Pflegereduzierte Grünflächen. Stefan Schmidt R.

Pflegereduzierte Grünflächen - Stefan Schmidt R.


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häufig eine spezialisierte Physiologie (beispielsweise bei der Kohlenstoffassimilation) und modifizierte Schutzgewebe entwickelt (Sukkulenz, silbrige Behaarung, wachsige Oberflächen). Die Vegetationsdecke ist unproduktiv und relativ lückig mit wenig Biomasse. Ziel der Stresstoleranz-Strategie ist es, die einmal aufgenommenen Nährstoffe möglichst lange im internen Stoffkreislauf der Pflanze festzuhalten, statt sie für weiteres Wachstum zu investieren. Beispiele für „gestresste“ Standorte sind nährstoffarme, saure oder kalkhaltige Magerrasen, Felsfluren, Zwergstrauchheiden, Kalkflachmoore und die Krautschicht von schattigen Wäldern. Nicht alle Pflanzen an potenziell gestressten Standorten sind wirklich stresstolerant sondern eher „Stressvermeider“. Viele Geophyten entziehen sich den Zeiten mit erhöhtem Stress, indem sie im Frühjahr die kurzen Phasen mit günstigen Wachstumsbedingungen ausnutzen und sich dann in unterirdische Speicherorgane zurückziehen, wie beispielsweise viele Geophyten in Laubwäldern oder Steppengebieten.

       Störungstoleranz- oder Ruderal-Strategen (R-Strategen, R = ruderal)

      Pflanzen an Standorten, an denen Bodenstörungen oder Zerstörungen von Pflanzenteilen oder der gesamten Vegetation eine regelmäßige Erscheinung sind, haben Strategien entwickelt, solchen Störungen entweder ausweichen (Einjährige) oder durch eine rasche Regeneration der Pflanzenteile kompensieren zu können (Wiesenpflanzen, Präriepflanzen). Obwohl es natürlich gestörte Standorte wie beispielweise Flussauen, Erdrutsche, Lawinenbahnen, Kiesstrände und Sanddünen gibt, ist die Mehrzahl gestörter Standorte menschlich bedingt oder beeinflusst. Dazu zählen alle Agrarflächen und Wiesen, aber auch innerstädtische Brachflächen.

      Pflanzen, die an solche Bedingungen angepasst sind, zeigen meist ein rasches Wachstum, hohe Reproduktionsraten durch Samen aber auch durch vegetative Ausbreitung. Insbesondere Einjährige sind an häufige Störungen angepasst: Ihr rasches Wachstum ermöglicht es ihnen, Rohböden oder Vegetationslücken nach Störungen schnell zu besiedeln und durch ihre hohe Samenproduktion bis zur nächsten Störung als Samenvorrat im Boden zu überleben. Wir kennen diesen Strategietyp vor allem als Unkräuter in Pflanzungen. Zweijährige und kurzlebige Stauden zeigen eine ähnliche Anpassung, allerdings an etwas längere Störungszyklen (z. B. Kahlschlagvegetation). Die Störungstoleranz-Strategie oder auch Ruderal-Strategie ist eine Art Lebensversicherung: Ressourcen werden in Mechanismen investiert, die eine rasche Reaktion auf regelmäßige Störungsereignisse ermöglichen (viele flugfähige Samen, hohe Keimfähigkeit, rasche Keimung nach Lichtreiz).

      Diese drei aufgeführten ökologischen Primär-Strategien stellen die Extreme dar. In der Realität finden sich meist Kombinationen aus zwei oder drei Strategien mit unterschiedlicher Gewichtung, je nach den gegebenen exakten Bedingungen am Standort (sekundäre Mischtypen: CR, CS, SR und CSR).

      Für die Pflege von Pflanzungen im Garten oder öffentlichen Grün lässt sich eine wichtige Erkenntnis hinsichtlich der Erhaltung der Artenvielfalt ableiten: Wenig Stress kombiniert mit geringen Störungen ist zumindest auf produktiveren Standorten ungünstig, da aggressive, konkurrenzstarke Arten auf Dauer gefördert werden. Andererseits bedeuten hohe Intensitäten von Stress und/oder Störungen keine guten Lebensbedingungen für die meisten Pflanzenarten (übrigens auch nicht für die Mehrzahl der kurzlebigen Unkräuter). Im Allgemeinen wird die größte Artenvielfalt in einer Pflanzengemeinschaft durch moderate Intensitäten von Stress und/oder Störungen gefördert und erhalten.

      Die von Hansen und Stahl (1981) für Gartenstandorte entwickelten Lebensbereiche der Stauden geben wichtige Hinweise für standortgerechte Artenkombinationen und geeignete Anordnungsmuster (Geselligkeitsstufen). Damit wird allerdings nur ein Ist-Zustand zum Zeitpunkt der Pflanzung betrachtet. Die zukünftige Entwicklung und Dynamik einer Pflanzung lässt sich dagegen nicht abschätzen: Es fehlen Angaben zum Konkurrenzverhalten und zur ökologischen Funktion der Arten. Die Kenntnis der ökologischen Strategie kann hier als zusätzliche Information helfen, die Dynamik gestalteter Pflanzengemeinschaften besser zu verstehen und durch gezielte Pflegeeingriffe zu steuern.

      Während Stress beispielsweise durch geringere Wasser- und Nährstoffgaben verstärkt werden kann, können Störungen durch die Häufigkeit und Intensität mechanischer Pflegeeingriffe (Hacken, Teilrückschnitt, Mahd) gesteigert werden. Ordnet man verschiedene Pflanzungstypen aus dem öffentlichen Grün nach den Intensitäten von Stress, Störungen und Pflegebedarf, so zählen traditionelle Beetstaudenrabatten, Wechselflorpflanzungen und Zierrasenflächen zu den pflegeaufwendigsten Gartenstandorten, weil sie regelmäßige Störungen erfahren und nur geringem Stress ausgesetzt sind. Solche Pflanzungen werden stets auf nährstoffreichen bzw. durch Düngung verbesserten Böden angelegt, auch wenn viele der in Rabatten verwendeten Pflanzen in der Natur auch an weniger produktiven Standorten noch gut gedeihen.

      Während Pflanzungen aus Arten der Hochstaudenfluren sich für produktive Gartenstandorte mit wenig Stress und gleichzeitig geringen Störungen eignen, lassen sich Einjährigenwiesen, Staudenwiesen, anspruchsvollere Schattenpflanzungen und Pflanzungen aus vorwiegend Wildstauden mit Beetstaudencharakter gut auf mittleren Standorten mit mäßigen Intensitäten von Stress und/oder Störungen entwickeln, verbunden mit einem mittleren Pflegeaufwand.

      Nehmen die Störungen am Standort ab, aber gleichzeitig die Wachstumseinschränkungen zu (mäßige bis geringe Nährstoffverfügbarkeit, Trockenstress, Schattendruck), sind ökologisch und funktional orientierte Pflanzkonzepte, wie Mischpflanzungen aus Wildstauden (z. B. „Silbersommer“) besonders geeignet. Ebenso lassen sich hier Staudenwiesen, Steppenheidepflanzungen und bodendeckende Pflanzungen unter Gehölzen einordnen. Der Pflegeaufwand ist moderat bis gering. An Sonderstandorten mit starkem Stress, wie beispielsweise extensive Dachbegrünungen, Kiesgärten, Mauerkronen und Mauerfugen, kommt ausschließlich die Verwendung von stresstoleranten Arten infrage. Der Pflegeaufwand kann hier sehr gering sein.

      Die Anwendung der ökologischen Strategien in der Pflanzenverwendung und im Pflegemanagement von Staudenpflanzungen ist erst in den letzten Jahren verstärkt beachtet und umgesetzt worden. Insbesondere bei ökologisch-naturalistischen Pflanzungstypen könnten die Strategietypen neben der Lebensbereichseinordnung ein zusätzliches Entscheidungskriterium für eine ökologisch ausgewogene Pflanzenzusammenstellung sein. Allerdings gibt es bisher keine Listen mit Strategiezuordnungen für Gartenpflanzen, die für die Pflanzplanung herangezogen werden könnten. Für die Flora von Deutschland haben Klotz et al. (2002) ökologische Merkmale, unter anderem Strategietypen, in einer Datenbank zusammengestellt, die als Anhaltspunkt für eine Einordnung dienen können. Für die praktische Anwendung in der Pflanzenverwendung lassen sich viele Gartenpflanzen nach morphologischen Kriterien und aus der gärtnerischen Erfahrung heraus zumindest grob einzelnen Strategietypen zuordnen.

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       (2) Werden Stauden im verkehrsbegleitenden Grün eingesetzt, sind stresstolerante Pflanzenkombinationen gefragt. Mittelstreifen der B 3 in Bensheim. (Bild: © Cassian Schmidt)

      Ein Problem bei der Anwendung des CSR-Modells zeigt sich bei der Interpretation der Faktoren Stress und Störung hinsichtlich genauer Pflegemaßnahmen. Um wirklich etwas mit den Strategiezuordnungen anfangen zu können, sind zusätzliche Informationen erforderlich: Beispielsweise zur Art, Intensität und dem Zeitpunkt der erforderlichen Störung oder Angaben über die Gewichtung der Stressfaktoren, also ob es sich um Nährstoffmangel, Lichtmangel, Trockenstress, Wasserüberschuss oder Kombinationen aus mehreren Faktoren handelt. Die Strategiezuordnungen müssen also jeweils auf bestimmte Standorte (Lebensbereiche) und Pflanzungstypen bezogen werden. Wird dies beachtet, könnten durch die Kombination kompatibler Strategietypen mit ähnlichen Konkurrenzeigenschaften dauerhafte Pflanzenmischungen kreiert


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