Seewölfe - Piraten der Weltmeere 198. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 198 - Fred McMason


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aufhängt, und zwar so lange, bis er mausetot ist.“

      Die „Geschworenen“ klatschten laut Beifall und nickten beifällig.

      „Bis er mausetot ist!“ brüllten sie.

      Pedro wechselte die Farbe und schickte einen hilfeflehenden Blick in die Runde, doch überall stieß er auf eisige Ablehnung. Sie wollten ihn hängen, das sah er an ihren verkniffenen und erwartungsvollen Gesichtern.

      So sehr diese Scheinverhandlung auch spaßig sein mochte, so sah er doch den Ernst dahinter und die unverkennbare Absicht, ihn aus dieser Welt zu schaffen, und das ging ihrer Ansicht nach nur mit einem Tau, das von einer Rah baumelte.

      Er sah zum Kapitän hin, dessen verbranntes und zernarbtes Gesicht wieder völlig ausdruckslos war. Vor langer Zeit hatte er ihm mal einen Dienst erwiesen und ihm das Leben gerettet. Würde der Schwarze Pirat sich noch daran erinnern?

      In seine Augen trat nackte Angst, als sich der schwarzhaarige Mann von den Planken erhob.

      Sehr ruhig fragte er: „Hast du noch ein paar Pluspunkte vorzuweisen?“

      „Mylord! Ich habe immer ehrlich geteilt“, sagte Pedro verbissen. „Ich habe gekämpft wie jeder andere auch, und ich habe manchen braven Mann vor dem Tod bewahrt. Ich habe niemanden im Stich gelassen, oder der Teufel soll mich lotweise holen. Ich konnte das Schiff nicht halten, der Spanier war schneller.“

      „Willst du um dein Leben betteln?“

      „Ja, Mylord, ich bitte darum. Es ist nicht richtig, wenn man mich deswegen hängt. Es würde Euer Gewissen belasten, Mylord.“

      Der Schwarze Pirat lachte laut.

      „Mein Gewissen?“ fragte er. „Das ist damals mit dem Brander und dem Schießpulver über Bord geflogen. Das kann mich nicht belasten.“

      „Gewährt mir Pardon, Mylord!“ rief Pedro.

      „Du hast ein Galgenvogelgesicht“, sagte der Schwarze Pirat. „Schon darum müßte man dich hängen. Aber du hast trotzdem etwas gut. Du weißt, was ich meine, und die Herren Geschworenen wissen es auch. Also lasse ich als höchster Richter noch einmal Gnade ergehen.“

      Lautes Murren ertönte, Flüche schallten über Deck, wieder brüllten die bunt zusammengewürfelten Kerle wüst durcheinander.

      „Ich verkünde das Urteil!“ rief der Schwarze Pirat, nahm den Belegnagel und klopfte damit dreimal gegen den Mast, an den der Gefangene immer noch gebunden war.

      Daraufhin herrschte Stille, nur Mac Bottle kratzte sich den Schädel so laut, daß es jeder hören konnte. Dabei hatte er immer noch kein einziges Wort verstanden und wußte nicht, ob man Pedro hängen oder zum Teufel jagen würde.

      „Der Angeklagte wird von achtern nach vorn getrieben. Dann wird er ausgesetzt und ist vogelfrei. Wagt jemand gegen dieses Urteil einen Einspruch?“

      Die Männer tuschelten erregt miteinander. Schließlich meldete sich der Bootsmann zu Wort.

      „Kein Einspruch, Mylord.“

      „Dann wird das Urteil sofort vollstreckt. Bewaffnet euch mit Tampen und Leinen und bindet ihn los. Bringt ihn nach achtern!“

      Damit löste sich die Versammlung auf. Jeder ergriff ein Tauende und schlang es sich um die Hand.

      Ausgesetzt! dachte Pedro wie betäubt. Das war eine harte und sehr grausame Strafe, aber es war immer noch besser, als am Halse aufgehängt zu werden. Nur durfte er sich nie mehr in der Nähe des Schiffes blikken lassen, solange es an der Insel lag. Erwischten sie ihn, dann konnten sie ihn abknallen wie einen räudigen Hund. Wie er die Kerle kannte, würden sie sich ein Vergnügen daraus bereiten, ihn über die ganze Insel zu jagen.

      Das war also ein indirektes Todesurteil.

      Die Treibjagd auf dem Schiff würde er überstehen, die war nicht so schlimm. Und als Ausgesetzter mußte er sich dann so schnell wie möglich in Sicherheit bringen.

      Sie banden ihn los und brachten ihn nach achtern. Er durfte sich nicht zur Wehr setzen, denn dann würden sie keine Gnade kennen. Widerstandslos nahm er Aufstellung und sah die lauernden Gestalten an Deck wie durch einen Schleier.

      Er wartete auf das Kommando, das der Schwarze Pirat gleich geben würde.

      Auf Backbord und Steuerbord hatte die gesamte Crew nun Aufstellung genommen und eine Gasse gebildet, durch die er hindurch mußte. Er durfte auch nicht laufen, sondern mußte ganz normal gehen, damit jeder ihm mit dem Tauende eins überziehen konnte.

      Sie grinsten schon erwartungsvoll und hatten die Tampen in ihren Fäusten erhoben.

      „Bewege dich nach vorn!“ rief der Schwarze Pirat.

      Pedro gehorchte und spannte alle Muskeln an, als er sich langsam in Bewegung setzte.

      Er ging wie in einem Fiebertraum und erreichte die Gasse. Fast automatisch wollte er rennen, um es so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, und es kostete ihn gewaltige Anstrengung ganz normal zu gehen.

      Er sah verschwommene Gesichter um sich herum, sah eine erhobene Hand und spürte den Schmerz, als ihm der erste Tampen ins Kreuz schlug. Der zweite traf seine Beine, ein dritter klatschte ihm brennend ins Genick, und er geriet ins Stolpern.

      Schnell raffte er sich unter Schmerzen auf und ging weiter, alle Muskeln angespannt, jeden Augenblick den nächsten Schlag erwartend.

      Die Hiebe prasselten auf ihn ein, und immer noch war die Gasse nicht zu Ende.

      Sie schlugen nicht nur einmal, sie ließen ihre Tampen blitzschnell durch die Luft sausen, und von so manchem empfing er vier oder fünf Hiebe.

      „Feigling!“ hörte er sie brüllen und johlen. „Elende Landratte! Verfluchter Bastard! Nimm das! Und das! Und das!“

      Von links, von rechts, von vorn und hinten klatschten die Tampen auf sein Kreuz, auf seine Brust, und jeder Hieb brannte teuflisch.

      Dann hatte er den größten Teil der Gasse hinter sich und kroch den Niedergang zur Back hoch.

      Dort trafen ihn unter hämischem Gelächter die letzten Hiebe.

      Er sank auf die Knie und blieb eine Weile benommen und von wilden Schmerzen erfüllt liegen.

      Erst viel später richtete er sich ächzend auf. Er fühlte sich gemartert und zerschunden, gequält und gefoltert, aber er hatte noch sein Leben – und seinen Haß auf die Kerle.

      „Du wirst jetzt ausgesetzt“, erklärte der Schwarze Pirat. Dann wandte er sich an die anderen. „Gebt ihm eine Muck voll Wasser!“

      Pedro hörte und sah kaum etwas. Als ihm jemand die Kelle an die aufgequollenen Lippen hielt, trank er gierig. Dann stützte er sich erschöpft auf den Handlauf des Schanzkleides.

      „Bringt einen Korb!“ befahl der Schwarze Pirat weiter. „Tut in den Korb eine Handvoll Zwieback, eine Handvoll Dörrobst, Flint und Feuerstein und eine Lunte.“

      Er zögerte, sah aus seinem zerklüfteten Gesicht den Ausgesetzten an und hob die Schultern.

      „Er kriegt auch eine Muskete und etwas Schießpulver. Und gebt ihm auch sein Messer zurück!“

      „Das ist zuviel, Kapitän“, maulte ein baumlanger dürrer Kerl mit einem Geiergesicht. „Mit der Muskete knallt er uns später noch ab, damit bin ich nicht einverstanden.“

      „Keine Muskete!“ riefen auch ein paar andere.

      Der Schwarze Pirat schnellte vor. Ein Panthersatz brachte ihn in die Nähe des Langen mit dem Geiergesicht.

      Ein unglaublich harter Schlag riß den Mann von den Beinen. Es geschah so schnell, daß niemand den Schlag sah.

      Der Geiergesichtige hob sich ein Stück von den Planken, dann schleuderte es ihn davon. Er drehte sich um seine eigene Achse und blieb bewußtlos am Schanzkleid liegen.

      „Wirklich keine Muskete?“ fragte der Schwarze Pirat sanft.


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