Mordland. Gerd Hans Schmidt

Mordland - Gerd Hans Schmidt


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hat angerufen?«

      »Die Streife. Eine Rentnerin, die dort Grabpflege macht, du weißt, senile Bettflucht, die war schon um 6 Uhr unterwegs und hat die Polizei gerufen. Kollegen sind vor Ort.«

      »Alles klar, ich geh hin.«

      Den Weg mache ich zu Fuß, weil man da nicht parken kann. Der Friedhof ist in der gleichen Straße wie das Fitnessstudio, nur etwas weiter nördlich. Das sind nur etwa 10 Minuten. Vor dem Friedhofstor steht ein Streifenwagen in der Kurve und blockiert fast die ganze Fahrbahn. Einige Gaffer sind auch schon da.

      »Bitte gehen Sie zur Seite, bitte machen Sie Platz, keine Handys, keine Aufnahmen.«

      Ich verschaffe mir Platz. Es sind um die Zeit nur ein paar ältere Leute da. Wenigstens macht keiner ein Video. Ich nähere mich dem besagten Grabstein, auf dem einer liegt, und gehe drum herum.

      Scheiße. Der Siemensheini. Der hängt kopfüber auf diesem alten, verwitterten Grabstein. Über dem Namen auf der Inschrift kann ich gerade noch lesen:

      Er war ein Leben lang seiner Firma treu.

      »Der iss hie, eindeudich«, meint einer der Streifenbeamten.

      »Haben Sie das geprüft, den Notarzt gerufen?«

      »Naa. Die Fraa do hodd’n scho a bor mol ’zwickt, abber do iss ka Reagtion!«

      »Guter Mann. Das darf doch wohl nicht wahr sein!«

      »Scho. Der iss doch scho steif und kalt. Schaun’s do.«

      »Sie rufen jetzt sofort einen Notarzt und die Spurensicherung. Aber hoppla. Und fahren Sie den Streifenwagen weg, der blockiert alles!«

      Der Mann hat natürlich recht. Der Saunastörer hängt da mausetot. Aber wieso hier? Das Fitnessstudio ist nur ein paar Schritte entfernt. Und wenn die Totenstarre schon eingesetzt hat, vielleicht war er gestern Abend da beim Training, hat sich ausnahmsweise mal übernommen und auf dem Heimweg …? Keine Ahnung, das wird sich zeigen.

      Die Nummer von Dr. Rosser, dem Rechtsmediziner, habe ich noch gespeichert.

      »Gut, dass ich Sie erreiche, Dr. Rosser … Ja … Ein Toter hier am Friedhof … Nein, ich habe nichts getrunken … Sie kommen gleich … Sehr schön … Bis gleich.«

      Ich sehe mir den Siemensindianer näher an. Äußerlich kann ich nichts erkennen. Aber vor dem Mund hängt irgendwas runter, etwas Weißliches. Umdrehen und runterheben soll ihn der Rosser, wenn er dann da ist.

      »Kollegen, bitte sperren Sie das hier jetzt mal ab, bevor da noch mehr Neugierige kommen. Ich mach das hier alleine und die Spurensicherung kommt sowieso gleich.«

      Die Beamten holen rot-weiße Absperrbänder und machen sich an die Arbeit. Die Rentnerin steht immer noch vor dem Grab.

      »Frau …?«

      »Sperber haaß ich, Anna Sperber, der iss hie, gell?«

      »Sieht ganz so aus. Ist Ihnen etwas Seltsames aufgefallen, als sie heute Morgen hier hereinkamen?«

      »Naa, nix. Ich bin do nei zum Tor und hobb erscht gor nix g’sehn. Dann wor des abber scho komisch, dass zwaa Baa von dem Staa runterg’hängt sin. Ich bin hieganga, hobb den Moo g’sehng und oblaudert. G’sacht hot er nix. Dann hobb’in a weng ogstubbst. Ka Reagtion. Dann hobb’in zwiggt und mir scho ’dacht, dass der vielleicht dood iss.«

      »Und sonst, sonst drumherum war niemand?«

      »Naa. Abber schaun’s hieh. Der hodd gor ka Jaggn ooh, bei dera Käld.«

      Stimmt. Und seine Trainingstasche, von der er sich sonst nicht trennen kann, ist auch nicht zu sehen, denke ich mir.

      Dr. Rosser kommt mit den Kollegen von der Spusi im Schlepptau.

      »Kommissar Schmitt, ich grüße Sie. Das ist wenigstens mal der richtige Ort für einen Leichenfund.«

      »Kann man wohl sagen. Das hatte ich glaube ich noch nie.«

      Dr. Rosser zieht seinen weißen Overall an und streift die Nitrilhandschuhe über.

      »So, dann wollen wir den guten Mann mal von dem Stein herunterholen. Kollegen, bitte erst die Fotos.«

      Drei Mann heben den Körper von dem Grabstein und legen ihn daneben auf den Boden. Tatsächlich ist etwas weißer, schon angetrockneter Speichel vor dem Mund. Vorne an seinem Hemd ist ein roter Fleck, ebenfalls schon angetrocknet. Rosser öffnet das Hemd und wir erblicken eine etwa zwei Zentimeter lange Stichwunde, aus der aber seltsamerweise nur wenig Blut geflossen war.

      »Den konnte jemand nicht leiden«, meint Rosser.

      »Kann mir schon denken warum …«

      »Bitte?«

      »Ach nichts, Dr. Rosser, gar nichts.«

      »Hier oben auf dem Stein ist ebenfalls Blut. Das bedeutet, dass der entweder gleich nach dem Stich da draufgefallen oder draufgelegt worden ist. Der Stein war sozusagen der Blutstiller!«

      »Wie der Alaunstein beim Rasieren.«

      »Nein, nicht so, es war eher der Druck, der den Blutfluss verhindert hat.«

      »Tötungsdelikt?«

      »Ich denke ja. Es ist kein Messer am Tatort, selber war er es also nicht. Ich muss natürlich alles noch genauer untersuchen, aber ich denke ja, Fremdeinwirkung. Sind Papiere da, Brieftasche, Ausweis?«

      »Ich kenne ihn.«

      »Was? Sie kennen ihn?«

      »Kennen ist vielleicht übertrieben. Der trainiert dort drüben im Studio, wie ich, seinen Namen kenne ich nicht, aber das werden wir gleich haben.«

      »Der trainiert dort nicht mehr. Ich melde mich so schnell wie möglich, Schmitt!«

      »Alles klar.«

      »Cem, komm bitte mit der Kollegin Saalfrank nach Erlangen, ihr müsst hier übernehmen und ’rumfragen. Ich muss ins Fitnessstudio.«

      »Wolff, jetzt aber, du musst jetzt ins Fitnessstudio? Und warum nicht Hannah? Hast du Schiss, dass wieder was passiert zwischen euch beiden?«

      »Nein. Das soll mal die Saalfrank machen, lauter Rentner befragen, die hier immer noch rumstehen und Cem, der Tote trainiert da mit mir.«

      »Jetzt nicht mehr, ganz sicher. Wir sind unterwegs.«

      Trainer Hannes hat Dienst und hängt gelangweilt vor dem Bildschirm. Es ist nicht viel los um die Zeit. Der Weißbiertrinker ist noch nicht da.

      »Wolff, es ist halb elf. Um die Zeit hab ich dich hier noch nie gesehen!«

      »Richtig, heute bin ich auch dienstlich hier.«

      »Was machst du so?«

      »Kripo, Mordkommission.«

      »Echt? Das ist ja geil. Ist hier einer umgebracht worden?«

      »Hier nicht, aber dort am Friedhof liegt eine Leiche.«

      »Iss’n Witz, oder?«

      »Leider nein. Der Tote trainiert hier.«

      »Hier trainieren keine Toten …«

      Hannes lacht laut los.

      »Jetzt komm, wirklich. Der war immer Samstag in der Sauna.«

      Ich beschreibe den Siemensheini so gut wie möglich.

      »Ah, weiß schon, wen du meinst, wart mal. Eva, kommst du mal?«

      Hannes ruft in den Trainingsbereich. Eva ist auch Trainerin und kommt zu uns her, Hannes geht ihr entgegen.

      Die beiden wechseln ein paar Worte, dann kommt Hannes zurück.

      »Also, wir sind uns fast sicher, wen du meinst. Der heißt Alexander Steffen. Der immer so schnell trainiert hat, gell? Siebenmal das Gewicht gestemmt und weiter …«

      »Genau


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