Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland


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Herr Weiß, der OP Techniker, bereitete das Röntgengerät vor. Schwester Lisbeth, die sonst bei der Anästhesie half, fungierte als Laufschwester. Schwester Manka instrumentierte.

      Dr. Mittler bemühte sich, Zuversicht zu verströmen und dies durch ein freundliches Gesicht zu untermauern.

      „Es pikst mal ganz kurz, Evi Mädchen, und dann begucken wir uns dein Innenleben“, scherzte er und trat zurück, um Manka an die Tabula zu lassen.

      Schwester Manka hatte die Patientin entkleidet und pinselte den Leib mit einem jodgetränkten Gazebausch ein. Mit Abdecktüchern verhüllte sie die Hautpartien und schaute nach den beiden Ärzten.

      Dr. Winter und Dr. Mittler befanden sich im Nebenraum und wuschen sich steril.

      „Schon ein Befund?“ Hermann Mittler dämpfte die Stimme zu einem Murmeln.

      „Die schlimmsten Befürchtungen sind übertroffen.“ Dr. Winter sprach leise und verhalten. „Portiohypertrophie, ein muzinöses Uterusblastom von der Größe eines Pingpongballes, verengte Tuben, aber wenigstens nicht verklebt.“

      „Man wird bescheiden in unserem Beruf und freut sich schon über kleine Lichtblicke“, pflichtete Hermann Mittler bei. „Wenn es bei der Diagnose bleibt, könnten wir den Schaden mit einer vaginalen Hysterektomie beheben.“

      „Sie sagen es, verehrter Kollege – wenn! Ich ziele aufs linke Ovarium. Da scheint mir der Hund begraben zu sein, um es sehr volkstümlich auszudrücken. Die Schmerzregion weist in den abdominalen Bereich.“

      Er sagte das so eigentümlich. Hermann Mittler lauschte der Stimme nach.

      „Bitte, präzisieren Sie Ihren Verdacht!“, sagte er hastig.

      „Die Rossnatur der Frau hat verhindert, dass sie bislang zusammengeklappt ist. Das kann jeden Augenblick geschehen. Nach der Anamnese hat sie sich einen Tag lang mit einer geplatzten Ovarialzyste herumgeschleppt. In acht von zehn Fällen bedeutet das unweigerlich exitus. Ich vermute einen Ovarialtumor.“

      „Gebe Gott, dass er noch operabel ist“, sprach Hermann Mittler hinter zusammengebissenen Zähnen.

      Jeder dritte Ovarialtumor ist oder wird ein Karzinom! Diese bittere Regel lernte jeder Gynäkologe im ersten Klinikjahr.

      Meist handelte es sich um Epithelialtumoren. Sie mussten möglichst sofort operativ entfernt werden, und erst vor Ort ließ sich sagen, ob sie gut oder bösartig waren. Ein absolut sicheres Mittel, dies vor der Operation festzustellen, gab es leider nicht.

      Schwester Manka erschien in der Tür. „Tremor!“, meldete sie.

      Dr. Winter und Dr. Mittler streiften die Handschuhe über und traten in den OP ein.

      Die Patientin zitterte und flog am ganzen Körper.

      „Schnell!“ Knapp kam die Anweisung von Dr. Winter. „Sprechen Sie die Patientin an! Starke psychische Reaktion.“

      Hermann beugte sich über sie. „Du machst uns wohl doch keinen Kummer, Evi-Mädchen? Die ganze Sache dauert keine zehn Minuten, und wenn sie vorbei ist, fragst du dich kopfschüttelnd, wofür du dich überhaupt aufgeregt hast. So, ganz locker liegen, nichts verspannen und verkrampfen. Da hinten kommt schon das Röntgengerät. Wir machen nur ein Paßbild von deiner Inneneinrichtung.“

      Dr. Winter zog bereits das Kontrastmittel auf. Sicher senkte er die Kanüle in die Bauchhöhle und injizierte.

      Schwester Manka hielt die zweite Injektion bereit. Dr. Winter gab Antibiotika und legte sofort eine Kanüle zur Portio.

      Weiß schob die Kassette in den Apparat und rollte ihn herbei. Das Untersuchungsfeld war durch die darumgelegten Tücher markiert.

      Schwester Lisbeth schaltete die grelle OP-Lampe aus, damit das Bild auf dem Monitor besser zu erkennen war.

      Das Kontrastmittel hatte bereits die Fimbrien am Ende beider Eileiter erreicht und wurde in die Tuben geflimmert. Man verwendete nur noch wasserlösliche Kontrastmittel, um der Gefahr von Fettembolien zu begegnen.

      Auch das injizierte Spasmolytikum wirkte, das Dr. Winter eben gespritzt hatte. Jede Gebärmutter neigte zu krampfartigen Zuständen bei dieser Art Untersuchung. Um diese Bereitschaft zu verringern, gab man ein Reduziermittel.

      „Linkes Ovarium, bitte!“ Kühl und sachlich klang Dr. Winters Stimme durch den OP.

      Herr Weiß führte den Konus tiefer.

      „Halt! Aufnahme!“

      Knallend schlug die Kassette gegen den Rahmen.

      „Nicht bewegen, Frau Becker! – Bitte noch mal!“

      Er ist kalt wie ein erfrorener Hund am Nordpol, dachte Hermann Mittler.

      „Noch tiefer!“

      Die Hydraulik summte leise, fast beruhigend.

      Auf dem Monitor wurde das linke Ovarium sichtbar, in das nun auch das Kontrastmittel einsickerte.

      Ruckartig beugte sich Dr. Winter vor.

      Hermann Mittler sah es einige Augenblicke vor den Augen flimmern.

      Das war doch schier nicht möglich!

      Ein pflaumengroßer Ovarialtumor war aus dem Becken herausgewachsen und mit dem Darm verklebt! Durch Körperbewegungen von Evi hatte sich der bewegliche Tumor mehrmals gedreht und einen Stiel gebildet.

      Für Evi bedeutete dies akute Lebensgefahr.

      Wie sie überhaupt die zurückliegenden zwei, drei Tage überstanden hatte, war ihm schleierhaft. Vielleicht lag’s an der Rossnatur, wie Kollege Winter bewundernd angedeutet hatte.

      Es gab auch Patienten mit einer relativ hohen Schmerzverträglichkeit. Wild wurden sie erst, wenn die Pein nicht mehr zu ertragen war.

      Alles sprach dafür, dass Evi solch ein Fall war.

      „Dachte ich mir“, murmelte Dr. Winter und gab Weiß das Zeichen, den Apparat abzuschalten und zurückzufahren. Schwester Lisbeth nahm die Kassette an sich und schaffte sie fort.

      Beide Ärzte zogen sich zur Tür zurück.

      „Das erklärt die Stichschmerzen, die unregelmäßigen Anfälle“, murmelte der Oberarzt. „Jede heftige Körperdrehung drehte den Stiel um die eigene Achse.“

      „Von einer Verjauchung war nichts zu erkennen“, warf Dr. Mittler hastig ein.

      „Zum Glück nicht. Aber der venöse Rückfluss ist stark gedrosselt. – Herr Kollege, ich trommle das Team zusammen. Uns bleibt keine andere Wahl und vor allem wenig Zeit.“

      Dr. Mittler räusperte sich. „Sagen Sie es ihr?“

      „Ja. Schieben Sie sie in den Vorbereitungsraum, ich hole den Ehemann.“ Er starrte finster vor sich nieder. „Jetzt mache ich meinen Gang nach Canossa.“

      Er warf die Handschuhe in den Eimer und ging nebenan zum Telefon.

      „Doktor Simon-Stoll, Doktor Schimanski, Doktor Pusch und das Personal für die große Besetzung sofort zum OP! Danke!“

      Hinter ihm raschelte es. Er drehte sich um.

      Schwester Manka signalisierte einen zeitlichen Engpass.

      Himmel, die Geburten! Daran hatte er überhaupt nicht mehr gedacht. Es musste bald soweit sein. Der Wehentropf zeitigte zuverlässige Ergebnisse.

      „Einerlei. Muss die Hebamme eben zusehen, wie sie den Ansturm in den Griff bekommt. Wenn es losgeht, sind Doktor Simon-Stoll und Doktor Pusch in den Kreißsaal abgestellt. Die anderen benötige ich hier. Die Spontanoperation hat den Vorrang“, sagte er.

      Seine Entschlüsse pflegte er zwar schnell, aber wohlüberlegt zu treffen.

      Schwester Manka senkte den Kopf.

      18


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