Erfolgreiche Gespräche durch aktives Zuhören. Rolf H. Bay
weiterführende Frage
Übung 3: Aktive Zuhörreaktion
6Wo kann aktives Zuhören angewandt werden?
7ICH-Botschaften und DU-Botschaften – über das Beziehungsgerangel in Gesprächen
7.1Was eine DU-Botschaft aussagt
7.2Übung 4: ICH-Botschaften formulieren
7.2Was eine ICH-Botschaft aussagt
Übung 4: ICH-Botschaften formulieren
ÜBUNG: Mein persönlicher Antwortstil in Gesprächen
Auswertung der Übung
Literaturverzeichnis
1 Kommunikation aus psychologischer Sicht
Jeder von Ihnen wird schon einmal mit der Aussage konfrontiert worden sein, dass wir in einem besonderen Zeitalter leben, dem Kommunikationszeitalter. Damit wird üblicherweise abgehoben auf den sich ständig vergrößernden Anteil technisch ausgefeilter Kommunikationsmittel, die als Überträger von Informationen zwischen Menschen dienen.
Was aber trotz aller Kommunikationsneuerungen immer bestehen bleiben wird, das ist die zwischenmenschliche Kommunikation – jenes direkte, unmittelbare Reden, Diskutieren und Verhandeln zwischen zwei oder mehr Personen, ob am Telefon oder im Kontakt vis-à-vis.
Und unabhängig davon, worüber geredet, diskutiert und verhandelt wird, gibt es gesicherte psychologische Erkenntnisse über das, was wir zwischenmenschliche Kommunikation nennen.
Wir wollen zunächst die für das Grundverständnis jeglicher zwischenmenschlicher Kommunikation wichtigsten psychologischen Gesetzmäßigkeiten betrachten.
1.1 Die Verarbeitung von Reizen
Kommunikation ist immer Austauschen und Verarbeiten von Reizen. Wie dieser Austausch- und Verarbeitungsprozess funktioniert und welche einzelnen Schritte er beinhaltet, wollen wir uns jetzt anschauen.
In jeder Kommunikation gibt es einen Sender und einen Empfänger. Der Sender gibt einen Reiz ab, zum Beispiel eine Frage, und der Empfänger zeigt daraufhin eine Reaktion, zum Beispiel antwortet er zustimmend, ablehnend oder gar nicht. Auch das Nicht-Reagieren auf einen Reiz ist eine Reaktion. Denken Sie nur einmal an das Überhören einer Frage, egal ob bewusst oder unbewusst. Wir nennen diesen Vorgang Reiz-Reaktions-Verhalten.
In Bild 1.1 ist dieser Ablauf dargestellt. Was das Fragezeichen zu bedeuten hat, werden wir im Verlauf der weiteren Überlegungen noch klären.
Wir können hier zunächst einmal die Behauptung aufstellen, dass in aller Regel auf einen positiven Reiz eine positive Reaktion folgt, hingegen auf einen negativen Reiz wahrscheinlich eine negative Reaktion.
Bild 1.1:Reiz-Reaktions-Modell
Im Verlauf eines Gesprächs nehmen nun die beteiligten Personen abwechselnd die Sender-Rolle und die Empfänger-Rolle ein. Es entsteht ein Regelkreissystem. Dieses Zusammenspiel von Sender und Empfänger nennen wir Interaktion.
Auf der folgenden Seite ist dieser Kommunikationsablauf in Bild 1.2 modellhaft dargestellt.
Zum besseren Verständnis wollen wir uns die einzelnen Schritte des Kommunikationsmodells etwas genauer ansehen. Wir haben es hier mit einem psychologischen Vorgang zu tun, der objektiv gesehen wie ein nachrichtentechnischer Austauschprozess aussieht.
Der Sender als Informationsquelle (1) verfolgt – bewusst oder unbewusst eine bestimmte Absicht; er hat ein Kommunikationsziel.
Auf Grund seiner Persönlichkeitsstruktur, seines Erfahrungshintergrundes und der subjektiven Einschätzung der momentanen Situation filtert der Sender intern, was er mitzuteilen beabsichtigt (2). Es kann zum Beispiel sein, dass er unangenehme Teile seiner Botschaft nicht durch den Filter lässt oder bestimmte Aspekte färbt.
Was dann durch den Filter gelangt ist, wird verschlüsselt (3), d. h. in Worte, Gesten, Zeichen, Signale und Bewegungen umgesetzt.
Bild 1.2:Der Kommunikationsprozess
Der Sender (4) wählt den Informationskanal (5) aus und übermittelt die Nachricht auf diesem Kanal an den Empfänger (6). Gerade aus der Wahl des Kommunikationskanals ergeben sich unter Umständen nicht unerhebliche Missverständnisse oder kommunikative Schwierigkeiten. Der Sender wählt ja mit dem Kanal sein bevorzugtes Repräsentationssystem für Mitteilungen aus.
Das heißt, er kann zum Beispiel etwas bildhaft, abstrakt oder gefühlsmäßig ausdrücken.
Die Kommunikation wird störungsfreier verlaufen, wenn Sender und Empfänger im Gespräch auf weitgehend gleiche Repräsentationssysteme zurückgreifen.
Der Empfänger entschlüsselt (7) die Informationen mit Hilfe des ihm zur Verfügung stehenden Zeichenvorrats.
Der persönliche Filter (8) sorgt auch hier für eine interne Ausblendung, Aussortierung oder Färbung der entschlüsselten Reize. Was auf diesem Wege zur letzten Station Informationsverarbeitung (9) gelangt, dient dann als Basis für neue Reaktionen seitens des Empfängers, der dadurch in die Sender-Rolle überwechselt.
Anhand dieser Erläuterungen wird deutlich, dass bei den Kommunikationspartnern sehr viel mehr interne als externe Prozesse ablaufen. Gerade deshalb ist in der Kommunikation der Sender die kompetente Interpretationsquelle des abgesandten Reizes. Der Empfänger (Zuhörer) wird seinerseits Vermutungen und Hypothesen über die Bedeutung des Mitgeteilten haben. Letztlich bestätigen kann sie aber nur der Sender.
Die Kommunikation funktioniert also nach dem Regelkreismodell. Das heißt, dass jeder jeden durch sein Verhalten beeinflusst.
Wir haben es mit einem offenen Verhaltenssystem zu tun. Und offen heißt hier: Das Kommunikationssystem ist steuerbar, änderbar, beeinflussbar. Die Steuerungselemente sind dabei die Verhaltensweisen der beteiligten Personen. Diese Tatsache ist außerordentlich wichtig. Machen Sie sich bitte diesen Sachverhalt ganz klar.
Der Kybernetiker Norbert Wiener hat die Systembedingtheit des Verhaltens einmal treffenderweise wie folgt charakterisiert:
„Ich weiß nicht,