traute ihr zu, daß sie ein falsches Spiel spielte, um ihn einzulullen. Wahrscheinlich tat sie ihm gegenüber nur so, als sei ihr an Caligulas Wohlergehen nicht sonderlich viel gelegen.

      Aufgeregtes Gebrüll aus dem Großmars änderte die Situation an Bord der „Caribian Queen“ schlagartig. Der Ausguck fuchtelte wie wild mit den Armen.

      „Deck, Deck! Mastspitzen an der Kimm! Nordost!“

      Auch die Haltung der Black Queen änderte sich von einem Atemzug zum anderen. Hatte sie eben noch versucht, ein verliebtes kleines Mädchen darzustellen, so war sie jetzt die harte und unnachgiebige Befehlshaberin des Zweideckers – die Frau, die eine Meute von wild-verwegenen Kerlen herumkommandierte und immer noch danach strebte, die ganze Karibik zu beherrschen.

      Ihr Größenwahn war ungebrochen.

      Das hatte El Tiburon, der die Geschehnisse auf Tortuga als Unbeteiligter miterlebt hatte, inzwischen erkannt. Die Black Queen war eine Frau, die sich sogar von den schlimmsten Niederlagen erholte – auch in dieser Beziehung glich sie eher einem hartgesottenen Kerl.

      Joaquin musterte sie forschend von der Seite, wie sie angestrengt nach achteraus starrte. Ihre Augen waren Schlitze, und ihre Wangenmuskeln bewegten sich in der Anspannung.

      Plötzlich begriff er, daß der Augenblick nahe war.

      Die Voraussetzungen waren günstig. So unverhofft, daß er Minuten brauchte, um diese Erkenntnis zu verarbeiten. Eine bessere Chance, seine Rache zu verwirklichen, würde er so bald nicht erhalten.

      Diese Schiffe, die an der Kimm aufgetaucht waren, mußten schnell sein, viel schneller als die „Caribian Queen“. Der Plan reifte jetzt in Sekundenschnelle in seinem Kopf. Und er sagte sich, daß es kein Zurück mehr gab. Er durfte nicht zaudern.

      Nach einer Weile löste sich die Black Queen aus ihrer Erstarrung. Sie wandte sich ab und kehrte kurz darauf mit einem Spektiv zurück, das sie hastig ansetzte und justierte.

      „Verdammter Mist!“ stieß sie hervor, während sie durch die Optik spähte.

      „Was kannst du erkennen?“ fragte Joaquin in scheinbar gespannter Neugier.

      „Zwei Dreimaster. Bislang sehe ich nur die Segel und die Masten. Aber auf alle Fälle scheinen diese beiden Schiffe verteufelt schnell zu sein.“

      „Schneller als die ‚Caribian Queen‘?“ Joaquin gab seiner Stimme einen ungläubigen Klang.

      „Stell nicht solche blöden Fragen. Wir segeln schon mit Vollzeug, oder? Siehst du das nicht? Was kann ich aus dem Kahn also noch herausholen?“ Sie wandte sich ihm zu, ihre Augen funkelten giftig.

      Etwas zerriß in Joaquin Solimonte. Der bösartige Klang ihrer Stimme bewirkte es. Die Maske, die er sich schon seit Tagen auferlegt hatte, fiel von seinem Gesicht ab.

      „Ich werde dich töten“, sagte er leise und ohne besondere Betonung. Es klang wie eine beiläufige Bemerkung.

      Sie war im Begriff, das Spektiv wieder anzusetzen. Langsam, wie zögernd, ließ sie es auf halbem Weg wieder sinken. Denn sie brauchte eine Sekunde, bis ihr die Bedeutung seiner Worte bewußt wurde.

      Ungläubig starrte sie ihn an. „Was hast du gesagt? Du willst was?“

      „Dich töten. Du hast richtig gehört.“ Er stand an ihrer Seite, blickte sie nur an und rührte keinen Finger.

      „Du bist verrückt!“ entfuhr es ihr. „Fängst du jetzt an, zu phantasieren? Mir reicht es, daß ich Caligulas Fieberfaseleien anhören mußte. Außerdem habe ich im Moment andere Sorgen. Diese beiden Galeonen …“, sie streckte den linken Arm aus, „… schauen verdammt danach aus, als hätten sie es auf uns abgesehen. Die halten nämlich haargenau unseren Kurs.“

      „Ich meine es ernst“, sagte Joaquin, und seine Stimme war spröde wie dünnes Eis. „Wehr dich. Ich will dich nicht niederschießen wie eine räudige Hündin.“

      Das Ungläubige in ihrer Miene verschwand. Ein hellwaches Lauern trat statt dessen in ihre Augen. Ihr Blick forschte in seinen Gesichtszügen. Etwas darin verriet ihr, daß sie seine unfaßbaren Worte ernster nehmen mußte als die Verfolgerschiffe.

      Jäh zuckte ihre Hand zur Hüfte. Die Bewegung hatte keinen erkennbaren Ansatz.

      Dennoch reagierte Joaquin blitzschnell. Seine Rechte erreichte den Kolben des Radschloßdrehlings in dem Moment, in dem die Black Queen den Knauf ihres Messers umfaßte. Er wollte die Waffe herausreißen.

      Doch plötzlich entspannte sich ihre Haltung. Das alte verführerische Lächeln erschien auf ihren Gesichtszügen. Ihre Hand wechselte vom Messergriff auf seinen Unterarm und hinderte ihn sanft daran, blank zu ziehen.

      „Joaquin, mein Schatz“, sagte sie weich, „was ist denn plötzlich in dich gefahren?“ Ihr Blick bohrte sich tief und unergründlich in den seinen, und ein seltsames Feuer loderte tief in ihren Pupillen. „Hast du vergessen, was du mir bedeutest? Bist du etwa eifersüchtig? Wenn du Caligula nicht dulden kannst, dann werden wir einen Weg finden, glaube mir. Ich schätze dich so sehr, daß ich niemals auf dich verzichten würde.“

      Alles in ihm sträubte sich gegen ihre süßen Worte. Einen Atemzug lang beging er den Fehler, an das zu glauben, was sie sagte. Sie hatte ja keine Ahnung, warum er wirklich den Kontakt mit ihr gesucht hatte. Lag es da nicht nahe, daß sie ihn für eifersüchtig hielt?

      Es war zu spät, die Hinterlist der Negerin zu begreifen.

      Er mußte es in dem Moment erkennen, in dem die irritierenden Gedanken in ihm aufkeimten.

      Plötzlich krallte sich ihre Hand wie eine eiserne Klaue um seinen Unterarm. Ihm blieb keine Zeit, seine Überraschung abzuschütteln. Ein jäher Ruck riß ihn aus dem Gleichgewicht und schleuderte ihn nach vorn, vorbei an der Black Queen, die geschickt zur Seite wich. Er konnte sich nicht halten und schlidderte der Länge nach über die Planken. Doch in dem Moment, in dem er den schrammenden Schmerz in seinen Armen spürte, konnte er wieder reagieren. Er warf sich herum, bereit, hochzufedern.

      Fauchend wie eine Tigerin war die Black Queen über ihm. Die breite Klinge ihres


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