Dantes Inferno III. Akron Frey

Dantes Inferno III - Akron Frey


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seinem alles ineinander in Bezug setzenden Verstand und ohne, dass dieser überhaupt etwas davon ahnt. Der Geist eines Menschen beruht auf zahlreichen Teilpersönlichkeiten und Fragmenten, durch die er in viele Dimensionen blicken kann. Genauso wie die vielen Dimensionen auch in sein Inneres sehen können, denn der in die Weiten des Kosmos ausgestreute Geist ist durchsichtig …“

      „Doch warum fühle ich mich so gespalten? Was sind das für teuflische Kräfte, die ständig an mir zerren und mich beinahe zerreißen?“

      „Die verschiedenen Teile einer Persönlichkeit können sich in den verschiedenen Ebenen in verschiedene Richtungen entwickeln, und es mag manchmal so erscheinen, als ob sie nicht miteinander korrespondierten, aber sie sind stets durch die gleichen Koordinationspunkte verbunden, durch die sich ihre geistigen Wesen in dieser Welt aufgespannt haben. Im Laufe der Entwicklung haben sich viele Teilpersönlichkeiten entwickelt und sind auch wieder verschwunden, doch der gleiche Atem, der sie zusammenleimt, die gemeinsame Quelle, aus der sie entsprungen sind, hält sie auf ewig zusammen. Wir beide entstammen ein und derselben Seelenfrequenz, die sich einst in Abermillionen von Unterfrequenzen teilte und sich aufmachte, die unendliche Vielfalt des Daseins auf all ihren Bewusstseinsstufen zu erkunden. In jenem Moment des Todes, wo unser kleines Ego im Begriff ist sich aufzulösen, wird sich zwischen uns beiden jene große Conjunctio vollziehen, welche die Alchemisten bis heute das Große Werk nennen. Löse und binde sind die Prinzipien allen Seins und so, wie wir am Tage deiner Geburt in die materielle Welt voneinander getrennt wurden, werden wir wieder zu einem Wesenskern verschmelzen, sobald du die Schwelle des physischen Todes übertrittst.“

      „Warum dann aber all dieses sinnlose Umherirren und Suchen nach Erkenntnis, wenn all das Wissen, das du verkörperst, schon längst ein Teil von mir ist und auch immer war?“

      „Es geht um die Rückeroberung des Paradieses. Der Mensch trägt alles in sich, was er wissen muss, um eines Tages wieder in den Garten Eden zurückkehren zu können. Er braucht aber die Zeit, um diese geistigen Kräfte in sich zu erwecken, und deshalb hat er es sich zum Ziel gemacht, so lange in der Dunkelheit herumzuirren, bis er seine eigenen Rätsel löst. Denn wer für seinen Teufel verantwortlich ist, der ist auch zuständig für seinen Gott.“

      Ich dachte nach. War das vielleicht der mögliche Grund, warum wir, sobald wir als hilflose Säuglinge ins blühende Leben traten, alles vergessen mussten, was uns zuvor bewogen hatte, diesen Schritt überhaupt tun zu können? Musste die Seele kosmisch erblinden, um irdisch erwachen zu können, weil sie sonst drohte, an der Aufgabe zu scheitern, nämlich mit den eigenen Schattenbildern zu kämpfen, um die Zusammenhänge auf diesem Planeten besser zu verstehen. Und was würde am Ende all dieser Bemühungen auf uns warten?

      „Am Ende dessen, was der Verstand die Heimkehr nennt, erwartet uns eine kosmische Transformation“, führte er meine Gedanken weiter aus, „in der alles voneinander Getrennte wieder miteinander verschmolzen wird. Bevor es soweit ist, gibt es auch noch eine Menge anderer Ausgänge, die zu anderen spirituellen Erkenntnissen führen, denn so, wie im Universum ein größerer Planet stets einen kleineren anzieht, erschaffen auch unsere körperlichen Bedürfnisse einen ständigen Sog, dem wir durch die Befriedigung unserer Wünsche Stillung zu verschaffen suchen.“ Bei diesen Worten kam mir das Gesetz der Schwerkraft in den Sinn und ich musste an unser Sonnensystem denken, in welchem alle anderen Planeten um unser gleißendes Zentralgestirn kreisten, das aus okkulter Sicht ein gewaltige, geistige Macht verkörperte.

      „Unabhängig von unseren Bemühungen dient jede materielle Erfahrung dem spirituellen Sinn, um zu merken“, fuhr er fort, „dass die Antwort auf jede Frage nur in uns selbst liegen kann. Sie entschlüsseln sich uns, wenn wir in sie eindringen – wenn wir unsere Aufmerksamkeit von unseren anerzogenen Weltbildern abwenden und uns in die Tiefe wenden. Dort wird uns das göttliche Wissen bewusst. Es ist die Auseinandersetzung mit den Gefühlsmustern abgespeicherter Informationen. Erst wenn wir in unsere Seele eindringen und mit ihr reden können, können wir ihre Beweggründe wirklich verstehen. Der erfahrene Taucher versucht sich in seiner eigenen Seele zu versenken, um in den dunklen Urgründen einen direkten Zugang zum aktuellen Ausschnitt seiner momentanen Wesenheit zu finden.“

      „Wenigstens habe ich meine Bestimmung nicht gänzlich verfehlt …“, atmete ich auf, denn plötzlich wusste ich: Ich war das Ziel! Die Strasse der Erkenntnis erschien mir plötzlich wie ein universeller Code, der alle Erfahrungen der Vergangenheit speicherte und zugleich das gesamte Potential einer zukünftigen Evolution enthielt; ich selbst war der Brennpunkt, in welchem sich das kausale Denken als Teil der Erfahrung einer sich selbst entwickelnden holistischen Struktur erkannte.

      „Du selbst wähltest deine Bestimmung in diesem Leben als Schreiber aus“, pflichtete mir das multidimensionale Geistwesen Akron bei, „der sich aufmacht, die Tiefen der menschlichen Seele auszuleuchten, indem er die in seiner Umwelt gesammelten Erfahrungen zu seinem mitgebrachten Wissen in Bezug setzt und daraus einen visionären Rahmen schöpft. Schon Hermes Trismegistos wusste, dass das kreative Feuer im Menschen die Polaritäten wieder zu einen versteht. In diesem Fall sprechen wir vom goldenen Weg der Kunst, der uns beiden erlaubte, sich auf dieser Zwischenebene begegnen zu können. Erst hierdurch wurde mir möglich, dich mit meinem Wissen begleiten zu dürfen, was durch dieses Buch nun auch jenen Suchenden zuteil werden kann, die offen genug sind verstehen zu wollen und richtig hinzusehen.“

      Er sah in die Ferne und ich folgte seinem Blick. „Nun komm, lassen wir das Unumgängliche nicht warten …“

      Akron deutete auf eine helle Gebirgskette, die sich in der Ferne vom Horizont abhob und setzte sich in Bewegung. Ich folgte ihm, während seine Stimme einen fast feierlichen Klang bekam: „Hier, am Wendekreis des Steinbocks, wo die Jahreszeit am dunkelsten ist, wird das Licht der Sonne neu geboren. Es handelt sich um die geistige Fähigkeit, das Spektrum seiner Wahrnehmung so auszuweiten, dass wir nicht nur die äußere Welt, sondern auch das innere Licht der Dinge erfahren. Es ist der letzte große Schritt des Alchemisten, die Verwandlung von Blei zu Gold, die nur von jenen vollzogen werden kann, die allen Hochmut abgelegt und alle Selbstsucht und alles Begehren losgelassen haben. Wenn sie erkennen, dass der einzige Ausweg, um die Angst vor dem Tod zu besiegen, darin besteht, sich in Demut der Bedeutungslosigkeit ihres irdischen Seins und damit ihres Egos zu überantworten.“

      „Der Inhalt deines Credos riecht nach biblischer Strenge und christlichem Mittelalter“, fühlte ich mich ein bisschen unangenehm berührt. Das Ganze schien mir ziemlich deprimiert.

      „Das Siegel des Saturns verkörpert die Botschaft, sich aus der Fülle und dem Überfluss zurückzuziehen und sich den tieferen Dingen des Lebens zuzuwenden.“ Er machte eine Pause, als wollte er mich einladen, ihn nach diesem Siegel zu fragen. Dann sagte er, dass die Saturn-Energie nur ein Teil vom Ganzen sei, die, wenn auch nicht sehr beliebt, trotzdem notwendig wäre, damit die ganze Schöpfung nicht auseinander flöge: „Das Kreuz dieses Symbols steht für die Erbsünde oder die von Menschen verursachte Schuld, und die nach unten weisende Sichel symbolisiert den Weg der Entbehrung und der Läuterung, der am Ende zur inneren Erkenntnis führt.“

      Ich schaute mich um: Ringsum standen zerklüftete Felsen, und wir schritten mitten durch eine verkarstete Flusslandschaft. „Es scheint, dass auch die Vegetation hier unten diesem Beispiel gefolgt ist – sie scheint mir ziemlich verdorrt.“

      „Ach“, sagte Akron, als ob ich wirklich etwas Bedeutendes gesagt hätte, „das war nicht immer so. Am Ursprung der menschlichen Geschichte war hier ein grünes, saftiges Tal, und genau da, wo wir uns bewegen, perlte ein schäumender Fluss. Man nannte diese Gegend den Gottesacker.“

      „Was ist passiert?“ Seine Worte lösten ein tiefes Mitgefühl in mir aus, ohne dass ich wusste, worauf sich dieser plötzliche Stimmungsumbruch beziehen konnte. Die Atmosphäre hatte sich plötzlich verändert. Ich fühlte in meinem Herzen eine erhabene, sehnsüchtige Traurigkeit, vergleichbar mit dem rötlichen Abendlicht, wenn die Sonne im Westen versinkt und, wie dem nächtlichen Wanderer zum Abschied, ihre letzten blutroten Strahlen über die Erde sendet.

      „Was fragst du mich? Du kennst doch die Bibel, wie du mir eben durch die Blume mitgeteilt hast – schließlich bist du Christ“, sagte Akron und schaute in die Ferne. „Dort nennen sie es Paradiesvertreibung.“ Er schaute


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