PlanungsPraxis Lüftung in Wohngebäuden - Planung und Umsetzung nach DIN 1946-6. Andreas Nordhoff

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erkauft.

      Bei der Luftfeuchte handelt es sich um Feuchtigkeit, die in Wohnungen sowohl durch deren Nutzung freigesetzt wird als auch aus der Baukonstruktion bzw. aus Einrichtungsgegenständen entweicht. Die daraus resultierende Feuchte der Raumluft muss bis zu einem gewissen Grad (siehe Abschnitt 1.4) aus der Wohnung entfernt werden, wenn sie – v. a. in der kühleren Jahreszeit – nicht zu Schädigungen am Bauwerk und der Gesundheit des Menschen führen soll. Der Abtransport kann nur über das „Transportmedium“ Luft erfolgen. Der Anteil der Feuchte, der über die häufig zitierten „atmenden“ Wände von innen nach außen gelangen kann, ist im Verhältnis zur notwendigen Menge verschwindend gering. Er wird umso kleiner und geht u. U. gegen null, je besser die Wände von innen und außen luft- und wasserdicht „versiegelt“ werden.

      Koch-, Back-, Grill- und Bratvorgänge, alle Feuchtreinigungs- und Trocknungsprozesse, Wannen- und Duschbäder, freie Wasserflächen (z. B. unzureichend abgedeckte Aquarien), Zimmerpflanzen und Haustiere sowie der Mensch selbst stellen die Feuchtequellen in der Wohnung dar (Bild 1.1).

       Bild 1.1: Feuchtebilanz einer Wohnung (Quelle: Heinz)

      Welche Mengen dabei in Abhängigkeit von den Quellen und der Wohnungsbelegung (Haushaltsgröße) durchschnittlich freigesetzt werden, zeigen beispielhaft die Tab. 1.5 und 1.6. Dabei spielt neben der Wasserabgabe durch Personen und die Feuchtefreisetzung infolge Wäschetrocknens, das v. a. in städtischen Mehrfamilienhaus-Wohnungen noch in den 1990er-Jahren von 70 bis mehr als 80 % der Nutzer praktiziert wurde [Heinz11], eine wesentliche Rolle.

      Tabelle 1.5: Durchschnittliche Feuchtelasten in Haushalten [Hartmann99, 01 und DIN FB 4108-8]

      Tabelle 1.6: Durchschnittliche tägliche Feuchtelasten für unterschiedlich große Haushalte [DIN FB 4108-8]

      Wird für Kochen, Braten, Grillen und Backen Gas verwendet, müssen die Feuchtelasten gemäß Tab. 1.5 und 1.6 noch um diejenigen für Gasverbrennung korrigiert werden. Abhängig von der Art des Gases beträgt die entsprechende Feuchtelast nach [CEN/TR 14788] 130 g/h für Flüssiggas und 150 g/h für Erdgas je kW Eingangsleistung. Daraus resultiert für das Kochen mit Gas (3 kg/d) gegenüber dem Kochen mit Strom (2 kg/d) eine um ca. 1 kg Feuchte höhere Last pro Tag.

      Für das thermische Raumklima und damit für behagliche Raumzustände besitzen hinsichtlich der Auswirkungen lüftungstechnischer Maßnahmen die nachfolgenden Parameter besondere Relevanz:

      image operative oder empfundene Temperatur

      image Luftgeschwindigkeit

      image Luftfeuchte

      Alle Maßnahmen müssen deshalb unter Beachtung der empfohlenen Grenzparameter getroffen werden. Letztere sind u. a. im Nationalen Anhang (NA) zur [DIN EN 15251] 2012 festgelegt worden.

      Die operative oder auch empfundene Temperatur (θop) beschreibt eine Kombination aus (Raum-)Lufttemperatur (θL,i) und resultierender Oberflächentemperatur (auch mittlere Strahlungstemperatur θS) aller (Raum-)Umschließungsflächen. Sie errechnet sich unter üblichen Nutzungsbedingungen und näherungsweise nach Gleichung (1.1):

θop = 0,5 (θL,i + θS) (1.1)

      Nach [DIN EN 15251] wird „für Neubau und zu modernisierende Bestandsgebäude die Kategorie II als Basis für Planung und Ausführung empfohlen“. Diese Kategorie entspricht dem „normalen Maß an Erwartungen“ (siehe auch Kategorie B nach [DIN EN ISO 7730]).

      Für die operative Temperatur θE wird im lüftungsrelevanten Bereich der Außenlufttemperatur von θAu ≤ 16 °C als „Komfort-Raumtemperatur“ θRa,C=22 °C mit einem Toleranzbereich von ± 2 K vorgegeben (Gleichung (1.2)):

θRa,C = 22 °C ± 2 K (1.2)

      Für jeden Raum kann darüber hinaus eine optimale operative Temperatur ermittelt werden, die von der Aktivität und der Bekleidung der im Raum befindlichen Personen abhängig ist. Ihre Ermittlung kann für die drei Kategorien 6, 10 oder 15 % „unzufriedener Personen“ aus diesbezüglichen Diagrammen in [DIN EN ISO 7730] abgeleitet werden. Voraussetzung für die Einordnung in die jeweilige Kategorie ist die Einhaltung eines Luftgeschwindigkeitsbereichs von vL,m < 0,1 m/s bei einer relativen Luftfeuchte von φL,i ≈ 50 %, wobei Letztere einen vergleichsweise geringfügigen Einfluss auf die thermische Behaglichkeit hat.

      Gebräuchliche, für die Heizungsauslegung maßgebliche raumabhängige Temperaturen werden als Norm-Innentemperaturen θint bezeichnet und in [DIN EN 12831 Bbl. 1] aufgeführt (Tab. 1.7):

      Neben der empfundenen Temperatur spielt auch der vertikale Temperaturunterschied (Temperaturgradient) im relevanten Bereich des überwiegend sitzenden Menschen von 0,1–1,1 m über dem Fußboden eine wichtige Rolle für das thermische Wohlbefinden. Je größer er ist, desto eher wird Unbehaglichkeit empfunden. Nach [DIN EN 15251] in Verbindung mit [DIN EN ISO 7730], Kategorie B, wird empfohlen, den Temperaturunterschied immer kleiner als 3 K zu halten.

RaumartNorm-Innentemperatur θint [°C]
Wohn- und Schlafräume20
Bade- und Duschräume (generell jede Nutzung für den unbekleideten Bereich)24
WC-Räume20
beheizte Nebenräume (Flure, Treppenhäuser)15
unbeheizte Nebenräume (Keller, Treppenhäuser, Abstellräume)10

       Tabelle 1.7: Norm-Innentemperaturen [DIN EN 12831 Bbl. 1]

      Dabei hat auch die eigentliche Oberflächentemperatur des Fußbodens θFB Einfluss auf das Behaglichkeitsempfinden. Bei ungünstiger Anordnung von ALD kann durch das Entstehen eines Kaltluftsees [Richter03] sowohl der Temperaturgradient vergrößert als auch die Fußbodentemperatur ungünstig abgesenkt werden. Nach [DIN EN 15251] i. V. m. [DIN EN ISO 7730], Kategorie A und B, wird ein Bereich von θFB ≥ 19 °C empfohlen.

      Stark abhängig vom Mittel der Oberflächentemperaturen von Wänden und Decken, die im modernen Wohnungsbau dank guter Wärmedämmung und Fenstern mit minimiertem Wärmedurchgang nur gering streuen, kann eine merklich


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