Seewölfe - Piraten der Weltmeere 71. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 71 - Roy Palmer


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      Impressum

      © 1976/2014 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-388-6

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1.

       Kapitel 2.

       Kapitel 3.

       Kapitel 4.

       Kapitel 5.

       Kapitel 6.

       Kapitel 7.

       Kapitel 8.

       Kapitel 9.

      1.

      Die Hölle schien ihre Tore geöffnet und sämtliche Greuel an die Oberfläche der Welt entlassen zu haben. Ohrenbetäubendes Krachen, Heulen und Donnergrollen erfüllten das Seegebiet vor dem Nordufer der Insel Malta. Aus der See stiegen Fontänen, hervorgerufen von fehlgegangenen Kugeln der in einem erbitterten Gefecht liegenden Schiffe.

      Ganze Spieren, Plankenreste und Mastfragmente wirbelten durch die Luft, landeten klatschend im Wasser und erhöhten den schaurigen Effekt. Schiffe sanken mit brennenden Takelagen. Die Schmerzens- und Todesschreie der Verletzten gellten durch den Kampflärm.

      Auch die beiden Piraten Lorusso und Humun Aradschy glaubten, ihre letzte Stunde habe geschlagen. Sie schwammen inmitten des tosenden Infernos.

      Lorusso konnte sich nur mühsam an der Oberfläche halten. Er war ein schlechter Schwimmer. Keuchend klammerte er sich an einem treibenden Mast fest.

      „Santa Maria!“ rief er immer wieder aus. „Heilige Mutter Gottes, steh mir bei!“ Es entsprach voll und ganz seiner theatralischen südländischen Wesensart, in höchster Not zum Himmel zu flehen – wo er, der Erzhalunke, doch wahrhaftig nicht auf Gnade hoffen konnte.

      Humun Aradschy war dicht neben ihm und schlug mit der Faust ins Wasser, daß das Naß dem Sizilianer ins Gesicht spritzte. „Beim Scheitan, schweig, du verfluchter Hund. Zum Henker mit dir und deinesgleichen! Ich habe immer gewußt, daß du elender Giaur, du Ungläubiger, uns Brüder eines Tages hereinlegen würdest.“

      Er wollte in seinen Beschimpfungen fortfahren, wurde jedoch durch ein Wummern, Pfeifen und Heulen unterbrochen.

      Entsetzt blickten beide Männer zu der Galeone. Soeben hatte die „Isabella VIII.“ wieder eine ihrer furchtbaren Breitseiten abgefeuert. Stichflammen zuckten aus ihren Stückpforten, Rauch breitete sich aus, Gebrüll wehte herüber. Auf der „Isabella“ war es das Siegesrufen der Seewölfe – auf dem angegriffenen Piratenschiff das Geschrei der Niederlage und Todesnot. Die Kugeln der Culverinen zerschmetterten Bordwand und Masten des Piratenseglers. Lorusso und der Türke verfolgten, wie sich das brennende Rigg auf das Deck des Schiffes senkte. Sie sahen lodernde Gestalten, die sich ins Wasser stürzten – dann mußten sie sich selbst in Sicherheit bringen, weil eine der Kugeln der „Isabella“ in bedrohlicher Nähe ins Wasser stob.

      Lorusso tauchte neben dem Türken. In seiner Panik schluckte er Wasser. Gurgelnd und prustend schoß er wieder hoch. Er zappelte und suchte verzweifelt nach dem treibenden Mast. Ihm war sterbenselend zumute. Er hatte plötzlich große Lust, zu sterben.

      Den Türken glaubte er schon weiter von sich entfernt, da erschien dieser wieder unverhofft neben ihm. Auch er hielt sich jetzt an dem Mast fest. Lorusso verwünschte ihn. Er wußte genau, was diese Anhänglichkeit zu bedeuten hatte. Humun wollte noch ein Hühnchen mit ihm rupfen.

      Immer noch segelten Trümmer durch die Luft. Die Leiche eines von einem Mastsplitter durchbohrten Piraten landete dicht neben ihnen im Wasser. Lorusso blickte in ein verwüstetes Gesicht und stöhnte auf. Humun Aradschy fluchte wieder. Er hatte den Toten erkannt, es war einer der Albaner, mit denen sie sich verbündet hatten. Dreißig Schiffe hatte die Flotte gezählt, an Bord hatten sich schätzungsweise fünfhundert zu allem entschlossene Freibeuter befunden: Türken, Algerier, Syrer, Griechen, Albaner und Sizilianer. Ein imposantes Kontingent, eine überlegene Streitmacht – und jetzt das!

      Lorusso hatte zum erstenmal in seinem Leben Angst, nackte Angst, und er verhehlte sie nicht. Dieses Verhalten steigerte noch die Wut, die Humun auf ihn hatte. Er schlug mit der Faust nach dem Sizilianer.

      Eben gerade waren sie Philip Hasard Killigrew, dem Seewolf, entgangen – und doch schienen sie vom Regen in die Traufe geraten zu sein. Es erschien völlig unwahrscheinlich, noch lebend dieser vor Valletta tobenden Schlacht zu entrinnen.

      Die Belagerung hatte am Morgen begonnen. Alle Schiffe hatten sich unter dem Kommando der Brüder Barud und Humun Aradschy vor dem Hafen von Valletta eingefunden. Die beiden gefürchteten Türken hatten einen überwältigenden Trumpf in Händen gehalten, um den Feind zur Kapitulation zu zwingen: sechs Geiseln, die Hälfte der vor einem Monat von Lorusso auf Malta gefangenommene und dann entführte Gruppe Ritter und Muschelfischer.

      Lorusso hatte sie an einem abgelegenen, einsamen Teil der Insel überwältigt, aber er hatte diesen Erfolg nicht auszuspielen gewußt. Statt den Orden der Ritter des Heiligen Johannes zu erpressen, hatte er die Männer nach Santorin verschleppt, in den Schlupfwinkel. Dort hatten sie eine Silbermine in die Lavafelsen treiben müssen. Lorusso war von der Vorstellung, dort Reichtümer zu finden, geradezu besessen gewesen. Aber das Ganze war nur ein Irrtum, ein Schlag ins Wasser gewesen.

      Anders die Aradschys! Die Hälfte der Geiseln hatten sie nach Malta zurückgebracht, aber unter welchen Bedingungen! Höhnisch hatte Barud Aradschy dem Hafenkapitän Henrik Argout das Ultimatum gestellt: Entweder strich Jean de la Valette-Parisot, der greise Großmeister des Ordens, die Flagge und übergab Malta kampflos – oder die sechs Gefangenen wurden auf Humuns Karavelle vor aller Augen hingerichtet. Einer nach dem anderen. Auf grausamste Weise.

      Argout war mit seiner Schaluppe in den Hafen zurückgekehrt. Er hatte eine halbe Stunde Zeit gehabt, dem Großmeister die Hiobsbotschaft zu überbringen und mit dem Bescheid zu Barud Aradschy zurückzukehren.

      Barud und Humun hatten sich als Sieger gesehen.

      Aber dann hatte sich alles völlig anders entwickelt!

      Lorusso, ihr Verbündeter von Santorin, war mit seinem Zweimaster „Grifone“ an der östlichen Kimm erschienen. Barud hatte ihn auf Rufweite heranstaffeln lassen und ihm den Befehl gegeben, sich zum Verband zu gesellen.

      Humun knirschte vor Wut mit den Zähnen, als er daran dachte. O ja, er hatte sich in den Verband eingegliedert, dieser Hund von einem Sizilianer! Er war mit seiner verdammten „Grifone“ sogar längsseits seiner, Humuns, Karavelle gegangen, weil er, wie er behauptete, eine Meldung „unter vier Augen“ mitzuteilen hätte.

      Ehe Humun das Manöver durchschaut hatte, waren Lorusso und seine Kerle übergeentert. Aber das waren nicht die Burschen gewesen, die die Aradschys von Santorin, dem gemeinsamen Schlupfwinkel, kannten. Nein, verkleidete Ungläubige, maskierte Teufel, hatten sich bei dem Sizilianer befunden – eine Handvoll wilder Draufgänger.

      Seewölfe, so hatte Humun sie bezeichnen hören.

      Sie hatten die Karavelle genommen, und ihr Anführer, ein schwarzhaariger Riese mit eisblauen Augen, hatte ihm, dem unbesiegbaren Humun Aradschy, die Doppelläufige


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