Sternenflüstern al dente. Marie B.

Sternenflüstern al dente - Marie B.


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Mann wäre. 3 Fragen stehen im Raum: Besteht bereits ein Kaufzwang? Kümmert sie sich auch um flotte Garderobe für ihn oder trägt er ausgeleierte Socken? Kann sie kochen oder hungert sie für ihre Figur? Ich beobachte und schmunzle wie immer. Es folgen die Käsehäppchen an Traube. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Die Themen sind sehr unterhaltend. Erst wird die Schwiegermutter durch den »Kakao« gezogen, es folgen Ausführungen über Theaterbesuche, Kochrezepte – oh, man bemerke, eine kann kochen. Ich sitze mitten im Geschehen – incognito sozusagen. Volltreffer für die reife Frau nebst Problemchen, die niemand zugeben will. Eine strickt die ganze Zeit an fingerlosen Handschuhen. Ist nicht praktisch, aber kalt und schick! »Wo geht‘s denn hin?«, hätte ich am liebsten gefragt. Die Ladys haben sich jedoch schnell selbst verraten. »All inclusive« – vier Tage Costa Brava. Meist kauft man sich dann zuerst ein breites preiswertes Armband, um die »Plastik-Erkennungs-Version Futter« zu verdecken. Ja, der Trend geht wieder zum noblen Menü. Jedoch für diese Art Ausflug völlig okay, wenn man nicht ständig die Geldbörse zücken muss. Schließlich trinkt man diverse Cocktails und so. Ich sage nur »Plastikbecher« – »Becher« auf Latein: »Calix«. Und falls Sie gerade keinen Mann zur Hand haben, haben Sie doch einfach ein bisschen Spaß mit Hugo oder Calix. Schmunzel! So ist der Spaß garantiert. Ich glaube, ich bin im falschen Verein. Die Zumba-Damen sind nicht zum Essen zu bewegen, der Pfündchen wegen – außer mir natürlich. Schade, die steigen schon aus. Zwei Gentlemänner hoben die Koffer herunter. Ich fühlte mich trefflich unterhalten. Freue mich auf den nächsten Terrassengeburtstag meiner Bekannten, Josefine. Sie macht übrigens den weltbesten Kartoffelsalat. Diesmal werde ich Farbe bekennen und im Leo-Look für etwas Gespött sorgen. Das bereits beschriebene Teil sollte doch mal getragen werden. Marie, mach dir keine Rübe. Es muss ja nur guttun, nicht mehr perfekt aussehen. Der Altersdurchschnitt der Bauchtanzkurse spricht für sich. Leider sind auch die graziösen Zeiten vorbei, denn ganz schlank und beweglich sieht eben flüssiger aus. Egal, Hauptsache Spaß. Frauen sind Weltmeister im Kaschieren. Man schwenke Tücher und Röcke zur Musik. Spiritualität ist irgendwie in. Eine Wolke Rosenduft liegt im Raum. Zu Hause schaffe man sich Zonen zum Wohlfühlen, das ist genau der Punkt, den Männer nicht verstehen. Sie brauchen greifbare Dinge wie Bier. Frauen hingegen schöpfen Kraft aus dem Ambiente und umgeben sich gern mit Düften, Blumen und viiieeelen Freundinnen. Dabei versteht jeder unter Feng Shui etwas anders. Dazu gehört bei mir auch mein »Kreativstapel« an Glanzmagazinen, der beträchtlich anwächst. Ich sondiere später. Männer begreifen nicht, dass man eine gewisse Energie im Raum spüren kann. Ohne auf die einzelnen Partner- und Energiezonen im Raum näher einzugehen, weiß Frau eben genau, was Behaglichkeit ausmacht und wie diese farblich in Szene gesetzt wird. Gut, dass es verschiedene Geschmäcker gibt. Reginald versteht Feng Shui natürlich ganz anders. Er stellt die Kaffeetasse direkt neben die Blumenvase oder die Uhr. Männliche Optik eben, wirkt nicht, und das nervt! Hallo, schon mal was von Feng Shui gehört? … Und schon haben wir wieder ein lustiges Thema. Seine Pupillen allerdings gen Zimmerdecke! Kennen Sie den Ausdruck »Luft in Tüten«? Kann man kaufen, falls der Partner zustimmt. Reginald habe ich noch immer von meinen Ideen überzeugt. Wie? Bleibt mein Geheimnis. Doch so schlecht sind sie nicht, die Kerle. Was ich an dir mag? Du zeigst allen den Clown in dir, der mitten im Alltag Papierflieger faltet und still mit sich selbst diskutierend nach den Sternen greift. Und wenn unsere Enkelin schmutzig vor uns steht, sagst du: »Geh dich mal waschen, sonst wachsen dir die Radieschen aus den Ohren.« Die Minimaus überlegt kurz und weiß auch mit 3 Jahren, dass der Opa sie mal wieder veralbert hat.

      Sind wir nicht alle ein bisschen blaublütig?

      … Schließlich sind wir von diesem Planeten, die Christel von der Post, der Mann von der Tankstelle, manchmal aber auch von gestern. Leider benimmt man sich nicht immer »blaublütig«.

      »Liebling, warum lässt du dich so gehen«, möchte ich manchmal fragen. Warum? Weil’s scheen macht, weil man einfach mal aus dem Standardmuster ausbrechen muss, etwas rumblödeln muss, um wieder ernst zu sein. Das Beste beim nach Hause kommen? BH ablegen und erst mal kalt duschen. Reginald schenkte mir einen batteriebetriebenen Minipropeller (für einen Euro). Herrlich!

      »Zurück in die Vergangenheit« oder die »schwarzen Löcher«

      Ich kann sie nicht sehen, die schwarzen Dinger, geschweige denn mir schwebende Sphären vorstellen. Reginald kann das. Er ist erquickt von der Zeitverschiebung. Nehmen wir nur den gregorianischen Kalender. Die Abweichung zum Sonnenkalender beträgt immerhin elf Minuten und vierzehn Sekunden. Diverse Kardinäle im 16. Jahrhundert befassten sich mit deren zeitlicher Festlegung, auf welches Kalenderdatum dies fallen sollte. Im Geburtsjahr meines Sohnes erschien eine Sonderbriefmarke zu dem Thema. Was man mit dieser gewonnenen Zeit so anstellen könnte? Sex. Genau das ist es auch, was mir dazu einfällt. Hätte man diese Zeit, ich würde sie kuschelnd und küssend verbringen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Dinge sich erst viel später erschließen, die einige Zeit zurückliegen. Das Beste zuerst – das Beste zum Schluss? Ach nö, es muss ja nicht immer das Größte und Beste sein. Aber auch nicht gerade der »Rest«.

      Frühstück in der Woche

      Ich frage mich manchmal, wie wir früher alles geschafft haben. Mal wieder keine Zeit? Bis zur letzten Minute im Bett geblieben, alles läuft nach der Uhr, es darf heute nichts dazwischenkommen. Gott sei Dank sind 2 Toiletten vorhanden (Stereo). Schnell noch ein Käffchen im Stehen, wir nennen das »Stehpiepe«. Jeden Morgen dasselbe Dilemma. Langsam ist irgendwie anders. Hektischer Start in den Tag, das Chaos war vorprogrammiert. Nur Reginald hat wieder die totale Ruhe. Fleißig studierte er jede »Letter« der Tageszeitung so, als ob die Zeitung irgendwie ausgelesen wäre. Ich sagte dann: »Die Zeitung hat schon Löcher«, dann wusste er, wir müssen mal wieder los. Heute ist das anders. Je ruhiger der Tag startet, desto gut gelaunt bin ich.

       Abendstimmung

       Ich schau aus dem Fenster, oh welche Ruh. Die Lichter im Dunkel, ich höre zu. Im Gebüsch eine Grille, sie zirpt ganz allein. Ich träum ganz versunken und denk, was wird wichtig nun sein. Schatz, komm ins Bett, hör ich‘s sagen. Ganz langsam, ohne Hast. Cheri, hörst du die Kirschen platzen?

      Der Tag, an dem Dolo kam

      Endlich kam Dolores nebst sympathischem Gatten angereist. Wir hatten wie immer viel zu erzählen. Die Chemie zwischen unseren Männern stimmte auch. Was will man mehr. Für den ersten Abend hatte ich etwas gekocht, wir saßen bis Mitternacht im Freien bei Wein und Ziegenkäse mit Feigenmarmelade. Reginald entpuppte sich als »Stadtführer«. Wieder entdeckte ich eine seiner Qualitäten. Danach genossen wir nur noch das »Lotterleben«. Wir zogen von Italiener zu Italiener. Der Beste ist immer der, der das perfekte Bruschetta kreiert. Nach einer halben Stunde Spaziergang ertappten wir vier uns schon wieder beim Käffchen. Das Gitarrenkonzert »Alhambra« der Villa Musica auf einem nahen Schloss mit spanischen und deutschen Klängen war unser Highlight. Die in goldenen Satin gehüllte, charismatische Künstlerin beherrschte absolut ihr Handwerk. Mit geschlossenen Augen und nur mit dem Herzen ohne Noten spielte sie für uns ein kleines Wunder in Tönen. Sie erklärte die Stücke und spielte »… ein rauschendes Bächlein …«, welches man durchaus als solches virtuos erkennen konnte. Die Legende besagt, dass ein Buhle im Mittelalter seiner Liebsten ein Stück schrieb und vor dem Fenster darbot – mit Liebesbotschaft »Ich bin hier«. Rührend schön. Danach ging‘s dann zu unserem gekürten »Lieblingsitaliener« mit Lieblingsterrasse zum Salat, und flambierter Pasta al dente im Parmesanlaib an Steinpilz. So ließen wir unser Treffen ausklingen. Es war schön. Doch vor das Schlemmen hat Gott die Arbeit gesetzt. Es war ein langer, schöner Tag. Wir saßen vorm Fernseher und begrüßten den »Wetterfrosch«, mit dem wir im Wohnzimmer kommunizieren. In Gedanken war ich jedoch momentan ganz woanders. Ich sinnierte auf meiner Sonnenliege, der Rosenduft streifte meine Nase und ich dachte zurück an die erste Begegnung mit Henning und wollte sagen: »Wir beide beginnen ganz neu. Viele Umwege sind wir gegangen, haben gemeinsam die Stille gespürt, gehört. Du, mein Sonnenschein. Ich umarme dich mitten in der Stadt, komme auf dich zu gerannt vor Glück, dich wieder gesund zu sehen. Siebenmeilenstiefel möchte ich haben. Endlich wieder die vertrauten fantastischen Gefühle leben.


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