Heiße Colts und wilde Girls: Alfred Bekker präsentiert 8 Western. Pete Hackett
ihm Charly das Fernglas aus der Hand. Bevor McAuley es sich wieder schnappen konnte, entwischte der junge Kavallerist ins Gebüsch.
Murphy, neben ihm, bedeckte sein Gesicht mit seinen gefalteten Händen. Zwischen den Fingern linste er hinüber zu dem Liebespaar. Gleichzeitig murmelte er ein Vaterunser.
Der Indianer riss das Gesäß des Mädchens hoch. Beide schrien laut. Dann sanken sie übereinander ins Gras.
"Famos", murmelte McAuley. "Ganz und gar famos..."
Links neben ihm wiederholte Samuel Murphys Flüsterstimme das Vaterunser. Rechts neben ihm, irgendwo im Gebüsch, erklang rhythmisches Rascheln und unterdrücktes Stöhnen des jungen Texaners.
"Reißt euch zusammen, verflucht noch mal...", zischte McAuley. Er versuchte streng zu klingen, musste aber grinsen.
Die beiden fischenden Indianerjungen auf den Steinen in der Mitte des Flusses kicherten und deuteten in die Richtung der Böschung, wo das erschöpfte Liebespaar lag. Natürlich hatten auch sie seine Schreie gehört.
Eine halbe Stunde lang noch beobachteten die drei Kavalleristen die jungen Indianer. Das Liebespaar zog sich an und kroch die Böschung hinauf. Die beiden Halbwüchsigen spießten ein paar Fische auf. Je zu zwei auf einem Pferd ritten die vier in den Wald hinein. Nur die junge Frau blieb zurück.
Als die anderen zwischen den Bäumen verschwunden waren und sie sich unbeobachtet wähnte, zog sie ihr Kleid über den Kopf. Nackt stieg sie ins Wasser und begann sich zu waschen.
"Die holen wir uns", flüsterte McAuley.
"Reddog hat nichts dergleichen befohlen", zeterte Murphy.
"Er hätte es befohlen, wenn er diese Gelegenheit vorausgesehen hätte", widersprach McAuley. "Eine Geisel ist Gold wert. Sie wird uns den Weg zu ihrem Stamm zeigen." Er legte Weste, Hose und Hemd ab, steckte sich ein Messer zwischen die Zähne und glitt ins Wasser. Lautlos wie ein Alligator.
Das Mädchen entdeckte ihn erst, als er schon fünf Schritte vor ihr war. Sie schrie laut und sprang leichtfüßig aus dem Fluss. Am Ufer machte sie den Fehler, in ihr Kleid zu schlüpfen, statt sich nackt auf ihr Pferd zu schwingen.
Die beiden Kavalleristen beobachteten mit angehaltenem Atem, wie McAuley sich auf sie warf. Sie zappelte, als er seine Hand auf ihren Mund presste und ihr das Messer an die Kehle setzte.
Er schleppte die Frau über den Fluss. Charly und Sammy packten sie und zogen sie ans Ufer. Sie fesselten und knebelten sie. Dann zogen sie ihre menschliche Beute hinter sich her in den dichten Wald hinein.
10
Die Nacht fiel wie ein schwarzes Tuch über die Berghänge. Feuchter Dunst stieg aus dem Waldboden. Ein Uhu rief aus einer der dicht an dicht stehenden Eichen. Ein fliehendes Tier huschte raschelnd durch das Unterholz.
Zwölf Schatten glitten lautlos von Baumstamm zu Baumstamm. Ein dreizehnter bewegte sich ohne Deckung durch die Eichen den Berghang hinauf. Im Mondlicht glitzerte der Beschlag seines Gewehrkolbens. Fransen wehten an Armen und Beinen seiner Lederkleidung. Seine grauen Zöpfe baumelten bei jedem Schritt über seine Brust.
Hin und wieder blieb er stehen und sah hinauf zu den schwarzen Umrissen des schroffen Felsens über ihm. Dorthin wollte er. Ungefähr dort hatte er zwei Stunden vor Sonnenuntergang vom gegenüberliegenden Hang aus das Lichtsignal gesehen.
Er bewegte sich scheinbar mühelos durch die Dunkelheit den steilen Berghang hinauf. Wie ein junger, abgehärteter Mann. Dabei war er weit über sechzig Jahre alt.
Wie alt genau, wusste er selbst nicht. Die vielen Winter im Wald und die unzähligen Sommer bei den Indianern hatten ihm jeden Begriff von verstreichender Zeit verblassen lassen. Er konnte nicht einmal mehr erklären, warum er sie in seinen frühen Jahren nach Monaten und Jahren gemessen hatte.
Am Fuß des Felsens, vor einer Höhle, ließ der alte Mann, den die Cheyenne den Bergfuchs nannten, sich auf einem Stein nieder. Er spähte durch die Dunkelheit den Hang hinunter. Keine Bewegung zwischen den Konturen der Eichenstämme verriet die Nähe seiner zwölf Begleiter.
Er wartete.
Irgendwann ertönte von fern der Ruf eines Waldkauzes. Der Alte formte die Hände zu einem Trichter und erwiderte den Ruf. Lange Zeit lauschte er in die Stille des Bergwaldes. Die Kälte kroch in seinen Körper. Er spürte es nicht.
Dann wieder der Ruf des Kauzes. Näher diesmal, viel näher. Noch einmal ahmte auch er den langgezogenen, klagenden Laut nach.
Über ihm kullerte ein Stein ins Unterholz. Er drehte sich um und spähte in den Felshang hinein. Ein Schatten löste sich aus den schroffen Konturen.
Der Bergfuchs stand auf und ging dem Schatten entgegen. Im spärlichen Mondlicht, das hier oben am Felsen den Weg durch das Laubdach fand, leuchteten gelbe Knöpfe an einer Jacke auf. Eine Uniformjacke! Es war der Mann, auf den der Bergfuchs gewartet hatte.
Sie fielen sich in die Arme.
"Mein Sohn", seufzte der Alte. "Nach so vielen Jahren..."
Der andere löste sich aus der Umarmung, zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Uniformtasche und reichte es dem Alten. Tuschelnd wechselten sie ein paar Worte. Dann eine kurze Umarmung, und der Mann in der Uniformjacke verschwand wieder im Schatten des Felsens.
Der Bergfuchs stieg den Hang hinab. Nach und nach lösten sich zwölf Schatten von den Eichenstämmen und schlossen sich ihm an...
11
Roosters Augen sprühten Hass. Er stand etwa zwanzig Schritte von Cunningham entfernt. Seine Rechte schwebte über dem Kolben seines Armeecolts.
Cunningham wusste nicht, wo sie sich befanden. Innerhalb der Palisaden von Fort Laramie? Irgendwo in der Prärie? Oder vor dem Cheyennelager, in dem er aufgewachsen war?
Einige Offiziere hockten etwas abseits im Gras. Sie grinsten zu Cunningham herüber. Weit hinter ihnen waren Indianer mit Kriegsbemalung und prächtigem Kopfschmuck. Cheyenne.
Cunningham versuchte dem stechenden Blick des Colonels standzuhalten. Er fühlte sich unendlich matt. Und jetzt erst entdeckte er die Frau zwischen sich und seinem Vorgesetzten. Helena Rooster. Vollkommen nackt räkelte sie sich im Gras und spreizte ihm die Beine entgegen.
"Zieh, Cunningham!", rief der Colonel.
Cunningham griff nach seinem Revolver. Er spürte den Griff der Waffe unter einem Stoffknäuel. Kaltes Entsetzen kroch ihm das Brustbein hinauf. Er sah an seiner rechten Seite hinunter: Der graue Stoff von Helenas Kleid war um seine Waffe geknotet. Der rüschenbesetzte Saum schlang sich um sein rechtes Bein.
"Zieh endlich, Cunningham!" Die Stimme des Colonels überschlug sich. Die nackte Frau im Gras stöhnte laut. Cunningham versuchte den Stoff von seiner Waffe zu lösen. Er war wie mit ihr verwachsen.
Er wollte den Knoten entwirren, zerrte am verschlungenen Rüschensaum - und zog die Fessel nur noch fester um sein Bein und seine Hüfte zusammen.
Die Waffe war so nah und doch so unerreichbar! Schließlich riss er so heftig an dem Kleid, dass sein Revolver aus dem Halfter rutschte und ins Gras fiel.
Aus den Augenwinkeln sah er den Armeecolt in Roosters Hand. Er spuckte eine Kugel nach der anderen aus...
Cunningham fuhr aus dem Schlaf hoch. Er schnappte nach Luft. Panik presste seine Brust zusammen. Er wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn.
Links und rechts von ihm schnarchten seine Leute. Einer fehlte. Cunningham tastete nach der Decke neben sich. Shakopee Lager. Es war leer. Aber es fühlte sich warm an.
Er stand auf und trat zwischen die Bäume. Tief atmete er durch. Die kühle Waldluft strömte in seine Lungen.
Reglos lauschte er in die Dunkelheit. Minuten später knackte ein Ast. Vielleicht einen Steinwurf weit entfernt. Dann ein leises Rascheln.