Ur-Gemeinde. Frank Viola

Ur-Gemeinde - Frank Viola


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8,5ff.).

      • Treffen zur Entscheidungsfindung: Manchmal musste man zusammenkommen, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Zu dieser Art Versammlung zählt etwa das Konzil zu Jerusalem (vgl. Apg 15). Eines der Hauptmerkmale dieser Versammlung war, dass alle am Entscheidungsprozess beteiligt waren. Die Apostel und Ältesten halfen bei diesem Prozess (Näheres dazu in Kapitel 10).

      • Gemeindeversammlungen: Dies waren die regulären Versammlungen der Gemeinde und entsprachen unseren „Gottesdiensten“ am Sonntagmorgen. Allerdings waren sie radikal anders.

      Im ersten Jahrhundert waren die Treffen der Gemeinde in erster Linie Treffen der Gläubigen. Das wird aus dem Zusammenhang in 1. Korinther 11–14 klar. Zwar waren zuweilen auch Ungläubige anwesend, sie standen aber eher am Rande. Paulus erwähnt die Ungläubigen flüchtig in 1. Korinther 14,23-25.

      Anders als heute waren dies keine Treffen, bei denen vorne ein Pastor stand, der eine Predigt hielt, und der Rest passiv zuhörte. Der Gedanke an einen predigtzentrierten Gottesdienst mit einer Zuhörerschaft, die von Kirchenbänken zur Kanzel sah, war den frühen Christen fremd.

      Gegenseitige Erbauung

      Der heutige wöchentliche „Gottesdienst“ dient der Anbetung, der Predigt und in einigen Fällen der Evangelisation. Die Gemeinde des ersten Jahrhunderts dagegen hatte andere Absichten. Hier ging es um die gegenseitige Erbauung. Betrachten Sie folgende Stelle:

      Und lasst uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen, wie es einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr den Tag herannahen seht! (Heb 10,24-25).

      Die regulären und schriftgemäßen Versammlungen der Gemeinde erlaubten jedem Mitglied, sich am Aufbau des Leibes Christi zu beteiligen (vgl. Eph 4,16). Es gab keinen, der alles anführte, keinen, der in der „Mitte“ stand.

      Wenn sich die Gemeinde damals traf, so war es nicht jedes Mal dieselbe Person, die lehrte. Jedes Mitglied hatte das Vorrecht und die Verantwortung, der Gemeinde zu dienen. Gegenseitige Ermutigung war das Kennzeichen der Versammlungen. „Jeder von euch“: so lautete das Motto.

      Die frühen Christen beteten Gott mit Gesang an, übertrugen diese Aufgabe aber keinem Chor professioneller Musiker. Jeder konnte ein Lied anstimmen. „Jeder von euch hat einen Psalm“, sagt Paulus (vgl. 1 Kor 14,26). Auch die Lieder selbst waren von Gegenseitigkeit geprägt. Beachten sie die Ermahnung des Paulus:

      Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen in aller Weisheit, lehrt und ermahnt einander und singt mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern dem Herrn lieblich in euren Herzen (Kol 3,16).

      Redet miteinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen (Eph 5,19).

      Denn ihr könnt alle einer nach dem anderen weissagen, damit alle lernen und alle ermahnt werden (1 Kor 14,31).

      In 1. Korinther 11–14 gibt uns Paulus einen Einblick in die Versammlung der Gemeinde des ersten Jahrhunderts. Wir sehen eine Gruppe von Menschen, die alle aktiv am Geschehen beteiligt sind. Freiheit, Offenheit und Spontaneität sind die Hauptmerkmale dieser Versammlung. „Einer dem anderen“ heißt das Motto; gegenseitige Erbauung ist das oberste Ziel.

      Christus, der Leiter der neutestamentlichen Versammlung

      Die neutestamentlichen Treffen der Gemeinde hingen völlig von der Leitung Jesu Christi ab. Christus stand im Vordergrund. Er war Maß und Mitte. Er sagte, welche Ziele zu verfolgen waren und was geschehen sollte. Wenn auch seine Leitung dem menschlichen Auge verborgen blieb, war dennoch klar, wer hier den Ton angab, nämlich er selbst.

      Der Herr Jesus konnte in diesen Versammlungen sprechen durch wen er wollte und auch in dem Ausmaß, in dem er es wünschte. Es gab keine festgelegte Liturgie, die ihm die Hände gebunden oder ihn sonstwie behindert hätte.

      Die Gemeindeversammlung funktionierte nach dem Prinzip „runder Tisch“: Jeder war aufgefordert, sich zu beteiligen. Der traditionelle Gottesdienst dagegen funktioniert nach dem Prinzip „Kanzel – Kirchenbank“. Dies teilt die Mitglieder in wenige aktive und viele passive auf, weshalb manche dies auch „Zuhörerkirche“ nennen.

      In der Gemeinde des ersten Jahrhunderts stand weder die Predigt noch „der Prediger“ im Vordergrund. Die göttliche Regel hieß vielmehr: Die ganze Gemeinde macht mit. Die Versammlung war nicht-liturgisch, ohne Rituale und ganz unsakral. Nichts war oberflächlich; alles entsprang der lebendigen Gegenwart Christi.

      Die Versammlung zeugte von einer flexiblen Spontaneität, die völlig unter der Leitung des Geistes Gottes stand. Er konnte sich eines jeden Einzelnen nach Belieben bedienen (vgl. 1 Kor 14,26.31). Wenn man ihm erlaubte, die ganze Versammlung zu leiten, so führte das zu größter Ordnung (vgl. 1 Kor 14,40).

      Auf diese Weise leitete der Heilige Geist die Versammlung; wenn jemand etwas von ihm empfing, während gerade jemand anderes sprach, so war der zweite frei, seinen Gedanken einzubringen (vgl. 1 Kor 14,29-30). Unterbrechungen gehörten daher einfach dazu (vgl. 1 Kor 14,27-40). Derlei wäre in heutigen Kirchen undenkbar. (Stellen Sie sich nur vor, was geschähe, wenn Sie den Pastor während seiner Predigt unterbrächen, weil Sie etwas erkannt haben.)

      Man mag dagegenhalten: In meiner Gemeinde habe ich durchaus das Recht, mich zu beteiligen. Meine Frage lautet: Dürfen Sie sich auch


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