Umgelegt vom Killer: Krimi Koffer 9 Romane. A. F. Morland
auf dem hoteleigenen Parkplatz ausrollen. Er sprang aus dem Wagen, warf die Tür zu und eilte in den schickesten Glas-Beton-Kasten, den es in weitem Umkreis gab.
Das Fünfsternehotel strahlte eine gediegene, vornehme Atmosphäre aus.
Roberto erfuhr an der Rezeption, dass sich George Burke mit seiner Verlobten auf der Hotelterrasse befand. Er spürte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.
Solange der Staatsanwalt mit Bathseba Lane noch in der Lage war, auf der Terrasse einen Drink zu schlürfen, war der Ofen noch nicht aus. Roberto wollte ab jetzt dafür sorgen, dass sich an diesem Zustand auch in Zukunft nichts änderte.
Er trat ins gleißende Sonnenlicht.
Kleine Schweißtröpfchen bildeten sich auf seiner Stirn. Ein gut gebautes Bikinimädchen stelzte an ihm vorbei. Sie hatte sichtlich Langeweile und warf ihm deshalb einen Blick zu, der ihn wissen ließ, dass er von ihr so ziemlich alles haben konnte, wenn es ihm gelang, sie zu zerstreuen.
Er beachtete das Girl kaum. Sein Blick glitt an ihr vorbei. Er streifte rasch Tisch für Tisch und entdeckte schließlich Bathseba Lane. Sie war allein. Das gefiel Roberto ganz und gar nicht. Wo war der Staatsanwalt? Roberto suchte die restlichen Tische nach Burke ab, doch ohne Erfolg.
Das Bikinipüppchen blieb stehen und blies den Brustkorb auf, als wollte es den winzigen BH sprengen.
Roberto schob sie kühl zur Seite. „Gestatten Sie. Darf ich vorbei?“
Das war zu viel für die Kleine. Sie schwirrte wütend ab und würde wohl eine ganze Weile brauchen, um ihr Selbstvertrauen wiederzufinden.
„Miss Lane“, sagte Roberto, als er Bathsebas Tisch erreicht hatte.
Sie hob den Kopf.
Bathseba Lane war eine Augenweide. Rundherum üppig, aber nicht fett, blond und blauäugig. Sie trug weiße Shorts, die verdammt knapp saßen, und einen zyklamenfarbenen Blouson, den sie wegen der Hitze so weit wie gerade noch vertretbar offen gelassen hatte.
„Und wer sind Sie?“, gab das hübsche Mädchen mit einer wohlklingenden Stimme zurück. Roberto erkannte in ihren Augen, dass sie beschwipst war. Ihr Blick war glasig, und ihre Zunge huschte immer wieder über die vollen, sinnlichen Lippen.
„Mein Name ist Tardelli. Roberto Tardelli.“
Bathseba wies auf George Burkes Stuhl. „Wollen Sie sich zu mir setzen, Mr. Tardelli? Dann brauche ich keine Selbstgespräche mehr zu führen.“
Roberto nahm Platz. „Ich muss dringend mit Ihrem Verlobten sprechen, Miss Lane.“
„Wenn Sie möchten, dürfen Sie mich Bathseba nennen“, erwiderte das Mädchen und musterte den dunkelhaarigen jungen Mann eingehend. Sie war von dem, was sie sah, sichtlich angetan. Da war plötzlich ein Ausdruck in ihren großen blauen Augen, der Roberto sagte, dass er sich vor Bathseba in Acht nehmen musste.
Burke war zu bedauern. Dieses Mädchen würde ihm nie ganz allein gehören.
„Würden Sie mir bitte sagen, wo sich Mr. Burke befindet, Miss Bathseba?“, sagte Roberto eindringlich.
Burkes Verlobte zuckte mit den Achseln. Sie schob die Unterlippe trotzig vor. „Wir hatten unseren ersten größeren Streit, seit wir verlobt sind. Als George wegging, beschloss ich, mich zuerst zu betrinken und mich dann dem erstbesten Mann an den Hals zu werfen, der mir über den Weg läuft.“ Bathseba kicherte. „Sie haben Glück, Roberto. Ich bin zwar noch nicht so voll, wie ich es gern sein möchte, aber dafür sind Sie genau der Typ, in dessen Armen ich den Ärger mit George zu vergessen gedenke.“
Roberto schluckte. „Das ist gewiss sehr schmeichelhaft für mich, Bathseba, aber ...“
„Sagen Sie bloß, Sie wollen nicht.“
„Sie sind ein ganz außergewöhnlich attraktives Mädchen ...“
„Haben Sie moralische Bedenken oder fürchten Sie Georges Zorn?“
„Weder noch!“
„Dann kriege ich also meine Chance, George eins auszuwischen?“
„Tut mir leid, Bathseba, aber die Lage ist zu ernst, um an solche Dinge zu denken“, sagte Roberto mit finsterer Miene.
Das Mädchen schien zu begreifen. Sie fuhr sich mit der Hand an die Lippen. „Ihr Ton beunruhigt mich, Roberto. Weshalb sind Sie hier?“
„George Burkes Leben ist in Gefahr. Meine Aufgabe ist es, ihn vor schlimmen Schaden zu bewahren, deshalb ist es für mich von größter Wichtigkeit zu erfahren, wo sich Mr. Burke im Moment aufhält.“
Bathseba Lane wies auf das kobaltblaue Meer und sagte gepresst: „George ist irgendwo da draußen.“ Robertos Unruhe stellte sich sofort wieder ein.
Der Wettlauf mit dem Killer von „Black Friday“ war noch lange nicht gewonnen.
3
Die schnittige weiße Jacht trug den Namen ALRAUNE. Sie wiegte sich sanft in der Dünung. Kleine Wellen mit weißen Schaumkronen klatschten in unregelmäßigen Abständen gegen den Rumpf. Außer diesem gab es kein anderes Geräusch. George Burke hatte die Chrysler-Zwillingsmotoren abgestellt, um die hier draußen herrschende Ruhe genießen zu können. Dieser Friede war für den Staatsanwalt wie heilsamer Balsam.
Er stand am Bug der Jacht und pumpte seine Lungen mit der würzigen Meeresluft voll.
Burke war ein schlanker Enddreißiger mit scharf geschnittenem Profil. Seine ernste Miene verriet Entschlossenheit und Stehvermögen bei allem, was er anpackte. Burke hatte Mut und Zivilcourage. Und alle versteckten oder offenen Drohungen von Seiten der Cosa Nostra hatten ihn bis heute nicht zu erschrecken vermocht. George Burke war ein Mann, dessen Gewohnheit es war, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, egal, wie dick diese auch sein mochte. Damit hatte er bisher immer Erfolg gehabt, und er war nicht bereit, von dieser Grundeinstellung auch nur einen Millimeter abzuweichen.
Er hasste das Verbrechen und jene Parasiten, die von ihm lebten, und er hatte sich bereits in jungen Jahren geschworen, die Unterwelt mit allen Mitteln zu bekämpfen, sobald ihm dies auf Grund seiner Position möglich sein würde. Seit er den Posten des Staatsanwalts bekleidete, war er mit eiserner Verbissenheit darangegangen, diesen Schwur einzulösen. Wenngleich man ihm auch im wohlmeinenden Freundeskreis nahegelegt hatte, von diesen oder jenen Dingen lieber die Finger zu lassen. Das wären zu heiße Eisen, und es könne seiner Gesundheit schaden, wenn er sich in diesen Fällen zu sehr engagierte.
Gerade diese Fälle waren es, die Burkes Eifer besonders anstachelten.
Es machte ihm nichts aus, der von der Mafia meistgehasste Mann in Nashville zu sein. Dass ihn diese unerschrockene und unerbittliche Haltung gegenüber der Ehrenwerten Gesellschaft eines Tages den Kopf kosten könnte, hielt er für ausgeschlossen. Er stand zu sehr im Blickfeld der Öffentlichkeit. Die Mafia würde es nicht wagen, sich an ihm zu vergreifen.
Natürlich verlangte ein solcher Job den ganzen Mann, und manchmal hatte Burke schon das Gefühl gehabt, unter der schweren Bürde, die er sich selbst auferlegt hatte, ächzend in die Knie zu gehen.
Kein Wunder, dass er nachts nicht mehr so gut wie früher schlafen konnte. Kein Wunder auch, dass er angefangen hatte, nach der Pillenuhr zu leben: Morgens, mittags