Das Theater leben. Julian Beck
Utopische Rhetorik
88 Was sind die Bedingungen für ein kreatives Ereignis?
89 Techniken für Konfrontationspolitik: New York City 1969
93 Das Konzept des Sündenfalls
95 Wie bildet man eine Massenbewegung?
101 Brief über die Frauenbewegung (Judith Malina an Carl Einhorn)
102 Meditationen über Revolution
104 Projekt: Ein Film: WIE MAN SICH AUFLEHNT
106 In Schönheit zu enden, darum geht es
108 Meditation über Selbstverteidigung. Fragen. 1971
109 Das Theater ist das Hölzerne Pferd
110 Aus zwei Konversationen über Revolutionäre Theorie
111 Die Theatralisierung des Lebens
112 In der Kunst, die die Menschen anspricht, wird es keine Herablassung geben
116 Welche Maßnahmen können wir ergreifen
117 Meditation. Von New York nach Berlin. 1964–1970
119 wir müssen/wie man sagt/organisieren
120 Arbeitsbuch Notizen: Wörtlicher Bericht. Probe #151
122 Das maximale Glück jedes Einzelnen hängt am maximalen Glück aller
Judith Malina Feuertaufen in Berlin
Milo Rau Julian Beck oder Theorie und Praxis der Unreinheit
MESSIANISMUS UND REVOLUTION
ÜBER DAS THEATER LEBEN VON JULIAN BECK
Thomas Oberender
Die Idee und Praxis des „totalen Theaters“, von der Julian Becks Buch erzählt, ist bei ihm unlösbar verbunden mit der Praxis der friedlichen Revolution. Und wenn ich darüber nachdenke, so fallen mir, neben Milo Rau, von dem das Nachwort zu dieser deutschen Erstübersetzung von The Life of the Theatre stammt, dem Peng! Kollektiv oder dem Zentrum für Politische Schönheit kaum zeitgenössische Performancekünstlerinnen und -künstler ein, deren Kunst zugleich auf einen Zustandswandel „draußen“ zielt. Christoph Schlingensief war wie Julian Beck ein Künstler, der aus dem Theater ausgezogen und wieder in das Theater zurückgekehrt ist, um dort eine selbstbezügliche Kunst hinter sich zu lassen und eine soziale Situation zu erschaffen, in der die Magie der Kunst verwandelnd wirken kann.
Dass die Ideen und Praktiken der friedlichen Revolution von 1989 wirklich revolutionär waren, ist mir erst Jahrzehnte nach ihrem Ende bewusst geworden. Als ich Julian Becks The Life of the Theatre gelesen habe, fühlte ich mich an die Monate eines gesamtgesellschaftlichen Lächelns in Deutschland erinnert – ein gutes halbes Jahr, bevor die Mauer geöffnet wurde, und ungefähr ein halbes Jahr danach war alles veränderbar, stand im Ostteil des Landes alles zur Disposition und wurde der Kampf auf den Straßen, in den neu gegründeten Parteien, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Zeitungen und dem erstmals wieder frei gewählten Parlament belohnt. Unabhängig von der Arbeit des Living Theatre wirkt dieses Buch auf mich als ein eigener Kosmos der Veränderungsideen und des Aufbruchs in etwas Positives – seine Gedanken und Konzepte erzeugen noch heute ein freundliches Vorwärts, das wir in Ostdeutschland ungefähr zwanzig Jahre nach dem Ende dieser Aufzeichnungen tatsächlich im Alltag erlebt haben.
Wie wirksam der Entwurf von Positivität mit Protest zusammengeht, ist noch immer verblüffend. Vielleicht berührt Julian Becks und auch Judith Malinas hartnäckige Gewaltfreiheit durch ihren eigentümlichen Messianismus: Im Nest der Gruppe und ihrer Arbeit kann gelebt werden, was als Revolution draußen noch ansteht – als eine Revolution der Körper,