Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

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den Fremden als ein Land, in dem Leben und Prosperität möglich sind (Gen 47,27). Das Ägypten Josefs zeigt sich darin geradezu als Gegenbild zum Ägypten des Exodus, das für Israel zu einer tödlichen Bedrohung geworden ist (vgl. KUNZ 2003, 206–229). So gibt unter anderem eine stattliche Heeresmacht, bestehend aus „Reitern und Streitwagen“ (Gen 50,9), insgesamt „ein großes Heerlager“, der Überführung von Jakobs Leichnam in seine Heimat das Geleit. Der Ausdruck „Reiter und Streitwagen“ stellt im Kontext der Vernichtung des ägyptischen Heeres ein Leitwort dar (vgl. Ex 14,17.18.23.26.28; 15,19), ebenso wird hierbei die ägyptische Streitmacht als „Heerlager“ (Ex 14,24) bezeichnet.

      Der Umstand, dass Hebräer in ägyptischer Perspektive mit Hirten identifiziert werden (Gen 43,32; 46,32; 47,3), und dass diese wiederum als „Gräuel“ bezeichnet werden, reflektiert einen zumindest sekundär aus ägyptischen Quellen überlieferten Vorstellungshorizont: Der negativ-chaotische ägyptische Gott Seth als Vater der Juden (GÖRGEMANN 2003, 31) und die von Josephus (s. Contra Apionem) überlieferte Geschichtsschau des ägyptischen Priesters Manetho, nach der die Juden eine Koalition mit Aussätzigen eingehen, zur Gefahr für das Land werden und schließlich aus diesem vertrieben werden (vgl. ASSMANN 1996, 440–446), stellen Belege für einen in Ägypten verbreiteten Antijudaismus dar. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die gut belegte antijüdische Polemik in spätägyptischer Zeit ältere Vorläufer hat (ASSMANN 2000, 252). Die Gründe für die Zerstörung des Jahu-Tempels in Elephantine gegen Ende des 5. Jh.s v. Chr. werden kontrovers diskutiert (ROHRMESSER 2010). Da allerdings unstrittig ist, dass der Vorgang von ägyptischer Seite initiiert wurde, dürfte dieser auf ein Spannungsverhältnis zwischen den jüdischen JHWH-Anhängern und Teilen der ägyptischen Bevölkerung hindeuten.

      Vor diesem Hintergrund dürfte das von der Josefsgeschichte entworfene ambivalente Bild Ägyptens – zumindest im Blick auf die persische (→ Perser) und die hellenistische Zeit – der Realität entsprechen. Trotz möglicher Erfahrungen von kultureller Ausgrenzung und Abneigung erweist sich Ägypten als ein Land, in dem mit Hilfe des Gottes Israels ein Leben in Prosperität gelingen kann.

      3 Ägypten und Exodus

      Der Einstieg des Exodusbuches in das Thema Ägypten erfolgt zunächst in subtiler Anknüpfung an die Josefsgeschichte. Der „gute“ Pharao Josefs stirbt (Ex 1,8), der neue, „böse“ Pharao sieht sich mit der Situation konfrontiert, dass die Nachkommen Jakobs das ganze Land Ägypten bevölkern (Ex 1,7). Sogleich wird beschlossen, den Israeliten schwere Arbeit aufzuerlegen, um so einen Aufstand, eine Koalition mit den „Hassern“ Ägyptens zu verhindern, dem ein kollektiver Auszug aus dem Land folgen könnte (Ex 1,10). Schon an dieser Stelle zeigt sich die tiefe Ambivalenz, in die sich der Pharao und Ägypten immer tiefer verstricken. Statt Israel seinen Auszugswunsch zu erfüllen und so eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden, versteift sich der Pharao in seiner Weigerung – die schließlich in der Katastrophe endet. Zunächst geriert sich Ägypten als eine geradezu totalitär anmutende Staatsmaschinerie, die die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft gnadenlos ausbeutet und zu vernichten trachtet: Israel wird durch Arbeit das Leben verbittert (Ex 1,14), der Befehl zum Genozid wird erlassen (Ex 1,15.16.22), die Bitte um eine dreitägige Befreiung von der Arbeit wird abgelehnt (Ex 5,1–3), zudem wird mit der Einstellung der Materialzuteilung bei gleichbleibender Arbeitsnorm der Druck auf Israel weiter erhöht (Ex 5,8–13), schließlich werden sogar die Aufseher dafür, dass Israel die übermäßige Norm nicht mehr erfüllen kann, körperlich gezüchtigt (Ex 5,14). Da es sich bei den Aufsehern offensichtlich um Hebräer handelt (Ex 5,16–19), die von den Ägyptern instrumentalisiert wurden, scheint jegliche zwischenmenschliche Solidarität verschwunden zu sein. Die Erzählstrategie zielt offensichtlich darauf ab, den Leser mit dem Motiv der gnadenlos unterdrückenden Fremdmacht zu konfrontieren. Allerdings erscheint ab jetzt in immer häufigerer Folge, was bereits in Ex 3,19 angeklungen ist: JHWH ist es selbst, der die Ägypter immer tiefer in den Strudel von Verstockung und schuldhafter Verstrickung hinein treibt. Mit dem Ägypten des Exodus taucht das Motiv der feindlichen Macht auf, die von Gott selbst auf diese Rolle festgelegt und von ihm zur Errettung seines erwählten Volkes vernichtet wird.

      4 Ägypten und Salomo

      Wiederum in ambivalenter Gestalt begegnet Ägypten in den Salomo-Erzählungen 1 Kön 3–11. Einerseits ist Ägypten die herausragende Macht unter weiteren politischen Größen, mit denen Salomo durch die Heirat einer Königstochter eine politische Verbindung eingeht. 1 Kön 3,1 notiert, dass Salomo (aktiv und Subjekt der Handlung) sich mit dem Pharao (passiv und Objekt) verschwägert: „(…) er nahm die Tochter des Pharao und brachte sie in die David-Stadt“. Die Notiz suggeriert eine Machtkonstellation, die Salomo die dominierende Rolle gegenüber dem ägyptischen Staat und Hof zuschreibt. Während die Stelle, auf die noch der Hinweis folgt, dass Salomo JHWH liebt (1 Kön 3,3), das Portrait eines großartigen, außenpolitisch bedeutsamen und seinem Gott JHWH Gehorsam zollenden Königs entwirft, ändert sich die Konstellation am Ende der Ära Salomos dramatisch: Salomo liebt nunmehr die fremden Frauen, allen voran die ägyptische Königstochter, und diese haben seine Liebe zu JHWH zunichte gemacht. Die Pharaonentochter als Repräsentantin Ägyptens ist hier – ganz im Gegensatz zu 1 Kön 3,3 – nicht mehr prima inter pares (1 Kön 11,1), vielmehr führt sie nunmehr die Liste der „fremdländischen“ Frauen an, die einmal mehr das Klischee von der verführerischen Frau, mit der der Umgang letztlich zur Apostasie vom JHWH-Glauben führt, bestätigt.

      Geradezu sperrig wirkt die Notiz, der Pharao habe die Stadt Gezer verbrannt und sie seiner Tochter, der Frau Salomos, geschenkt, wobei Salomo die Stadt dann wiederaufgebaut habe (1 Kön 9,16). Der in Gezer nachweisbare Zerstörungshorizont könnte mit der genannten ägyptischen Kampagne in Beziehung stehen (VAN DER VEEN 2006). Unabhängig von der offenen Frage nach dem historischen Hintergrund von 1 Kön 9,16, will die Stelle als eine gegenüber Ägypten freundlich eingestellte historische Reminiszenz verstanden werden: Der ägyptische Feldzug richtet sich nicht gegen Israel, sondern gegen die Kanaanäer, und die Eroberung und Zerstörung der Stadt geschieht zum Vorteil Salomos.

      Mit Ägypten begegnet somit in 1 Kön 3–11 einerseits das Motiv der neutralen Großmacht, deren Beziehung zu Israel den Glanz der Ära Salomos betont, deren Repräsentantin in Gestalt der fremden Frau aber schließlich die Ursache des Abfalls von JHWH darstellt.

      Erzählerisch geschickt wird zudem gegen Ende – in Rückprojektion auf die Zeit Davids – der Geschichte Salomos das Bild Ägyptens auch in politischer Hinsicht eingetrübt. Der Pharao erweist sich nicht mehr als Bündnispartner Israels, vielmehr gewährt er dessen Feinden Schutz und Asyl (1 Kön 11,17f.–20). Allerdings endet auch die Ära Salomos mit einem Dissens zwischen ihm und dem Pharao. Ägypten ist das Refugium Jerobeams (1 Kön 11,40), der nach dem Tod Salomos die Herrschaft über das Nordreich an sich bringt und somit die von JHWH initiierte Reichsteilung realisiert.

      5 Ägypten als Konvertit

      Psalm 68,32 äußert die Bitte, Ägypten möge Botschafter senden und Kusch seine Hände vor dem Gott Israels ausbreiten. Da im Vers zuvor vom „Tier des Schilfes“ die Rede war, das Gott zurechtweisen soll, ist hier offensichtlich die Konversion der Großmacht in den Blick genommen.

      Der Gedanke begegnet auch an anderer Stelle. Jesaja 19,22 spricht davon, dass JHWH Ägypten schlagen, dann aber heilen wird. Gemeinsam mit Assur wird Ägypten heraufziehen und JHWH verehren. Zusammen mit den beiden (ehemaligen) Großmächten wird Israel als Drittes ein Segen inmitten der Erde sein (Jes 19,24), Ägypten wird hier von JHWH als „mein Volk“ benannt (Jes 19,25).

      Sacharja 14,18 rechnet mit der Möglichkeit, dass sich die Sippe Ägyptens nicht an der Völkerwallfahrt nach Jerusalem zur Feier des Laubhüttenfestes beteiligen könnte und dafür von JHWH mit dem Ausbleiben des Regens bestraft werden wird. Das besondere Interesse an einer ägyptischen Konversion wird meist damit erklärt, dass die gegen die Perser zurückgewonnene Unabhängigkeit Ägyptens, die über drei Viertel des 4. Jh.s v. Chr. andauerte, Vorstellungen und Wünsche genährt haben könnte, Ägyptens wieder erstarkte Macht könnte durch eine von JHWH selbst initiierte Konversion gesichert werden. Möglicherweise


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