Seewölfe - Piraten der Weltmeere 197. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 197 - Roy Palmer


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nein, noch mehr!

      Daß die Maoris der Nordinsel dem Seewolf mit zwanzig Kanus gefolgt waren, um ihm in dieser Schlacht beizustehen, konnte Don Lucas nicht wissen. Doch selbst wenn er es erfahren hätte, an der Lage hätte dies nichts geändert.

      Der spanische Verband befand sich in höchster Bedrängnis. Die Verblüffung in el Colmados Zügen wich einem Ausdruck des Entsetzens und der Ratlosigkeit. Erschüttert sah er wieder zu der brennenden „San Rosario“, seinem Flaggschiff.

      „Don Vicente las Albas“, flüsterte er. „Sie werden dich vernichten. Madre de Dios, heilige Mutter Gottes, warum habe ich dich nur als meinen Stellvertreter an Bord der ‚San Rosario‘ zurückgelassen?“

      Die Antwort lautete: Er, Don Lucas, hatte eben keinen besseren Mann zur Verfügung gehabt als den dicken Kapitän der „Sebastian Guma“. So hatte er schweren Herzens Don Vicente das Kommando übertragen müssen. Denn Don Victor de la Barca und der Bootsmann der „San Rosario“ waren im Dschungel verschwunden und fielen also aus. Und der erste und der Zweite Offizier der „San Rosario“ waren auch nicht besser als las Albas. So hatte es sich ergeben, daß Don Vicente für die Zeit der Abwesenheit von Don Lucas die Leitung des Dreierverbandes erhielt, zumal er sich ja gerade an Bord des Flaggschiffes befunden hatte. Und: Don Lucas hatte ihn durch diesen Auftrag auf die Probe stellen wollen. Er hatte ihm eine Chance zur Bewährung gegeben.

      Aber diese Chance war von Don Vicente verspielt, und dem Verband drohte ein jämmerliches Ende. Wer war dieser Teufel, der wie der Blitz zwischen die Spanier gefahren war? Don Lucas wußte es nicht. Er hatte nicht einmal einen vagen Verdacht, um wen es sich bei diesem Gegner handeln konnte – bis er wenig später die Flagge mit dem roten Georgskreuz im Besantopp der feindlichen Galeone flattern sah. Da fiel es dem Kommandanten wie Schuppen von den Augen.

      „Der White Ensign“, murmelte er. „Die Flagge der Engländer – und, allmächtiger Gott im Himmel, dieses Schiff mit den sehr hohen Masten und den flachen Aufbauten – das kann doch nur …“

      „Senor“, stieß einer seiner Begleiter, ein Sargento von der „San Rosario“, hervor. „Senor, unsere drei Jollen liegen nach wie vor an dem Platz, an dem wir sie zurückgelassen haben! Wir sollten versuchen, sie zu erreichen, ehe die Wilden uns den Weg zu den Schiffen abschneiden.“

      Don Lucas gab sich einen inneren Ruck. „Ja. Danke, Sargento. Los, laufen wir! Schieben wir die Boote ins Wasser und pullen wir zur ‚San Rosario‘, um zu retten, was noch zu retten ist!“

      Er rannte als erster los, quer über den Sandstrand der „Bucht des Massakers“ – wie er sie getauft hatte – hinüber zu den drei Jollen.

      Wieder brüllten die Kanonen, krachten Musketen, zischten Brandpfeile, und auf der „Sebastian Guma“, dröhnte plötzlich eine Explosion, die von der ersten Flaschenbombe verursacht worden war, die Ferris Tucker in dieser Nacht mit seiner „Höllenflaschenabschußkanone“ auf die Reise geschickt hatte.

      2.

      Don Victor de la Barca, Ramon de Mesonero und die sechsundzwanzig Mädchen hatten das Ende des Buschpfades erreicht. Nur noch hundert Schritte konnten sie vom Ufer trennen, so rechnete der Kapitän der „San Biasio“, sich aus, und diese kurze Entfernung würden sie innerhalb weniger Minuten überbrückt haben. Ein Stück undurchdringlich wirkenden Farngestrüpps, in dem es keinen Weg gab, dehnte sich jetzt vor ihnen aus. Gerade dort gab es für die Eingeborenen die besten Versteckmöglichkeiten. Dort waren de la Barca und de Mesonero mit ihren Trupps aus dem Hinterhalt überfallen worden.

      Deshalb raunte der Kapitän seinem bärtigen Begleiter zu: „Wir müssen jetzt besonders auf der Hut sein. Wenn die Wilden uns packen wollen, dann tun sie es hier.“

      „Capitan, ich versichere es dir noch einmal: Sie greifen uns nicht an.“

      „Wir sind nur zu zweit, vergiß das nicht.“

      „Ich denke die ganze Zeit über daran. Aber der Hauptgrund dafür, warum wir uns sicher fühlen können, besteht meiner Ansicht nach darin, daß der Urwald jetzt menschenleer ist – bis auf uns, versteht sich.“

      „Die Wilden sind alle in der Bucht?“ fragte de la Barca zweifelnd.

      „Ja. Hör doch.“

      Sie lauschten wieder dem Dröhnen der Kanonen und dem Geschrei, das vom Wasser zu ihnen herüberdrang. Sie sahen auch das Feuer, das auf einem der Schiffe ausgebrochen war. Hell wie ein Fanal loderte es in der Nacht und wies ihnen den Weg zu ihrem Ausgangspunkt.

      „Ich will uns beiden wünschen, daß du recht behältst“, sagte der Kapitän leise. Dann übernahm er wieder die Führung des Zuges.

      Es war kein leichtes Stück Arbeit, die Mädchen durch das dichte, feuchte Gesträuch zu führen. Zwei von ihnen, die ungefähr in der Mitte der Kolonne schritten, ließen sich plötzlich sogar absichtlich sinken und sträubten sich dagegen, den Marsch zur Bucht fortzusetzen. Aber de Mesonero zückte sein Messer und beugte sich zu ihnen nieder. Er brauchte nur dem jüngeren Mädchen die Klinge an die Kehle zu setzen und ein paar drohende Worte auszustoßen, da rappelten sie sich wieder auf und stolperten weiter, zitternd vor Angst.

      Die Maori-Mädchen begriffen kein Wort von dem, was die beiden Männer sprachen. Doch sie verstanden aus deren Gebärden genug, um zu wissen, was ihnen blühte, falls sie Widerstand leisteten. De la Barca und de Mesonero würden nicht zögern, ein Exempel zu statuieren, falls dies nötig war.

      Ja – sie würden eins der Mädchen töten, wenn die Situation es erforderte. Dies hatten sie sich von Anfang an vorgenommen.

      Ramon de Mesonera hatte in dieser Beziehung nicht die geringsten Skrupel. Don Victor de la Barca hingegen war durchaus in der Lage, menschliche Gefühle für die Eingeborenen zu entwickeln, aber auch er wurde zu diesem Zeitpunkt nur von einem Gedanken beherrscht: daß nämlich das eigene Leben mehr wert war als das einer Gruppe von Mädchen. Daß es heute nacht die bloße Haut zu retten galt und alle anderen Empfindungen hinter diesem übermächtigen Drang zurückzustehen hatten.

      Unbehelligt gelangten sie durch das Farndickicht bis zum Ufer. Fast stimmte es Don Victor mißtrauisch, daß ihnen nichts geschah – waren sie doch bei ihrem ersten Vorstoß so jäh und grausam angegriffen worden.

      Doch dann rief er sich wieder de Mesoneros Worte ins Gedächtnis zurück. Er mußte ihm endgültig recht geben, als sie vom Saum des Gebüsches aus über die Bucht sehen konnten. Alle Aktivitäten der Maoris schienen sich jetzt wirklich auf die Schlacht zu Wasser zu konzentrieren. Im Schein des Feuers, das aus der Takelung der „San Rosario“ aufstieg, und im Aufblitzen der Kanonen waren sehr deutlich die Kriegskanus zu sehen, von denen es in der Bucht zu wimmeln schien.

      Alle Kanus hatten Kurs auf die spanischen Schiffe genommen. Wilde, bunt tätowierte Gestalten hockten darin, je zwei Dutzend pro Boot, und stachen ihre Paddel in die Fluten. Die Krieger, mit Speeren, Keulen und Ästen bewaffnet, trafen Anstalten, die „San Rosario“, die „Sebastian Guma“ und die „San Biasio“ zu entern.

      „Al diablo“, sagte de la Barca. „Das ist das Ende unserer Expedition.“

      „Was schert uns noch unsere Mission?“ zischte der Andalusier. „Wir wären doch so oder so abgesprungen, Capitan. Hast du etwa Gewissensbisse?“

      „Die Kameraden …“

      „Sie werden nicht alle sterben, keine Angst.“

      „Wir müssen uns beeilen, sonst gelingt es uns nicht mehr, eins der Schiffe zu nehmen“, stieß der Kapitän hervor. „Siehst du den fremden Segler?“

      „Und ob! Sein Kapitän muß den Teufel im Leib haben! Ho – er führt die englische Flagge. Verfluchte Engländer, wie sind die Hunde nur hierher, ans Ende der Welt geraten?“

      „Das können wir später erörtern. Siehst du die drei Jollen, die dort liegen, keine fünfzig Schritte von uns entfernt?“

      „Si, Senor. Es sind die Beiboote unserer Schiffe.“

      „Also


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