Dolmetschen in der Psychotherapie. Mascha Dabić

Dolmetschen in der Psychotherapie - Mascha Dabić


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      Mascha Dabić

      Dolmetschen in der Psychotherapie

      Prekäres Gleichgewicht

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      Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Österreichischen Forschungsgemeinschaft.

      ISBN 978-3-8233-8234-8 (Print)

      ISBN 978-3-8233-0322-0 (ePub)

      Danksagung

      Das Gelingen eines psychotherapeutischen Prozesses hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, noch dazu, wenn das Gespräch zwischen PsychotherapeutIn und KlientIn gedolmetscht werden muss. Ein Faktor ist jedoch ausschlaggebend, indem er die Grundvoraussetzung für diese kommunikative Situation schafft, nämlich die Bereitschaft der KlientInnen, sich in diesem spezifischen Kontext mitzuteilen, sich auf das Sprechen – ihr eigenes Sprechen – einzulassen, das nötige Vertrauen der PsychotherapeutIn und der DolmetscherIn gleichermaßen entgegenzubringen. Daher gilt mein Dank in erster Linie den zahlreichen KlientInnen, mit denen ich in den letzten Jahren als Dolmetscherin gearbeitet habe und deren Stimmen direkt und indirekt in die vorliegende Arbeit Eingang gefunden haben.

      Mein Dank gilt den PsychotherapeutInnen im Zentrum für interkulturelle Psychotherapie in Tirol ANKYRA (in Innsbruck), wo ich die Gelegenheit hatte, meine ersten Erfahrungen als Dolmetscherin zu sammeln, sowie im Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende HEMAYAT in Wien, in dem ich seit 2005 als Dolmetscherin tätig bin. In beiden Einrichtungen habe ich nicht nur als Dolmetscherin, sondern später auch als Forschende immensen Zuspruch und Rückhalt erfahren. Ich hatte die Möglichkeit, in Therapien und flankierenden Einzel- und Gruppengesprächen zu lernen und mir Stück für Stück zu erarbeiten, was Sprechen und Schweigen, Erinnern und Vergessen, Imaginieren und Träumen bedeuten kann und wie ich als Dolmetscherin meine Expertise darin weiterentwickeln, verfeinern und zur Entfaltung bringen kann. „Ausgelernt“ habe ich in diesem Ozean der Sprache nicht, aber ich habe mit Hilfe der TherapeutInnen – AnsprechpartnerInnen, KollegInnen und WeggefährtInnen – im Laufe der Jahre gelernt, mich in dem besagten Ozean nicht nur über Wasser zu halten, sondern auch mit Genuss zu „schwimmen“ und den „Wellengang“ zu studieren. Viele Menschen haben mich zum Verfassen der vorliegenden Arbeit inspiriert und bestärkt, an dieser Stelle möchte ich nur wenige von ihnen namentlich nennen, da der Versuch einer vollständigen Auflistung ausufernd wäre: Verena Schlichtmeier, Claudia Baldeo und Binja Pletzer (Psychotherapeutinnen im Zentrum „Ankyra“), Cecilia Heiss (Geschäftsführerin von „Hemayat“ und Freundin), sowie Lika Trinkl, Friedrun Huemer, Heidi Behn und Bibiane Ledebur (Psychotherapeutinnen bei „Hemayat“), Uta Wedam (Supervisorin für DolmetscherInnen), und viele andere, die wissen, dass sie hier ebenfalls gemeint sind. Ausdrücklich möchte ich mich auch bei Heidi Schär-Sall (Ethnopsychoanalytikerin in Zürich) bedanken – dem beständigen Dialog mit ihr über Jahre hinweg habe ich tiefere Einsichten über die Psychoanalyse zu verdanken.

      Damit der Transfer von der Praxis der dolmetschunterstützten Therapie hin zu einer wissenschaftlichen, universitär eingebetteten Auseinandersetzung gelingen konnte, war ich auf die Unterstützung und unermessliche Geduld meines Betreuers am Wiener Zentrum für Translationswissenschaft Univ.-Prof. Dr. Franz Pöchhacker angewiesen, der mich von Anfang an mit höchster Zuverlässigkeit begleitet hat und der die redliche wissenschaftliche Praxis nicht nur als Lehrender und als Betreuer seit Jahrzehnten unermüdlich vermittelt, sondern auch als Wissenschaftler konsequent vorlebt, und zwar sowohl in seinem unmittelbaren Umfeld am ZTW, als auch auf internationaler Ebene in einschlägigen wissenschaftlichen Kreisen.

      Ich hatte das große Glück und Privileg, auch von meiner Zweitbetreuerin Doz. Dr. Brigitta Busch wichtige Impulse und wertvolle Inspiration aus der sprachwissenschaftlichen Perspektive zu erhalten. Auch ihr gilt mein tief empfundener Dank. Sie hat mir eindrucksvoll vor Augen geführt, wie menschliche Erfahrungen als sprechende (und auch als schweigende) Wesen den akademischen Diskurs bereichern können.

      Obwohl mein Vater Bogdan L. Dabić zeitlebens nicht viel von akademischen Danksagungen und Widmungen hielt, möchte ich mich dennoch an dieser Stelle bei ihm bedanken, auch wenn er nur meine allerersten, unsicheren Schritte als Doktorandin noch miterlebt hat. Dass er in der Lage war, sein sprachwissenschaftliches Arbeiten mühelos und selbstverständlich in sein alltägliches Sprechen zu integrieren, hat mein Denken und mein sprachliches Erleben nachhaltig geprägt. Hvala.

      Спасибо auch an meine Mutter Natalija Minajeva, Hvala/спасибо/Danke auch an meine Schwestern Antonija und Jelena.

      Allen Freunden und nahestehenden Menschen, die für die Strapazen meines Diss-Marathons Verständnis aufbringen konnten, gilt mein tief empfundener Dank, den auszudrücken mir die Worte fehlen.

      1 Einleitung

      Die psychotherapeutische Unterstützung ist eine wichtige integrative Maßnahme für kriegs- und foltertraumatisierte AsylwerberInnen und Flüchtlinge. Da alle Formen der Psychotherapie stark an Sprache gebunden sind und die Schwierigkeit, sich in einer fremden Sprache zu verständigen, durch die Problematik, über traumatische Erlebnisse zu sprechen, verschärft wird, stehen DolmetscherInnen in der Psychotherapie vor besonderen Herausforderungen: Als Sprachrohr für PsychotherapeutIn und KlientIn gleichermaßen müssen DolmetscherInnen neben Sprach- und Dolmetschkompetenz auch Einfühlungsvermögen und hohe Flexibilität und Belastbarkeit mitbringen, um die ständige Gratwanderung zwischen Distanz und Nähe (Abgrenzung und Empathie) in der Psychotherapie zu bewältigen.

      Die Triade konstituiert einen Raum, in dem sprachliche und emotionale, aber auch gesellschaftliche, politische und soziale Dimensionen aufeinander treffen. Der Entwurf tragfähiger Rollenbilder in der Triade muss von einer umfassenden Diskussion begleitet sein, die auch und gerade die Perspektive der KlientInnen berücksichtigt.

      Bei der Psychotherapie handelt es sich um ein Setting, das auf größtmöglicher Verschwiegenheit und Exklusivität beruht. Bei den KlientInnen handelt es sich um Menschen, die Erfahrungen mit Krieg und Flucht, gegebenenfalls auch mit Folter gemacht haben und deren rechtlicher Status in Österreich zum Zeitpunkt der Psychotherapie in der Regel prekär ist. Als konstituierendes Element der psychotherapeutischen Triade erfüllen DolmetscherInnen eine wichtige Funktion bei der Verbesserung der psychischen Gesundheit der KlientInnen.

      Ziel der vorliegenden Auseinandersetzung mit dem Thema Dolmetschen in der Psychotherapie ist es, die Arbeit der DolmetscherInnen insgesamt sichtbarer zu machen und diese kommunikative Arbeitssituation, die einerseits äußerst intim ist und andererseits in einen brisanten gesellschaftspolitischen Kontext eingebettet ist, aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. Dabei sind individuelle Aspekte (psychische Belastung in der Arbeit mit Traumatisierten, Rollenverständnis) ebenso zu berücksichtigen wie kollektive und die Organisation als Gesamtes betreffende Faktoren (Intervisions- und Supervisionstreffen etc.).

      Die Basis für die vorliegende Arbeit bildet eine von mir durchgeführte Interviewstudie, im Rahmen derer ich ausführliche, leitfadengestützte Tiefeninterviews mit KlientInnen, PsychotherapeutInnen und DolmetscherInnen durchgeführt habe. Bei den Befragten handelt es sich um Personen, die zum Zeitpunkt der Befragung als KlientInnen, DolmetscherInnen und PsychotherapeutInnen mit dem Zentrum für interkulturelle Psychotherapie in Tirol ANKYRA oder mit dem Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende HEMAYAT in Verbindung gestanden sind.

      Die Antworten der Befragten tragen zu einem ganzheitlichen Verständnis des beforschten Settings bei und geben Aufschluss über das gemeinsame Arbeiten in der Triade, zum einen im Hinblick auf die konkrete, angewandte Arbeitstechnik der DolmetscherInnen, zum anderen im Hinblick auf die Hinzuziehung der DolmetscherIn, die allein durch ihre physische Präsenz einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesprächssituation hat. Die Fragen betrafen die jeweilige Positionierung der Befragten in der Triade und ihre Wahrnehmung der Dolmetschtätigkeit. Die Aussagen der Befragten geben Einblick in die Dynamiken in der Triade (u.a. Allianzenbildung), das Rollenverständnis der DolmetscherInnen (Selbst- und Fremdwahrnehmung), den Umgang mit der Kulturexpertise


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